Pressestimmen zum Tode des

Freiherrn von Schlicht
-
Graf Wolf Baudissin



Allg. Thür.Landeszeitung v. 5.10.1926

Die Meldungen vom Tode von Frhr. v. Schlicht und der Nachruf auf ihn
aus der Allg. Thür.Landeszeitung finden sich auf der Seite „Meldungen aus Weimar

„Dresdner Nachrichten”

Die „Dresdner Nachrichten” bringen in der Nummer 466 vom 4.Oktober 1926 die Meldung:

Freiherr v. Schlicht gestorben. Aus Weimar, 4. Oktober wird gemeldet. Der unter dem Pseudonym Freiherr v. Schlicht über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.

Und am 5.Oktober 1926 folgt in der Nummer 467 der gleichen Zeitung:

Freiherr v. Schlicht . Der unter dem Pseudonym Freiherr v. Schlicht über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat. – Freiherr v. Schlicht, der ein so beklagenswertes Ende genommen hat, verbrachte viele Jahre auch in Dresden, von wo er noch vor dem Kriege nach Weimar übersiedelte. Er war Offizier gewesen und hatte 1899 seinen Abschied genommen. 1867 in Schleswig-Holstein geboren, hat er auch in nordischen Städten in Garnison gestanden. Als Schriftsteller betätigte er einen stark satirischen Geist, der sich auch nicht zuletzt gegen die früheren Standesgenossen kehrte. Der Geist der Gesellschaftssatire des „Simplizissimus”, an dem Schlicht Mitarbeiter war, erfüllte seine Militärromane und Lustspiele, von denen „Im bunten Rock”, gemeinsam mit Franz v. Schönthan geschrieben, am erfolgreichsten war. Schlichts Ehe mit der Schriftstellerin Eva Türk wurde 1905 geschieden. Im Gesellschaftsleben Dresdens vor zwanzig, fünfundzwanzig Jahren spielte Freiherr v. Schlicht eine gewisse Rolle, die er durch ein freimütiges, satirisches Adreßbuch von Persönlichkeiten der Dresdner Gesellschaft mit manchen schonungslosen Charakteristiken allerdings selbst stark erschütterte. Der skeptische Geist des geistreichen Schriftstellers schuf ihm viele Feinde und erschwerte auch den Erfolg seiner schriftstellerischen Arbeiten. Von seinen letzten Lebensjahren erfuhr man wenig. Nun läßt das tragische Ende einen erschütternden Blick in die Leiden eines Geistesarbeiters werfen, dessen Witz und Spott jedenfalls immer von Mut und selbständiger Gesinnung zeugte.
F.Z.


„Berliner Lokal-Anzeiger”

Der „Berliner Lokal-Anzeiger” bringt in der Nr.468 des 44. Jahrgangs (Abendausgabe) am Montag, 4. Oktober 1926, auf der Titelseite die Schlagzeile:

Selbstmord des Freiherrn von Schlicht?

Telegraphische Meldung

Weimar, 4.Oktober. Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.
*
Graf Wolf Baudissin stand in seinem 60. Jahr, weit schon über der Höhe seines Lebens, das ihn durch so mannigfaltig bunte Schicksale zu einem, man darf wohl sagen, europäischen Erfolge geführt hat. 1867 als Sohn des bekannten Schriftstellers Graf Adalbert Baudissin geboren, verbrachte er eine heitere Jugend im Elternhause zu Schleswig. 20jährig als Fähnrich in die Armee eingestellt, tat er 12 Jahre lang Dienst, und eben aus seinem Offiziersberuf entstand ihm der Kreis von Gestalten und Beobachtungen, die er, endlich freier Schriftsteller, in der Reihe seiner Romane, Novellen und Bühnenstücke nachgebildet hat. „Pensionopolis”, „Leutnant Flirt”, „Seine Hoheit”, „Offiziere a.D.”, „Mobil” - um nur einige seiner größeren Prosawerke zu nennen - und Theaterarbeiten wie „Im Notquartier” und das mit Franz von Schönthan zusammen verfaßte Lustspiel „Im bunten Rock” haben dem Namen des „Freiherrn von Schlicht” zu einer außerordentlichen Popularität verholfen. Baudissin war durchaus ein Milieuschilderer; in einer Zeit, da man allgemeinen Idealen mit Stolz sich hingab, mußte die liebenwürdige Art eines Autors, der humorvoll seinem Publikum zu dienen verstand, eine Begeisterung erwecken, die - mindestens in der Auflagenhöhe seiner Bücher - ihren Ausdruck fand. Kein Denker und Dichter von Gewicht, darf man doch mancher Stunde sich erinnern, da wir einmal uns an dem bunten Maskenzug seiner leichten Muse uns vergnügt haben.

In der Morgenausgabe der gleichen Zeitung vom 5.Oktober 1926 (Nr.469, 44.Jahrg.) kann man lesen:

Zum Tode des Freiherrn von Schlicht.

Funkspruch unseres Korrespondenten.

Weimar, 4.Oktober. Mit dem Hingang des Grafen Wolf Baudissin (als Schriftsteller „Freiherr von Schlicht”), der gestern einer Herzlähmung erlegen ist, fand ein herbes Künstlerlos seinen Abschluß. Nach den großen Erfolgen, die Schlichts Namen einst bekannt machten, verfiel er mit soviel anderen in der Inflationszeit der bitteren Not. Fast täglich sah man noch bis vor kurzem mittags die bekannte würdevolle und liebenswürdige Erscheinung in Weimars Straßenbild. Aus der Geselligkeit hatte er sich längst zurückgezogen, nur noch mit ganz wenigen Vertrauten pflog er Umgang. Da erleichterte er oft sein Herz über seine jetzt so bedrängte Wirtschaftslage. Er wurde nicht mehr gelesen, und die Not brachte ihn dahin, in Kabaretts aus seinen Werken vorzutragen. Noch vor einem Jahr war er drei Wochen in Liegnitz, um dort sich etwas zu verdienen, kam aber gegen seine Hoffnung bald zurück. Auch in Weimarer Cafés ist Schlicht aufgetreten [Kaiser-KaffeeCafé Sperling - d.Hrsgb.], und man kann sich vorstellen, was es den stolzen Mann gekostet hat. Sogar an seinem Schaffen wurde er irre. Noch kürzlich sprach er aus, daß seine Begabung doch vor allen Dingen in der Kurzgeschichte läge. Am Sonnabend trennte er sich von seinem besten Freund vor der „Klause” [Luisenstraße Ecke Kaiserin-Augusta-Straße, am Wielandplatz – d.Hrsgb.] mit den Worten: „Sie meinen also, durchhalten? Na, dann durchhalten!” Seit etwa 15 Jahren lebte Schlicht in Weimar, wo er vor einem Jahre eine dritte Ehe mit Helene Berger einging. Seine früheren beiden Ehen waren geschieden worden.


