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In der Passage - Die Badeszene des Maharadscha - Die Villa des Hofporträtmalers - Das "Juvena"-Hausboot - Noch einmal Zwickel - Progynon - Was ein Kavalier ist - "Tell" im Staatstheater.
Wer von uns kommt mal in die Passage, in die geknickte Durchgangshalle zwischen Linden und Friedrichstraße? Kaum ein Berliner, es sei denn ein berufsmäßiger Taschendieb.
Aber "die Provinz", die vorher vielleicht bei Kranzler Kaffee getrunken hat, steht da und staunt. Vor dem anatomischen Museum und anderen "lasterhaften" Sachen, angeblich nur für Erwachsene, vor der Buchhandlung mit all dem Zeug, auf dessen Titel kein Berliner mehr hereinfällt, vor all den anderen für den Provinzler "sensationellen" Läden einschließlich des koscheren Sowjetcafés im Knick, und ganz besonders vor den Schaufenstern des Malers Fischer, der sich sogar Professor nennen darf und ein Großindustrieller in seinem Berufe ist. Der Massenabsatz macht's.
Hier kannst du dich, lieber Freund "aus der Provinz", für 50 Mark in Öl vervielfältigen lassen, sogar auf Stottern. Lieferzeit 10 Tage. Sitzung überflüssig, Photoeinsendung genügt. Und Du bist nachher wirklich haargenau ähnlich, bis auf jedes Schnurrbarthärchen genau.
Zum erstenmal drängt sich jetzt auch Berlin vor diesen Schaufenstern. Als der Maharadscha von Patiala Berlin durchbummelte, machte die Genauigkeit der Porträts, alles im Stile von 1880, einen mächtigen Eindruck auf ihn. Er bestellte bei Fischer ein 50 Quadratmeter großes Kolossalgemälde für sein Badezimmer. Der Entwurf für den indischen Nabob, in ganz kleinem Maßstabe, ist jetzt da ausgestellt, also jedermann kann die Badeszene der 18 nackten "Bajaderen" - es sind aber lauter formenüppige Europäerinnen - sich ansehen. Das sind Venusse alter Art, nicht moderne knabenhafte Figuren. Dazu könnte also weder Mady Christians Modell gestanden haben, die in ihrer neuesten Filmpremière "Der schwarze Husar" schon hager wirkt, noch Brigitte Helm, die eben krank darniederliegt, weil sie, wie es heißt, durch Einnahme von Pariser Chemikalien noch schlanker werden wollte. Der Maharadscha von Patiala wird jedenfalls - er kann es bezahlen - eine schöne Rechnung kriegen, und der große Maler-Industrielle kann sich freuen.
Draußen vor Berlin am Woltersdorfer See hat er seine phantastische Villa, die mit allem Drum und Dran sowieso dringend der Erneuerung bedarf. Die 50 Pfennige Eintrittsgebühr, die der Herr Professor im Sommer von Ausflüglern erhebt, die sein römisches Bad oder den Palmengarten im Hause sich ansehen wollen, genügen längst nicht mehr. Die künstlichen Felsen im Garten kriegen schon Löcher und enthüllen ihren Rabitzputz. Es sind ganze Gruppen von Felsen da, mit Grotten, in denen Figuren stehen, entweder "patriotische" oder "sinnliche". Als ich mal da war, blieben Wandervögel lachend vor der einen stehen und sagten: "Das ist die Venus von Kilo!"
An der Seeseite stehen zwei buddhistische Tempel, Imitation natürlich; und auf dem Turm der Villa grüßt eine Riesenpalette in die Lande.
Es hat keinen Zweck, etwa sich selbst als Kunstsnob zu geben und dem braven "Hofporträtmaler", wie er sich auch nennt, einen ästhetischen Wischer zu verabfolgen. Warum denn? Er ist ein guter Staatsbürger und Steuerzahler, stimmt höchstwahrscheinlich für Liste 1 oder Liste 5 und - "kommt einem Bedürfnis entgegen". Genau so, wie etwa die Reimann-Schule am entgegengesetzten Kunstpol einem Bedürfnis entgegenkommt. Es ist doch besser, daß Fischer von 50 Mark an - dann ist das Bild allerdings nur 20 zu 30 Zentimeter groß - Ölporträts macht oder machen läßt, als daß er die Armee der Unterstützungsbedürftigen vermehrt.
Die ganze kaufmännische Kunst besteht darin, sich auf Bedürfnisse einzustellen. Die Deutschen verstanden das immer, die Engländer lehnten es ab und verlangten, daß die Käufer auf englisch sich einstellten, auf englischen Geschmack und englische Maße. Deshalb kamen wir ihnen so weit vorweg.
