Nimm mich mit
für 5 Pfennig

Ein buntes Blatt für Alle und Alles
1904/1905


Die Reden des Sergeanten Krause.

Herausgegeben von Freiherrn von Schlicht

Während der Zeit, als Graf Baudissin in Dresden wohnte, aber oft Berlin besuchte, bekam er dort ein Angebot, eine Serie kritisch-humoristischer Aufsätze zu veröffentlichen, wie er in seiner Autobiographie "Was ich so erlebte" erzählt:

". . . Bei jeder meiner Reisen nach Berlin wiederholte sich am Schalter dieselbe Geschichte, und ich fuhr sehr, sehr oft. Auch eines Tages wieder, als ich mir meinen inzwischen auch bekannt gewordenen Sergeanten Krause ausgedacht hatte, der in seinen Instruktionsstunden und des Abends an seinem Stammtisch Reden hielt, die sich mit allen nur möglichen militärischen und unmilitärischen Dingen beschäftigten.

Ich brauchte für meine Idee nur noch einen Verleger, und diesen fand ich in des Wortes wahrster Bedeutung auf der Straße, denn in Berlin traf ich auf der Friedrichstraße den bekannten Willy Kraus, den Herausgeber vieler Zeitschriften, der mich fragte, was ich denn schon wieder in Berlin mache. Ich weihte ihn in meine Idee ein, und er stimmte der um so mehr zu, als er sich gerade mit dem Gedanken einer neuen Zeitschrift trug. Er bat mich, am nächsten Morgen auf sein Bureau zu kommen, dort wurden wir uns schnell über alles einig, und ich habe dann jahrelang für die neue Zeitschrift "Nimm mich mit für 5 Pfennig" jede Woche eine Rede des Sergeanten Krause geschrieben. Das war keine leichte Arbeit, immer einen neuen Stoff zu finden, und mein Sergeant Krause redete sich solchen Blödsinn zusammen und stellte oft derartig verrückte Behauptungen auf, daß ich bei der Niederschrift manchmal ganz dammlich wurde, besonders wenn ich auf Vorrat arbeitete und an einem Tage drei oder gar vier Reden des Sergeanten Krause aus meinem Schädel zog. Aber der Unsinn schlug ein und wurde von den nach Hunderttausend zählenden Lesern des Blattes verschlungen, . . ."

Graf Baudissin bringt seine Kritik an den Zuständen im preußischen Militärwesen hier in Form der Satire, die kritisiert durch Übertreibung der Wirklichkeit.

So läßt er einen Unteroffizier - den Sergeanten Krause - in seinen Instruktionsstunden den Rekruten ein Weltbild vortragen, das alle Schwächen des Militärsystems dadurch hervorhebt, daß Krause die Schwächen als Stärken versteht und auch so zu verkaufen versucht.

Baudissin sagt nämlich selbst - in der Erzählung "Der kleine Gerd" - von dem geistigen Horizont der Unteroffiziere:

"Leutnant König hatte kaum zugehört, er kannte die Beredsamkeit der alten Unteroffiziere, von denen sich im Laufe der langen Dienstzeit ein jeder seine eigene Lebensphilosophie anschafft, die jeder für die allein richtige hält, und die trotzdem fast immer mehr als verdreht ist."

Im „Tagungsband 2007” des „Arbeitskreises Bild Druck Papier” kann man auf Seite 176 über die Zeitschrift „Nimm mich mit” lesen:

Eine viel gelesene Besonderheit waren in den ersten Jahren zwischen 1904 und 1906 „Die Reden des Sergeanten Krause” herausgegeben von Freiherrn von Schlicht. Schlicht, eigentlich Graf Baudissin, brachte im unsinnigen Schwadronieren eines fiktiven Sergeanten Krause während seiner Instruktionsstunden und später am Stammtisch seine Kritik vor allem am preußischen Militärsystem und allerhand anderen Themen des täglichen Lebens unter.

Auch während des 1. Weltkriegs gab es „Reden des Sergeanten Krause”. Schlicht schreibt im vierten Kapitel der zweiten Auflage seiner Autobiographie „Was ich so erlebte” nämlich:

Den im stillen schon so lange erwarteten Umschwung brachte auch in meinem Leben der Krieg, der leider Gottes so vieles vieles brachte, nur nichts Gutes. An dem Krieg selbst habe ich nicht teilgenommen. Mein verdammtes schwaches hohles Gichtkreuz erlaubte es mir nicht, in den Sattel zu steigen, wie ich das meiner früheren militärischen Charge entsprechend hätte tun müssen. So blieb ich denn an meinem Schreibtisch und schrieb unermüdlich darauf los. Selbst mein alter Sergeant Krause stand auf Wunsch eines Verlegers wieder von den Toten auf und redete sich von neuem einen heillosen Blödsinn zusammen. (Link dazu)

Ich habe in der Zeitschrift "Nimm mich mit für 5 Pfennig" die folgenden Reden Krause's aufgefunden:


Hier finden Sie die Links zu den einzelnen Aufsätzen:

Die Reden des Sergeanten Krause.

I.

Krause über den Zivilismus.

II.

Krause über den Krieg.

III.

Krause über die Kunst.

IV.

Krause über Literatur.

V.

Krause über die Kleidung.

VI.

Krause über gesellschaftliche Bildung.

VII.

Krause über die Finanzen.

VIII.

Krause über das Parlament.

IX.

Krause über Kasernenhofblüten.

X

Krause über die moderne Frauenbewegung.

XI.

Sergeant Krause über das Reden.

XII.

Sergeant Krause über Urlaub.

XIII.

Krause über den Jahreswechsel.

XIV.

Krause über den Respekt vor der Obrigkeit.

XV.

Krause über Schönheitspflege.

XVI.

Krause über das Grüßen.

XVII.

Krause über Kaisers Geburtstag.

XVIII.

Krause über Besichtigungen.

XIX.

Krause über innere Unruhen.

XX.

Krause über die Ordensfrage.

XXI.

Krause über das "Nackte" in der Kunst.

XXII.

Krause über den Automobilismus.

XXIII.

Krause über Fürstenbesuche.

XXIV.

Krause über den "Alkohol".

XXV.

Krause über die Pensionierung.

Krause in Zivil.

I.

Krause über den Zivilversorgungsschein.

II.

Krause über die Steuern.

III.

Krause über die Polizei.

IV.

Krause über die Große Elektrische.

V.

Krause über die Post.

VI.

Krause über den Gerichtsvollzieher.

VII.

Krause über das Gefängniswesen.

VIII.

Krause über den Eisenbahnschaffner.

IX.

Krause über den Geldpostboten.

X.

Krause über den Zoll.

XI.

Krause über den Stadtschreiber.

XII.

Krause über den Museumsdiener.

XIII.

Krause über den Kassenboten.

XIV.

Krause über den Stadtmusiker.

Die Reden des Ex-Sergeanten Krause

I.

Krause als Reisender in Hamburg.

II.

Krause als Reisender in Hannover.

III.

Krause über Kiel.

IV.

Krause über Dresden.

V.

Krause über Finanz- und Steuerfragen.     

VI.

Krause über Nürnberg.

VII.

Krause über München.

VIII.

Krause über Köln am Rhein.


In der Nummer 52 des 1. Jahrgangs wird mit der "von Frhr. von Schlicht in die Literatur eingeführten Figur" des Sergeanten Krause für den Bezug des 2. Jahrgangs geworben.

Jahrgg. 1904 Nr. 52

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© Karlheinz Everts