„Neue Preußische Zeitung (Kreuz-Zeitung)”

In der „Neuen Preußischen Zeitung (Kreuz-Zeitung)”, 79. Jahrgang Nr. 462 von Montag dem 4.Oktober 1926, liest man:

Ein Opfer der Zeit.

Rätselhafter Tod des bekannten Schriftstellers Freiherrn von Schlicht.
Weimar, 4. Oktober

Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.
*
Die Familie des Grafen von Baudissin ist in Schleswig-Holstein alteingesessen und hat eine Reihe von hervorragenden Militärs, Schriftstellern und Theologen hervorgebracht. Adalbert Graf von Baudissin, der Vater des unter dem Pseudonym Freiherr von Schlicht bekannten Erzählers, war Deichgraf in Schleswig und hatte sich als Verfasser von historischen Romanen und einer Geschichte des schleswig-holsteinischen Krieges von 1849 einiges literarisches Ansehen erworben. Er war verheiratet mit Luise d'el Strother und starb im Jahre 1871.
 
Sein Sohn Wolf Graf Baudissin wurde am 30.Januar 1867 in Schleswig geboren, besuchte zunächst das Gymnasium seiner Vaterstadt und kam als Obersekundaner auf das Altonaer Gymnasium. Dort blieb er zwei Jahre und verließ als Unterprimaner die Schule, um die Offizierslaufbahn zu ergreifen. Am 16.Mai 1886 als Avantageur beim Infanterieregiment Nr. 113 in Freiburg i.Br. eingetreten, besuchte er im Anschluß daran die Kriegsschule in Hannover und wurde auf seinen Wunsch in das 2. Hanseatische Infanterieregiment Nr. 76, das in Hamburg und Lübeck, dem Wohnort seiner Mutter, in Garnison lag, versetzt. Als Leutnant heiratete er Eva Türk, die Tochter eines Physikus in Lübeck und seiner Gattin Emmy, einer unter dem Pseudonym E. Eschricht vielgelesenen Schriftstellerin.
 
Nach seiner Verheiratung wurde Graf von Baudissin von Lübeck nach Hamburg versetzt und hier begannen die beiden Eheleute ihre schriftstellerische Tätigkeit. Zuerst erschienen von ihm einige kleine Humoresken unter dem Namen Graf Günther Rosenhagen, die aber ohne nennenswerten Erfolg blieben. Nach dreijährigem Dienst in Hamburg erfolgte seine Versetzung nach seinem Geburtsort Schleswig zum Infanterieregiment Nr. 84, und in seiner neuen Garnison fing er damit an, sich der Militärsatire zuzuwenden. Im Jahre 1899 nahm er als Oberleutnant seinen Abschied.
 
Er wandte sich nun auf den Rat seines Verlegers Otto Janke dem humoristischen Militärroman zu. Er siedelte nach Dresden über, und in rascher Folge erschienen: „Das Manöverpferd”, „Alarm”, „Parademarsch”, „Leutnant Krafft”, „Das goldene Buch der Sitte”, „Exzellenz lassen bitten”, „Exzellenz Seyffert”, „Pensionopolis”, „Der grobe Untergebene”, „Vielliebchen”, „Einquartierung” usw. Daran reihte sich das Lustspiel „Im bunten Rock”, das er gemeinsam mit Franz v.Schönthan verfaßte, weiter „Liebes-Manöver”, das im Verein mit Kraatz entstand. Von seinen Büchern mögen genannt sein: „Der Manövergast”, „Ein Adjutantenritt”, „Ehestandshumoresken”, „Graf Udo Bodo”, das Lustspiel „Seine Hoheit”, „Leutnant der Reserve”, „Offiziersehre”.


„Deutsche Allgemeine Zeitung”

In der „Deutschen Allgemeinen Zeitung”, Ausgabe für Groß-Berlin, 65. Jahrgang Nr. 463 von Montag, dem 4.Oktober 1926, Abendausgabe, steht die Notiz:

Freiherr von Schlicht †

Aus Weimar wird gemeldet:
Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” bekannte Schriftsteller Graf Wolf v.Baudissin wurde tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat. Seine Militärhumoresken und -romane haben seinerzeit einen großen Leserkreis gehabt. Er ist 59 Jahre alt geworden.


„Vorwärts”

In der Nr. 467 des 43.Jahrgangs schreibt der „Vorwärts” in der Abendausgabe des 4.Oktobers 1926:

„Freiherr v.Schlicht” gestorben. Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde in Weimar tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.


„Berliner Tageblatt”

In der Nr.468 des 55. Jahrgangs des „Berliner Tageblatts” von Montag, dem 4. Oktober 1926 (Abend-Ausgabe), findet man die Meldung:

Freiherr v.Schlicht . Aus Weimar wird uns gemeldet, daß der Schriftsteller Graf Wolf Baudissin, der unter dem Namen „Freiherr v.Schlicht” sehr bekannt geworden ist, dort heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden worden sei. Es wird vermerkt, daß Schlicht, der zuletzt in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat. Er hat zahlreiche Soldatenhumoresken und -romane geschrieben und seine militärischen Erinnerungen in heiterer Form auch für mehrere Theaterstücke benutzt, die vor Jahren vielfach gegeben wurden, in der letzten Zeit aber naturgemäß in den Hintergrund treten mußten.

Und in der Morgen-Ausgabe (Nr.469) von Dienstag, dem 5. Oktober 1926, schreibt das gleiche Blatt noch:

Der Tod des Freiherrn von Schlicht.

An Veronalvergiftung gestorben.

(Telegramm unseres Korrespondenten.)