Einstellung bedeutet oft Umstellung. Eine Passementeriefabrik im Erzgebirge stellt sich auf Baskenmützen um. Und die "Juvena" in Chemnitz, die große Trikotagenfabrik, die dank ihrer Beweglichkeit sich auf das seit wenigen Jahren am meisten "Gefragte", auf Badeanzüge, eingestellt hat, kann infolgedessen noch 1200 Arbeiter und Angestellte beschäftigen. Freilich: nicht nur infolgedessen. Es kommt die bewußte, keine Kosten scheuende Propagandatätigkeit hinzu. Je schlechter die Zeiten sind, desto mehr muß man in Zeitungen anzeigen und sonstige Reklame machen. So hat "Juvena" im Wannsee ein eigenes Schiff, eine umfrisierte Zille, verankert. Diese Trikotagenfabrik hat jetzt außerdem, mit Kursen über Wäschebehandlung für die Besucherinnen, an der Potsdamer Brücke in Berlin eine ganze Etage für ihre Propaganda gemietet, hat sogar ein Wäschemuseum darin eingerichtet.
In einer Zeit, in der von Unkundigen überall dumme Witze über den "Zwickel" gemacht werden und die vereinigten Berliner Conferenciers sogar in einer öffentlichen Anzeige - das ist natürlich Reklame für sie selbst - dem Staatssekretär Bracht für den Witze-Stoff, den sein Erlaß ihnen biete, Dank sagen, muß ich natürlich an die Potsdamer Brücke.
Da sind Fachleute. Die wissen es sicher.
Also gleich die erste Dame in dem Geschäft, die Empfangsdame, kriege ich - nicht am Zwickel, sondern am Wickel - und frage sie: "Können Sie mir, denn ich bin Laie, Hemdhosen und Badeanzüge und dergleichen mit und ohne Zwickel zeigen, damit ich mich darüber informiere?", worauf sie ruhig-erstaunt antwortet:
"Ohne Zwickel haben wir überhaupt niemals etwas fabriziert, ohne ist nur der allerbilligste Pofel, den finden Sie in keinem besseren Geschäft."
Aha, siehstewoll. Nun sehe ich mir die ausgestellten Waren an (wahrhaftig, die Empfangsdame hat Recht) und im Anschluß daran den kleinen Modell-Fabriksaal. Da kommt von ungezählten Spulen Wolle oder Baumwolle oder Seide und wird von einer Strickmaschine, die der Mann Nr.1 bedient, zu einer Röhre - einem Rumpf - verarbeitet. Nr.2, ein Mädchen, macht unten einen Schnitt hinein, damit durch diese Teilung Beine an den Rumpf kommen, und erledigt noch allerlei anderes. Nr.3 näht den Zwickel ein (alles am laufenden Bande, alles mit Maschinen), Nr.4 - vielleicht war es aber auch Nr.5 - macht die Schulterbänder, Nr.6 die schmückenden Ziernähte. Und fertig ist der Badeanzug oder die Hemdhose. Auch Sweater, Schlüpfer, Poloblusen, Sportunterhosen, Strandanzüge entstehen so am laufenden Bande.
Noch einen Blick ins Museum. Da fängt es mit bildlichen Darstellungen aus dem 14., 15., 16. Jahrhundert an, wo man außer dem "Badehemd" noch einen Umhang hatte, wenn man ins Wasser stieg, unter gewissen Umständen aber auch nackt badete. Da finden wir belgische Badekarikaturen aus dem Ostende von 1860, farbige Lithographien, die meist einen "witzigen" französischen Text im Geschmack der Zeit haben. Da finden wir auch zahlreiche Original-Wäschestücke. Und wenn wir uns die Badeanzüge, die Nachthauben, die Turnkostüme von 1880 ansehen, müssen wir allerdings losprusten.
Man geht mit dem Gefühl: Hygiene und Ästhetik lassen sich durchaus vereinigen; es braucht nicht unanständig zu sein, was gesund und praktisch ist. Nur Mode und Zeitgeist pfuschen manchmal dazwischen.
Es bedeutet ebenfalls, den Bedürfnissen entgegenzukommen, wenn ein Berliner chemisches Institut jetzt weibliche Hormone - das Progynon - in den Handel bringt, das mancher Frau (aber bitte, nicht ohne ärztlichen Rat!) über schwere Störungszeiten namentlich in vorgeschrittenen Jahren hinweghilft, wenn es ihr injiziert wird. Das Progynon braucht gar nicht von tierischen Ovarien zu stammen, es findet sich sogar - im Petroleum und in der Steinkohle. Und nun, was die Männer interessieren dürfte: es fördert, ihnen eingespritzt, den Haarwuchs und läßt mitunter sogar Glatzen sich wieder bewalden! Die Frau ist nun einmal die Haarreiche, das machen angeblich die weiblichen Hormone; nur Frauen, die männlichen Gepräges sind, darunter ältere Ärztinnen, Direktricen, Ministerialrätinnen, klagen auch über Haarausfall. Bei mir, ich bin ja ein Mann, lichtet sich der Scheitel jetzt ebenfalls. Soll ich? Soll ich nicht? Wenn ich die Sicherheit hätte, daß es nur dem Haarboden zugute kommt, würde ich gern ein paar Spritzen Progynon nehmen, aber ich habe Angst, daß es auch sonst verweiblichend wirkt. Ich möchte nicht, daß ich eine Heulliese werde oder ein Ausverkaufbesessener oder ein Töpfegucker oder daß es gar, wie Tierexperimente bewiesen haben, alle möglichen körperlichen Veränderungen bei mir gibt . . .
