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Ein buntes Blatt für Alle und Alles
No. 17 vom 16. Januar 1905


Die Reden des Sergeanten Krause

Herausgegeben von Freiherrn von Schlicht

XV.
Krause über Schönheitspflege.

Ich habe neulich mal das Wort gelesen, nur in einem schönen Körper wohnt eine schöne Seele, wobei es mir allerdings sehr zweifelhaft ist, ob der Mann, der das Wort aussprach, dabei an Euch Jammerhähne dachte, denn von einer schönen Seele habe ich bis jetzt noch nichts an Euch entdeckt, da hingegegn von körperlicher Schönheit noch viel weniger. So will ich denn heute einmal versuchen, mit Euch über die äußerliche Schönheit zu sprechen, indem ich in der Hoffnung lebe, daß dann vielleicht auf indirektem Wege davon ein Abglanz auf Euer geistiges Niveau fällt. Es gibt, wenn ich mich so ausdrücken soll, zweierlei Schönheiten, eine männliche und eine weibliche, wovon die letztere diejenige ist, die ich vorziehe. Niemals können wir mit unserer Schönheit es einer Frau gleich tun, obgleich es auch heutzutage noch schöne Männer gibt, wobei Ihr mich ganz ruhig ansehen könnt, wenn ich zu Euch spreche. Gelingt es uns also auch nicht, uns den Frauen in Bezug auf äußere Schönheit zu nähern, so können wir dennoch viel dazu tun, unser Äußeres zu heben und zu pflegen, und dies geschieht in erster Linie durch die Schönheitspflege, und zu dieser gehört vor allen Dingen die Reinlichkeit, zu dieser aber das Wasser. Das Wasser ist nun einmal das, was wir am notwendigsten zum Leben brauchen, innerlich genossen, halte ich nicht allzu viel davon, aber auswendig tut es seine großen Dienste,, aber selbstverständlich nur dann, wenn man es anwendet. Es hat mal einen Menschen gegeben, der hieß Narziß, der ging jeden Morgen an einen Teich und besah sich da sein Spiegelbild, und dann sagte er sich: Was brauchst Du Dich erst noch zu waschen, Du liegst ja schon im Teich und nimmst jetzt schon ein Bad. Und diese seine Reinlichkeit imponierte ihm so, daß er sich eines Tages in sich selbst verliebte, was schon ein Beweis davon ist, daß ihm eine Wasserkur ganz gut getan hätte. Aber ich wollte damit sagen, man soll sich nicht nur bildlich, man soll sich auch figürlich waschen. Es ist nicht genug, daß man einmal täglich in die Luft spuckt und dann ganz schnell hindurchspringt, sondern man soll sich einer gründlichen Reinigung unterziehen. Bei solcher Gelegenheit wird es vielen Leuten zum ersten Mal klar, aus wieviel einzelnen Teilen eigentlich der menschliche Körper zusammengesetzt ist. Bleiben wir nur mal bei dem Kopf, da denkt Ihr immer, Ihr hättet nur zwei Backen, ich aber sage Euch, Ihr habt auch eine Nase, einen Hals und zwei Ohren, und auch die wollen gründlich gereinigt sein. Außerdem hat aber das Gesicht noch einen anderen nicht ganz unwesentlichen Teil, das ist der Mund, und in dem sitzen die Zähne, wieviel, das hängt bei Euch davon ab, wieviel Ihr Euch im Laufe der Zeit schon habt herausschlagen lassen. Für den Mund ist die Zahnbürste da, und Meier, Sie elendes Ferkel, das will ich Ihnen bei der Gelegenheit gleich sagen, wenn ich Sie noch einmal dabei erwische, daß Sie mit Ihrer Zahnbürste Ihren Gewehrlauf einfetten, dann gibt's ein Unglück, wobei ich allerdings mehr an das Ihnen anvertraute königliche Gewehr, als an Ihre Zähne denke. Über die Reinigung Eures unbekleideten Körpers will ich im