Weimar, 4.Oktober. Der überraschende Tod des Militärschriftstellers Graf Wolf v.Baudissin, dessen unter dem Pseudonym „Freiherr v.Schlicht” veröffentlichte Humoresken besonders vor dem Kriege viel gelesen wurden, wird über Weimar hinaus in ganz Deutschland tiefes Beileid und warmes Mitempfinden über den Tod dieses Mannes erwecken. Schlicht lebte in Weimar in einfachen Verhältnissen, schlug sich kümmerlich durchs Leben, nachdem ihm die Inflation seine Ersparnisse genommen hatte. Gegen 8 Uhr morgens fand man ihn tot in seinem Bett, und der sofort herbeigerufene Arzt stellte als Todesursache Herzschwäche fest. Schlicht war schon seit einiger Zeit herzleidend, er lebte deshalb auch sehr solide und zurückgezogen, nur von Zeit zu Zeit verließ er Weimar, um in Kabaretts aus seinen Arbeiten selbst vorzutragen. Dies zwang ihn zu diesem neuen Berufe, weil der Wandel der Zeiten für seine Militärschriftstellerei keinen genügenden Erwerbszweig bot. Es konnte noch festgestellt werden, daß Schlicht am Sonntag vor dem Schlafengehen eine starke Dosis Veronal genommen hat, dies seinen Tod herbeigeführt haben muß. Ob es sich aber um einen Selbstmord handelt, ist durchaus noch nicht festgestellt. Man weiß hier, daß Schlicht infolge Schlaflosigkeit große Mengen Narkotika zu sich nahm und es ist auch nicht richtig, daß seine Einnahmen schlecht und seine Vermögensverhältnisse zerrüttet sind. Schlicht war zwar kein reicher Mann mehr, aber er hatte durch seine gelegentliche Schriftstellerei und durch seine Brettlvorträge doch laufende recht respektable Einnahmen. Man sah ihn am Sonnabend noch im Kreise seiner Freunde, und nichts ließ darauf schließen, daß er lebensüberdrüssig sei. Er klagte zwar sehr oft über die Verschlechterung seiner Lebensverhältnisse gegenüber früher und über den für einen einstmals vielgelesenen Schriftsteller doch immerhin peinlichen Gang auf das Brettl.

Graf Wolf Baudissin hat in feinem Humor, oft in beißender Satire, witzig und sarkastisch, oft mit großem Mut das Wesen des preußischen Militärs in seinen Büchern skizziert. Neben den kurzen Militärnovellen schilderte er in den beiden bekannten Romanen „Im bunten Rock” und „Pensionopolis” das Milieu der preußischen Offizierskreise. Der Verstorbene ist geborener Schleswiger und noch nicht ganz 60 Jahre alt. Nach zwölfjähriger aktiver Dienstzeit nahm er den Abschied, um sich der Militärschriftstellerei zu widmen. Er war zum drittenmal mit einer jungen Frau, seiner ehemaligen Sekretärin, verheiratet.


„Der Tag”

Die Berliner Tageszeitung „Der Tag” aus dem Scherl-Verlag bringt in ihrer Nummer 238 vom 5. Oktober 1926 folgende Meldung:

Freiherr von Schlicht †
Drahtbericht unseres Korrespondenten
Weimar, 4.Oktober
Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.

Graf Baudissin, aus Schleswig gebürtig, stand im Alter von 59 Jahren. Sein literarisches Sondergebiet, auf dem er zeitweilig große Erfolge hatte, war die Militärhumoreske. Zahllose Schöpfungen dieser Art, meist liebenswürdig erzählt und fein pointiert, entstammen seiner fleißigen Feder. Aber auch größere Romane, gleichfalls meist humoristischen und fast immer militärischen Charakters, hat er geschaffen (z.B. „Der Gardegraf”, „Der Manöverheld”, „Das Regimentsbaby”). Einige seiner Werke sind dramatisiert worden und fanden den Weg auf die Bühne. Lebendig sind noch heute verschiedene der wirkungsvollen kleinen Scherzvorträge, die er einst für Wolzogens „Ueberbrettl” geliefert hat. Freiherr v.Schlicht hatte lange Zeit hindurch eine ausgedehnte Lesergemeinde, und erst in den letzten Jahren wurde es still um ihn. Auch er ist, wie so viele, ein Opfer der Nachwirkungen des Weltkrieges geworden.


„Germania - Zeitung für das deutsche Volk”

Die Tageszeitung „Germania - Zeitung für das deutsche Volk” bringt in ihrer Morgenausgabe, der Nr. 462 des 56. Jahrgangs, am Dienstag, 5. Oktober 1926, die Nachricht:

Freiherr von Schlicht †
Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” bekannte Schriftsteller Wolf Graf Baudissin wurde gestern früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.


„Vossische Zeitung”

In der „Vossischen Zeitung” Nr. 238 von Dienstag, dem 5. Oktober 1926, kann man lesen:

Selbstmord des Freiherrn von Schlicht?
 
Aus Weimar wird der „Vossischen Zeitung” gedrahtet:
Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Wolf Graf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Man vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat. Freiherr von Schlicht ist vor allem mit Militärhumoresken hervorgetreten.


„Kölner Tageblatt”

Am 5. Oktober 1926 schreibt das „Kölner Tageblatt” in seiner Nr. 467:

Freiherr von Schlicht gestorben
WTB. Weimar, 4. Okt. (Drahtm.)
Der unter dem Pseudonym Freiherr von Schlicht über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.


„Münchner Neueste Nachrichten”

In den „Münchner Neuesten Nachrichten”, Nr. 276 vom 5. Oktober 1926, kann man lesen:

Freiherr von Schlicht †
Aus Weimar wird gemeldet:
Plötzlich und unerwartet ist der in Weimar wohnende, bekannte Schriftsteller Graf Wolf von Baudissin (Freiherr von Schlicht) im Alter von nahezu 60 Jahren aus dem Leben geschieden.


„Frankfurter Zeitung und Handelsblatt”

Die „Frankfurter Zeitung und Handelsblatt” schreibt in ihrer Nr. 740 vom 5.Oktober 1926:

Weimar, 4. Okt. (Privat-Tel.)
Der in Weimar wohnende unter dem Pseudonym Freiherr v.Schlicht bekannte Erzähler Wolf Graf von Baudissin ist fast 60 Jahre alt plötzlich und unerwartet gestorben. (Nach einer Wolffmeldung wird vermutet, daß sich Graf Baudissin, der in zerrütteten Verhältnissen gelebt habe, vergiftet hat.)


„Tägliche Rundschau”

Die Berliner „Tägliche Rundschau” bringt am 5.Oktober 1926 in ihrer Nr.462/463 folgende Nachricht:

Graf Wolf Baudissin gestorben. Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” bekannte Unterhaltungsschriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde am heutigen Montag früh in seinem Schlafzimmer tot aufgefunden. Es wird vermutet, daß Graf Baudissin, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.

Und am 6.Oktober liest man in der Nr.464/465 derselben Zeitung:

Zum Tode des Freiherrn v.Schlicht wird neuerdings gemeldet, daß der Dahingeschiedene zwar tot im Bette aufgefunden worden sei, daß aber sich in nichts die Tatsache eines Selbstmordes habe erweisen lassen. Graf Baudissin pflegte infolge Schlaflosigkeit größere Mengen Veronal zu nehmen, so daß eine unfreiwillige Vergiftung durch eine überstarke Dosis durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Dies erscheint um so wahrscheinlicher, als die Vermögensverhältnisse des Grafen - wie nunmehr bekannt wird - nicht zerrüttet gewesen sind.


„Kölnische Zeitung”

Am 6. Oktober 1926 kann man in der Nr. 743 der „Kölnischen Zeitung” (erste Morgen-Ausgabe) lesen:

Wie die Berliner Blätter berichten, konnte noch nicht festgestellt werden, ob es sich bei dem Tode des Freiherrn v.Schlicht um einen Selbstmord handelt. Schlicht, der infolge Schlaflosigkeit große Mengen Narkotika gebrauchte, hatte am Sonntag vor dem Schlafengehen eine starke Dosis Veronal genommen, die seinen Tod herbeigeführt haben muß.


„Rumpelstilzchen”

Und am 14. Oktober 1926 schreibt der Journalist „Rumpelstilzchen” (Rumpelstilzchen 1926/27 S. 54 ):

Wir hatten auch in Deutschland einen Roda-Rosenfeld, nur daß es ein wirklicher Deutscher war, sogar vom alten Militäradel, der unter dem Namen Freiherr v.Schlicht seinen Stand veralberte. Mit seiner Familie, den Grafen Baudissin, war er seit einem Menschenalter zerfallen. Seine Humoresken las man auch nicht mehr, denn das alte Heer ist doch zur Strecke gebracht. Jetzt ist er in Weimar, von eigener Hand, wie es heißt, aus dem Leben gegangen.


„Echo der Gegenwart”, Aachen

Am Dienstag 5. Oktober 1926 bringt die Aachener Zeitung „Echo der Gegenwart” in ihrer Nr. 234 (Morgen-Ausgabe) 1.Blatt auf der ersten Seite die Meldung:

Freiherr von Schlicht
Aus Weimar wird gemeldet: Der unter dem Pseudonym Freiherr von Schlicht über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde Montag früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Man vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen habe.

Und in der Nr. 234 (Mittag-Ausgabe) 2. und 3. Blatt, vierte Seite, findet man dann:

Der Tod des Freiherrn v.Schlicht.
Es konnte noch nicht festgestellt werden, ob es sich bei dem Tode des Freiherrn v.Schlicht um einen Selbstmord handelt. Schlicht, der infolge Schlaflosigkeit große Mengen Narkotika gebrauchte, hatte am Sonntag vor dem Schlafengehen eine starke Dosis Veronal genommen, die seinen Tod herbeigeführt haben muß.

Am Mittwoch 6. Oktober 1926 folgt dann in der Nr. 235 (Morgen-Ausgabe) auf der dritten Seite der Nachruf:

Zum Tode des Frhrn. von Schlicht.
Der überraschende Tod des Militärschriftstellers Graf Wolf v.Baudissin, dessen unter dem Pseudonym „Freiherr v.Schlicht” veröffentlichte Humoresken besonders vor dem Kriege viel gelesen wurden, wird über Weimar hinaus in ganz Deutschland warmes Mitempfinden erwecken. Schlicht lebte in Weimar in einfachen Verhältnissen, schlug sich kümmerlich durchs Leben, nachdem ihm die Inflation seine Ersparnisse genommen hatte. Gegen 8 Uhr morgens fand man ihn tot in seinem Bett, und der sofort herbeigerufene Arzt stellte als Todesursache Herzschwäche fest. Schlicht war schon seit einiger Zeit herzleidend, er lebte deshalb auch sehr solide und zurückgezogen, nur von Zeit zu Zeit verließ er Weimar, um in Kabaretts aus seinen Arbeiten vorzutragen. Die Not zwang ihn zu diesem neuen Berufe, weil der Wandel der Zeiten für seine Militärschriftstellerei keinen genügenden Erwerbszweig bot. Es konnte noch festgestellt werden, daß Schlicht am Sonntag vor dem Schlafengehen eine starke Dosis Veronal genommen hat, die seinen Tod herbeigeführt haben muß. Ob es sich aber um einen Selbstmord handelt, ist durchaus noch nicht festgestellt. Man weiß hier, daß Schlicht infolge Schlaflosigkeit große Mengen Narkotika zu sich nahm und es ist also nicht richtig, daß seine Einnahmen schlecht und seine Vermögensverhältnisse zerrüttet sind.
Graf Wolf Baudissin hat in seinem Humor, oft in beißender Satire, witzig und sarkastisch, oft mit großem Mut das Wesen des preußischen Militärs in seinen Büchern skizziert. Neben den kurzen Militärnovellen schilderte er in den beiden bekannten Romanen „Im bunten Rock” und „Pensionopolis” das Milieu der preußischen Offizierskreise. Der Verstorbene ist geborener Schleswiger und noch nicht ganz 60 Jahre alt. Nach zwölfjähriger aktiver Dienstzeit nahm er den Abschied, um sich der Militärschriftstellerei zu widmen. Er war zum drittenmal mit einer jungen Frau, seiner ehemaligen Sekretärin, verheiratet.