Interesse der Schicklichkeit zur Tagesordnung übergehen, nur eins will ich Euch sagen. Gott hat Euch Eure Brust nicht nur gegeben, damit Ihr sie im Kriegsfalle den feindlichen Kugeln und den Bajonetten preisgebt, sondern auch, damit Ihr sie täglich wascht. Und Eure Füße habt Ihr nicht nur zum Marschieren, sondern ebenfalls, damit Ihr sie an hohen kirchlichen Feiertagen wenigstens einmal in die Waschschüssel steckt. Wobei ich bemerken möchte, daß das Wort: "Dem Reinen ist alles rein" mit Bezug auf ungewaschene Körperteile doch nicht seine Richtigkeit hat. Was nun Eure Haarfrisur anbelangt, so gibt es für Euch nur eine, und das ist die vorschriftsmäßige. Eine Sache, auf die namentlich die Damen großen Wert legen, und die ich Euch deshalb besonders empfehle, ist die Pflege der Hände und der Fingernägel. Wie es in Japan kleine Geishas gibt, von denen die bekannteste Mia Verba heißt, so gibt es bei uns in Deutschland sogenannte Manikuren, die aber mit Synekuren, von dem ich selber nicht weiß, was es heißt, nicht zu verwechseln sind. Die Manekuren stammen alle von Manus ab, das war der Gott der großen Hand, und sie pflegen und behandeln die Hände mit allen möglichen Instrumenten, was natürlich nichts für Euch ist; denn erstens können wir hier in der Kaserne keinen Damenbesuch empfangen, und zweiten ist das Vergnügen für Euch zu teuer. Das tut aber auch nicht nötig, Ihr könnt Euch Eure Hände selbst pflegen, wobei sie aber natürlich nicht davon besser werden, daß Ihr sie kaut, für welche Beschäftigung von Staatswegen der Kautabak erfunden wurde. Nichts ist häßlicher als rote Hände. Nun werdet Ihr sagen: unsere Hände müssen ja rot werden, weil wir den ganzen Tag draußen in der Kälte auf dem Kasernenhof stehen und Gewehrgriffe üben. Das sagt Ihr, weil Ihr gar nicht wißt, was Ihr sagt, und weil Ihr das, was Ihr sagt, sagt, ohne es vorher gewissermaßen durch ein geistiges Sieb zu schütteln. Ich aber sage etwas ganz anderes. Die Hände, die im Dienst für das Vaterland rot werden, sind sehr schön, es sind sogar die schönsten, die es gibt, aber die Hände, die bei dem Spazierengehen und bei dem Bummel rot werden, die verdienen, daß sie abgehackt werden. Das sind so einige Gesichtspunkte, die ich Euch gebe, um Euer Äußeres nach und nach in menschliche Formen zu bringen, und wenn Ihr meinen Rat befolgt, werdet Ihr schon durch Eure Erscheinung den wohlwollenden Blick Eurer Vorgesetzten auf Euch lenken. Und darum sage ich euch, geht in euch, zieht nicht nur den alten Adam aus, sondern auch Euer Hemd und Eure Strümpfe, wenn Ihr Euch wascht, damit es Euch nicht geht, wie einer alten Frau, von der ich einmal las, die mußte sich im Alter von 60 Jahren operieren lassen, vorher aber mußte sie ein Bad nehmen. Das Messer wollte sie ohne Widerspruch an ihrem Körper dulden, das Wasser aber nicht, denn es war das erste Bad, das sie in ihrem Leben nahm. Und so kam, was kommen mußte, am nächsten Morgen war sie tot, an dem Bade war sie gestorben. – So geht's, wenn man sich nicht beizeiten an die Reinlichkeit gewöhnt, diese aber ist für den äußeren Menschen, was für den inneren die Kenntnis der Kriegsartikel und die Befolgung aller erteilten Vorschriften und Befehle ist. – Das sage ich Euch, der Sergeant Krause, und alles, was ich sage, ist eitel Gold. –



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© Karlheinz Everts