„Rheinische Zeitung”, Köln

Die „Rheinische Zeitung”, Köln, schreibt in ihrer Nr. 234 vom 6.Oktober 1926:

Der bekannte Militärschriftsteller Freiherr v.Schlicht, mit seinem wirklichen Namen Graf v.Baudissin, ist am Montagmorgen im Schlafzimmer seiner Wohnung in Weimar tot aufgefunden worden. Der Tod ist auf Herzschwäche zurückzuführen, die durch übermäßigen Gebrauch von Veronal verursacht worden ist. Es wird angenommen, daß der 60 Jahre alte Schriftsteller freiwillig aus dem Leben schied, weil seine Vermögensverhältnisse völlig zerrüttet waren. Während er vor dem Kriege durch seine Militärhumoresken und Unterhaltungsromane für höhere Töchter sehr große Einnahmen hatte, schmolz in der Inflation sein Vermögen zusammen; nach dem Kriege war für seine Schriftstellerei kein Betätigungsfeld mehr gegeben. Er versuchte, sich durch Vorträge noch über Wasser zu halten, ohne daß es ihm anscheinend gelungen ist. Vor einigen Monaten hatte er sich noch ein drittes Mal mit seiner Sekretärin verheiratet, die vor kurzem an einem schweren Gallensteinleiden erkrankte. Dieser Umstand hat wohl auch zu seinem Verzweiflungsschritt beigetragen.


„Düsseldorfer Nachrichten”

In der Nr.504 (Abend-Ausgabe) der „Düsseldorfer Nachrichten” vom 4.Oktober 1926 liest man:

Freiherr von Schlicht gestorben
W. Weimar. 4.Oktober (Drahtb.) Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.

In der Nr. 505 (Morgenausgabe) der „Düsseldorfer Nachrichten” vom 5.Oktober 1926 folgt dann der Bericht:

DN. Berlin, 4.Oktober. (Eig. Drahtbericht.) Zu dem Tode des Freiherrns von Schlicht, der heute früh in seinem Schlafzimmer in seiner Wohnung in der Berkaer Straße 21 tot aufgefunden wurde, werden noch folgende Einzelheiten bekannt: Der sofort herbeigerufene Arzt stellte fest, daß er an Herzschwäche gestorben sei. Die näheren Nachforschungen ergaben, daß Graf von Baudissin, der einen starken Gebrauch von Schlafmitteln machte, in der letzten Nacht eine überaus hohe Dosis Veronal genommen hat. Den Gesamtumständen nach ist nicht daran zu zweifeln, daß er diese übermäßige Dosis Veronal mit der Absicht genommen hat, sich das Leben zu nehmen. Seine Freunde meinen, daß Graf von Baudissin in den Tod gegangen ist, weil er sich aus seinen Vermögensverhältnissen nicht mehr herausfand. Vor dem Kriege hatte er als Verfasser von Militärhumoresken und liebenswürdigen Unterhaltungsromanen für einen Schriftsteller verhältnismäßig sehr große Einnahmen gehabt. In der Inflationszeit ist sein Vermögen aber sehr rasch auf den Nullpunkt zusammengeschmolzen. Zu seinem Lebensüberdruß mag auch die Krankheit seiner jungen Frau beigetragen haben. Graf von Baudissin hatte sich erst im Verlaufe der letzten Monate zum dritten Male verheiratet. Sie erkrankte in den letzten Wochen an einem Gallensteinleiden. Diese Tatsache und das Gefühl seiner vollständigen wirtschaftlichen Hilflosigkeit haben Graf von Baudissin anscheinend zu seinem schweren Entschluß gebracht, in den Freitod zu gehen.


„Coblenzer Volkszeitung”

In der Nr. 229 der „Coblenzer Volkszeitung” vom 5.Oktober 1926 steht die Nachricht:

WTB. Weimar, 4.Okt. Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.

Der gleiche Wortlaut ist auch in der „Rheinisch-Westfälischen Zeitung” Nr. 695 vom 5.Oktober 1926, in der „Freiburger Zeitung” vom 4.Oktober 1926 und im „Staufener Tagblatt” Nr. 229 vom 5.Oktober 1926 zu finden.


„Essener Allgemeine Zeitung”

In der Nr. 468 der „Essener Allgemeine Zeitung” vom 5.Oktober 1926 findet man die Meldung:

Freiherr von Schlicht .

Weimar, 4.Okt. (Drahtber.) Freiherr von Schlicht, der unter diesem Pseudonym weit über Deutschlands Grenzen hinaus durch seine Militärhumoresken bekanntgewordene Schriftsteller Graf Wolf v.Baudissin ist heute früh in seinem Schlafzimmer in Weimar in der Berkaerstraße tot aufgefunden worden. Der sofort herbeigerufene Arzt stellte fest, daß der Graf an Herzschwäche gestorben sei. Die näheren Nachforschungen ergaben, daß Graf v.Baudissin, der einen sehr starken Gebrauch von Schlafmitteln machte, in der Nacht überaus hohe Dosen Veronal genommen hat. Den Gesamtumständen nach ist nicht daran zu zweifeln, daß er diese übermäßige Dosis Veronal mit der Absicht genommen hat, sich das Leben zu nehmen. Seine Freunde meinen, daß Graf v.Baudissin in den Tod gegangen ist, weil er sich aus seinen zerrütteten Vermögensverhältnissen nicht mehr herausfand. Vor dem Kriege hatte er als Verfasser von Militärhumoresken und liebenswürdigen Unterhaltungsromanen für einen Schriftsteller verhältnismäßig sehr hohe Einnahmen gehabt. In der Inflationszeit ist sein Vermögen sehr rasch auf den Nullpunkt zusammengeschmolzen. Zu seinem Lebensüberdruß mag auch die Krankheit seiner jungen Frau beigetragen haben. Graf v.Baudissin hat sich erst im Verlauf der letzten Monate zum dritten Mal verheiratet. Die Frau erkrankte in den letzten Wochen an einem schweren Gallensteinleiden. Diese Tatsache und das Gefühl seiner vollständigen wirtschaftlichen Hilflosigkeit werden Graf v.Baudissin anscheinend zu seinem schweren Entschluß gebracht haben, in den Freitod zu gehen.


„Schlesische Volkszeitung”

In der Schlesischen Volkszeitung, Breslau, vom 5.Oktober 1926 kann man lesen:

Freiherr von Schlicht gestorben. Weimar, 4.Oktober. Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.

Zum Tode des Frhrn. von Schlicht. Wie berichtet wird, konnte noch nicht festgestellt werden, ob es sich bei dem Tode des Frhrn. von Schlicht um einen Selbstmord handelt. Schlicht, der infolge Schlaflosigkeit große Mengen Narkotika gebrauchte, hatte am Sonntag vor dem Schlafengehen eine starke Dosis Veronal genommen, die seinen Tod herbeigeführt haben muß.


„Neuer Görlitzer Anzeiger”

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Im „Neuen Görlitzer Anzeiger” vom 5.Oktober 1926 steht die Meldung:

Freiherr von Schlicht .
Weimar, 4.Oktober. Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.
(Frhr. von Schlicht ist vor einigen Jahren in den Görlitzer Künstlerspielen mit der Vorlesung aus eigenen Werken aufgetreten.)


Der durch seine Militärhumoresken unter seinem Schriftstellernamen Freiherr von Schlicht bekannte Graf von Baudissin ist, wie berichtet, in Weimar gestorben.

In der Ausgabe vom 17.Okt. 1926 bringt der „Neue Görlitzer Anzeiger” die Humoreske „Das Preisrätsel&rdquo, das Frhr. v.Schlicht wenige Wochen vor seinem Tode verfaßt hat.



„Niederschlesische Zeitung”

In der „Niederschlesischen Zeitung" vom 6.Oktober 1926 findet sich folgende Notiz;

Freiherr von Schlicht .
Weimar, 5.Oktober. Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat. Frhr. von Schlicht ist vor einigen Jahren auch in Görlitz mit der Vorlesung aus eigenen Werken aufgetreten.


„Hannoverscher Kurier”

Der „Hannoversche Kurier” bringt am 4.Oktober 1926 die Meldung:

Freiherr von Schlicht .
Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde Montag früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.

Und am 5.Oktober folgt:

Der Tod Freiherrn von Schlichts, den wir gemeldet haben, ist wie jetzt bekannt wird, offenbar nicht auf Selbstmord zurückzuführen. Schlicht, der an Schlaflosigkeit litt, hat am Sonntag eine zu starke Dosis Veronal genommen, die seinen Tod herbeigeführt hat. Es ging Graf Baudissin (Schlicht war sein Schriftstellername), wie unsere Weimarer Schriftleitung drahtet, in den letzten Jahren nicht gut, und es war ein Anblick, der traurig stimmen mußte, wenn der einst so erfolgreiche Schriftsteller in separaten Räumen Weimarer Kaffeehäuser [Kaiser-KaffeeCafé Sperling - d.Hrsgb.] gegen ein kleines Entgelt Lustiges aus seinen Büchern vorlas.


„Hamburger Echo” vom 5. Oktober 1926:

Selbstmord des Militärschriftstellers Freiherrn von Schlicht.
Der bekannte Militärschriftsteller Freiherr von Schlicht, mit seinem wirklichen Namen Graf von Baudissin, ist am Montag morgen im Schlafzimmer seiner Wohnung in Weimar tot aufgefunden worden. Der Tod ist auf Herzschwäche zurückzuführen, die durch übermäßigen Gebrauch von Veronal verursacht worden ist. Es wird angenommen, daß der 60 Jahre alte Schriftsteller freiwillig aus dem Leben schied, weil seine Vermögensverhältnisse völlig zerrüttet waren. Während er vor dem Kriege durch seine Militärhumoresken und Unterhaltungsromane für höhere Töchter sehr große Einnahmen hatte, schmolz in der Inflation sein Vermögen zusammen; nach dem Kriege war für seine Schriftstellerei kein Betätigungsfeld mehr gegeben. Er versuchte, sich durch Vorträge noch über Wasser zuhalten, ohne daß es ihm anscheinend gelungen ist. Vor einigen Monaten hatte er sich noch ein drittes Mal mit seiner Sekretärin verheiratet, die vor kurzem an einem schweren Gallenleiden erkrankte. Dieser Umstand hat wohl auch zu seinem Verzweiflungsschritt beigetragen.


„Magdeburger General-Anzeiger” vom 5. und 6. Oktober 1926:

Freiherr von Schlicht .
WTB. Weimar, 4.Oktober. Der unter dem Pseudonym Freiherr von Schlicht über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin ist heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf, der in zerrütteten Verhältnissen lebte, Gift genommen hat.

Zum Tode des Freiherrn von Schlicht erfährt das „B.T.”: „Schlicht lebte in Weimar in einfachen Verhältnissen, schlug sich kümmerlich durchs Leben, nachdem ihm die Inflation seine Ersparnisse genommen hatte. Gegen 8 Uhr morgens fand man ihn tot in seinem Bett, und der sofort herbeigerufene Arzt stellte als Todesursache Herzschwäche fest. Schlicht war schon seit einiger Zeit herzleidend, er lebte deshalb auch sehr solide und zurückgezogen, nur von Zeit zu Zeit verließ er Weimar, um in Kabaretts aus seinen Arbeiten selbst vorzutragen. Er wurde zu diesem neuen Berufe gezwungen, weil der Wandel der Zeiten für seine Militärschriftstellerei keinen genügenden Erwerbszweig bot. Es konnte noch festgestellt werden, daß Schlicht am Sonntag vor dem Schlafengehen eine starke Dosis Veronal genommen hatte, die seinen Tod herbeigeführt haben muß. Ob es sich aber um einen Selbstmord handelt, ist durchaus noch nicht festgestellt. Man weiß hier, daß Schlicht infolge Schlaflosigkeit große Mengen Narkotika zu sich nahm und es ist auch nicht richtig, daß seine Einnahmen schlecht und seine Vermögensverhältnisse zerrüttet waren. Schlicht war zwar kein reicher Mann mehr, aber er hatte durch seine gelegentliche Schriftstellerei und durch seine Brettlvorträge doch laufende recht respektable Einnahmen. Man sah ihn am Sonnabend noch im Kreise seiner Freunde, und nichts ließ darauf schließen, daß er lebensüberdrüssig sei. Er klagte zwar sehr oft über die Verschlechterung seiner Lebensverhältnisse gegenüber früher und über den für einen einstmals vielgelesenen Schriftsteller doch immerhin peinlichen Gang auf das Brettl.”

Um Graf Wolf Baudissin, der unter seinem Schriftstellernamen Freiherr von Schlicht eine europäische Berühmtheit geworden ist, werden Tausende trauern, die sich an seinen Romanen, Novellen und Bühnenstücken in der Zeit vor dem Kriege ergötzten. Schlicht, der vor seinem 60. Geburtstag stand, hat die Erfahrungen, die er in 12jähriger Dienstzeit als Offizier sammelte, verwendet zu einer humorvollen Milieuschilderung. Sein Thema blieb stets das gleich: das Militär. Liebenswürdig, flott, ohne hohen literarischen Ehrgeiz, war er und wollte er nie etwas anderes sein, als ein kluger, lustiger Erzähler. Der Erfolg seines Schaffens war ungeheuer. Die Bücher erzielten riesige Auflagen. Man braucht nur einige Titel aufzuzählen, mit denen sich sofort der Begriff „Freiherr von Schlicht” verbindet: „Pensionopolis”, „Leutnant Flirt”, „Seine Hoheit”, „Offiziere a.D.”. Noch populärer als die Erzählungen machten Schlicht die Lustspiele „Im Notquartier” und „Im bunten Rock” (an dem Schönthan mitarbeitete). – Keiner von uns, der nicht gern an ein frohes Lachen zurückdenkt, das er Wolf Graf Baudissin verdankt! – Vor zwei Jahren weilte Schlicht als Gast der „Libelle” in Magdeburg. Ein großes Feuilleton im „Magd. Gen.-Anz.” berichtete damals freudig über die Eindrücke von der Begegnung.


„Prager Tagblatt” vom 5.Oktober 1926:

Selbstmord des Freiherrn von Schlicht.

Weimar, 4. Oktober. Graf Wolf Baudissin, der unter dem Pseudonym Freiherr von Schlicht bekannte Schriftsteller, ist heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden worden. Der Graf hatte in letzter Zeit in sehr zerrütteten Verhältnissen gelebt und man vermutet, daß er Selbstmord durch Vergiftung begangen hat.

Freiherr von Schlicht hatte vor dem Kriege seine große Zeit. Seine Militärhumoresken und seine Romane aus dem militärischen Milieu wurden vom bürgerlichen Lesepublikum verschlungen. Das blonde Komteßchen und der fesche Leutnant fanden sich nach manchen Fährnissen immer zu glücklicher Ehe . . . . aber mit der Zeit, die den Geschmack radikal wandelte, verlor Schlicht seine Leser und in den letzten Jahren hörte man von ihm nichts mehr. Er war eine liebenswürdige, ganz unproblematische Begabung, die in die Nachkriegsjahre nicht paßte . . . .


„Reichspost”, Wien, vom 5. Oktober 1926:

Selbstmord des Schriftstellers Freiherrn v. Schlicht.

Wie aus Weimar, 4. d., berichtet wird, hat der bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin, der unter dem Pseudonym Freiherr v. Schlicht zahlreiche Romane und Theaterstücke schrieb, sich heute nacht im Alter von 60 Jahren vergiftet. Er wurde heute früh in seinem Schlafzimmer aufgefunden. über die Ursache des Selbstmordes ist man noch völlig im unklaren.


„Wiener Zeitung” vom 6. Oktober 1926:

Der Tod des Schriftstellers Schlicht-Baudissin.

Aus Weimar, 4. d.M., wird gemeldet: Der unter dem Pseudonym Freiherr von Schlicht über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt gewordene Schriftsteller Graf Baudissin ist in seinem Schlafzimmer tot aufgefunden worden. Der sofort herbeigerufene Arzt stellte fest, daß der Graf an Herzschwäche gestorben ist. Nähere Nachforschungen ergaben, daß Graf von Baudissin, der schon längere Zeit Schlafmittel gebrauchte, in der letzten Nacht eine überaus große Menge von Veronal genommen haben muß. Baudissin war sechzig Jahre alt, körperlich noch überaus kräftig und gesund. Seine Freunde meinen, daß er in den Tod gegangen sei, weil er aus seinen zerrütteten Vermögensverhältnissen nicht mehr herausfinden konnte. Wie die Berliner Blätter zum Ableben des Schriftstellers Freiherrn von Schlicht melden, konnte noch nicht festgestellt werden, ob es sich um einen Selbstmord handelt.


„Neue Freie Presse”, Wien, vom 5. Oktober 1926:

Selbstmord des Romanschriftstellers Freiherrn v. Schlicht.
Telegramm unseres Korrespondenten. Weimar, 4.Oktober.

Graf Wolf-Baudissin, der unter dem Pseudonym Freiherr v. Schlicht bekannte Schriftsteller, ist heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden worden. Der Graf hat in der letzten Zeit in sehr zerrütteten Verhältnissen gelebt und man vermutet, daß er Selbstmord durch Vergiften begangen hat.

*   *   *

Graf Baudissin, ein geborener Schleswiger, hat ein Alter von 59 Jahren erreicht. Er hatte ursprünglich die militärische Karriere eingeschlagen, später aber den Dienst quittiert, um sich ganz der Literatur zu widmen. Er hat eine Anzahl Lustspiele geschrieben, zum Teil allein, zum Teil mit Mitarbeitern, darunter mit Franz v. Schönthan, und namentlich „Liebesmanöver” und „Im bunten Rock” sind in einer harmloseren Vegangenheit oft gespielt worden. Viel von sich reden gemacht hat ein Roman aus der Feder des Freiherrn v. Schlicht (Graf Baudissin), der den Titel „Erstklassige Menschen” führte und in Deutschland beschlagnahmt wurde. In diesem Buche wollte Schlicht den Gegensatz der Standesanschauungen von Offizier und Bürgertum kennzeichnen. Er vertrat den Gedanken, daß die heutige Gesellschaft die Offiziere als „erstklassige Menschen” züchte und großziehe. Wenn die jüngsten Leutnante von vornherein mit Verehrung behandelt würden, so sei es natürlich, daß die Offiziere den richtigen Maßstab verlieren. Der Autor wollte in den „Erstklassigen Menschen” den Offizieren nahelegen, daß ihre Ausnahmsstellung sie zwinge, in allen Stücken vorbildlich zu sein. Dieser Roman wurde auch im Deutschen Reichstag besprochen. Bebel hatte ihn in seiner Rede erwähnt, worauf von den Bänken der Konservativen der Zwischenruf „Er ist ein Lump!” erfolgte, was auf Baudissin gemünzt war und später zu einer Duellaffäre den Anlaß bot.


„Neue Freie Presse”, Wien, vom 5. Oktober 1926, Abendblatt:

Der Tod des Schriftstellers Grafen Baudissin.
Telegramm unseres Korrespondenten. Berlin, 5.Oktober.

Wie die Blätter zum Ableben des Schriftstellers Freiherrn v. Schlicht melden, konnte noch nicht festgestellt werden, ob es sich um einen Selbstmord handelt. Schlicht, der infolge Schlaflosigkeit große Mengen Narkotika gebrauchte, hatte am Sonntag vor dem Schlafengehen eine starke Dosis Veronal genommen, die seinen Tod herbeigeführt haben dürfte.


„Hamburger Anzeiger”, 5. Oktober 1926:

Selbstmord bekannter Persönlichkeiten.

Freiherr von Schlicht.

Aus Weimar wird gemeldet: Der unter dem Pseudonym „Freiherr von Schlicht” als Verfasser zahlreicher Militär-Romane und -Humoresken bekannte Schriftsteller Graf Wolf Baudissin wurde heute früh tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden. Es wird vermutet, daß der Graf Gift genommen hat.

Ueber die tragischen Umstände, unter denen Graf Baudissin aus dem Leben geschieden ist, wird noch bekannt: Graf Baudissin, der im 60. Lebensjahre steht, hat sich mit Veronal vergiftet, weil er aus seinen zerrütteten Vermögens­verhältnissen nicht mehr heraus kam. Vor dem Kriege hatte er für einen Schriftsteller verhältnismäßig sehr beträchtliche Einnahmen gehabt; in der Inflation verlor er sein Vermögen. Am Sonnabend äußerte er zu Freunden, daß er nicht fähig sei, die Einschränkungen, die er sich auferlegen müsse, auf die Dauer durchzuhalten, außerdem fürchte er, daß seine Schaffenskraft bald versiege und daß er dann vor dem Nichts stehe. Zu seinem Lebensüberdruß mag auch die Krankheit seiner jungen Frau beigetragen haben, mit der er sich erst vor wenigen Monaten verheiratet hatte. — Seine humoristischen Bücher fanden vor dem Kriege ein weites Publikum und genügten den Ansprüchen an eine leichte und gute Unterhaltungslektüre.


„Hamburger Correspondent und
Neue Hamburger Börsen-Halle”, 9. Oktober 1926:

Berliner Tagebuch

In Weimar ist der Freiherr von Schlicht aus einem zu tiefen Veronalschlaf nicht mehr erwacht. Dem sächsischen Adel entstammend, hatte er, der Graf Wolf Baudissin, einmal eine zahlreiche Gemeinde für seine Militärhumoresken. Aber eines Tages hatte die Weltgeschichte seiner Feder das Thema entwendet. Das glänzende, strahlende und mächtige alte deutsche Heer vertrug auch einmal ein Stück Gesellschaftssatire, ein paar Züge Ironie und linden Spott seiner Uebertreibungen. In unserer kleinen armen Reichswehr von heute aber wird nicht viel Lustiges erlebt und es wäre undenkbar und ungerecht, ihren harten Tageslauf noch zum Anlaß von Spott und Scherz zu wählen. Man kann eben heute keine Militärhumoresken mehr schreiben. Das Talent des Freiherrn von Schlicht war sozusagen gegenstandslos geworden — das ist der tiefste und letzte Grund seiner Lebensmüdigkeit geworden. Das hat er mir schon vor ein paar Jahren angedeutet, als wir im Hotel „Atlas” am Weidendamm beim Biere saßen. Er hatte damals einen neuen Erwerb entdeckt: er suchte das Publikum, das nicht mehr zu seinen Büchern kam, selber auf — er las seine Skizzen im Kabarett vor. In Berlin hatte ihn die „Rote Nachtigall” engagiert — ein höchst seltsames Zusammentreffen. Die „Rote Nachtigall” war in der Elsässerstraße aus einem ehemaligen Tanzsaal entstanden und sollte ein republikanisches, ein pazifistisches, ein Arbeiterkabarett werden. Hans Siemsen, der jetzt das hübsche Feuilletonbuch „Paul ist gut” geschrieben hat, war zum künstlerischen Leiter erwählt und Dr. Kurt Tucholsky, der teil als Peter Panter, teils als Kaspar Hauser, teils als Theobald Tiger und teils als Ignaz Wrobel schreibenden Satiriker, sollte selber als Conferencier auftreten. Der Plan fand stürmisches Interesse, in interessanten Vornotizen berichteten alle Blätter darüber. Als aber auch die „Rote Fahne” davon Kenntnis nahm, erfuhr auch die politische Polizei davon. Es erging ein Geheimerlaß, der alle Behörden aufforderte, auf die „Rote Nachtigall” ein scharfes Auge zu haben. Die Abneigung gegen Schikanen nahm den Gründern die Lust an der Sache — sie schifften sich noch vor der Eröffnung aus. Als Nothelfer ging Hans Hyan auf die Kommandobrücke — der alte Kämpe, der schon zwanzig Jahre vorher mit der „Silbernen Punschterrine” das erste literarische Kabarett in Berlin eröffnet hatte. Sein Eröffnungsprogramm huldigte den Tendenzen, denen die „Rote Nachtigall” ursprünglich dienen sollte, nur noch verschwommen. Zum anderen Teil bestand das Programm aus dem Ballett Celly de Rheydt, das damals noch der inzwischen im Irrenhaus gelandete Oberleutnant a. D. Seveloh kommandierte. In diesem Sälchen in der Arbeitergegend erschien dann auch der große breitschultrige Freiherr von Schlicht auf dem Podium und las (in dem antimilitaristischen Kabarett !!) seine Militärhumoresken. Es war eine bittere Angelegenheit: das Publikum interessierte sich hier gar nicht für die Leutnantsscherze des Freiherrn. Er las geradezu in den Wind und ging jeden Abend sehr bedrückt durch die dunkle Elsässerstraße heim in sein Hotel.

In einem Kabarettroman, den er später geschrieben hat, hat er bekannt, daß er vom Berliner Kabarett reichlich „die Neese voll hatte . . .”

(Der Berliner Bär)


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© Karlheinz Everts