Gott sei Dank: noch bin ich Kavalier. Was das ist, wird freilich verschieden aufgefaßt.
Neulich im Flughafen unterhalten sich am Nebentisch zwei weibliche Wesen über diesen Begriff. Und die eine sagt:
"Mein Justav is ein Kaffalier. Auf das Äußere kommt es da nich an, Lackstiebel hat er nich, sondern auf das Innere. Ein Kaffalier braucht auch nicht zu Kempinski zu gehen, er kann ruhig aschingern mit seine Dame. Ob er dürr ist oder eine Glatze kriegt, is auch egal. Ein Kaffalier ist, wenn er nich aufs Geld sieht, das is die Hauptsache. Vielleicht hat er gedacht, Tasse Kaffee, nun kommt aber Kännchen Kaffee. Und das darf ein Kaffalier sich nich anmerken lassen."
So, nun weiß ich es. Nur meine Frau behauptet, ich sähe zu wenig aufs Geld, sei also in diesem Sinne zu sehr Kavalier. Sie will immer sparen.
Ganz und gar nicht Kavalier war ich gestern, weil ich allein in das Staatstheater ging. Zwei Karten kosten nämlich doppelt so viel als eine. Ich habe mir die zweite Aufführung von Schillers "Wilhelm Tell" angesehen, die schon viel besser gewesen sein muß, als die erste der Neueinstudierung am Sonntag war. Da war das Ganze nach dem einstimmigen Urteil der Presse von rechts und von links nur ein hysterisches Gebrüll. Einzig und allein - der Hauptdarsteller Werner Krauß wird freilich überall gelobt - das Berliner Zentrumsorgan freut sich über die Vorstellung. Nämlich, weil sie der Gefahr entgangen wäre, "nationalistisch" zu wirken! Von wegen "Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an" und von wegen des Freiheitsdranges eines unterdrückten Volkes.
Davon ist allerdings auch in der zweiten Aufführung möglichst wenig zu spüren gewesen. Das ganze Drama, dessen Blankvers zum Deklamatorischen verleitet, ist sozusagen als Geräuschfilm aufgezogen, um das zu vermeiden. Von Bedeutung wird das Peitschenknallen, das Rasseln der Bootsketten, das Klatschen der Maurerkellen auf Zwing-Uri, das Läuten der Kuhglocken, Tells Axtschläge, das Trommeln vor dem Geßlerhut, alles Dinge, an die auch Schiller gedacht hat, für den sie aber nicht Hauptsache waren.
Die Leute rennen. Rudenz und Bertha schreien sich an. Die Szenerie der auf Pappe gemalten Kulissen ist dabei armselig, und diese Berge da sehen eher nach Mazedonien als nach der Schweiz aus; wir bekommen keine einzige grüne Matte zu Gesicht, wie auch das schöne Bild der allerersten Szene, das Vorspiel, ganz gestrichen ist und das Stück gleich mit Blitz und Donner beginnt.
Und dennoch!
Und dennoch läßt Schiller sich nicht totschlagen. Er ist sogar trotz der Jeßnerschen Treppe einst am Leben geblieben. Der Regisseur Jürgen Fehling hat sich diesmal viel mehr Mühe gegeben als sein Vorgänger. Das sei dankbar anerkannt. Aber gesiegt hat Schiller.
Während der ersten Stunde saß das Publikum stumm da, dann wurden die Herzen warm, wurden die Herzen heiß. Und wenn Werner Krauß kam, wie ein Urwaldmensch frisiert, Arme und Beine haarig wie ein Tier, aber eben Wilhelm Tell, dann tobte der Beifall.
13. Oktober 1932 (Donnerstag)
8
Wo unser Geld bleibt - In der "Wohle" - Das Rededuell Schmidt-Goebbels - Wer war im Mauseloch ? - Nelsons neue Revueoperette - Bei Fräulein Doktor - Graf Tolstoj und die neue Zeit.
Man will doch mal sehen, wo sein Geld bleibt, nicht wahr? Also ich schufte für dreie, bis zu 18 Stunden täglich, und habe doch nicht eine Mark auf Bankkonto. Alles frißt die Steuer. Und niemand sagt, daß ich Dreifacharbeiter sei, mein Leben durch Schlafmangel verkürze, sondern höchstens schimpft einer, ich sei Doppelverdiener, und das dürfe nicht sein.
Also wo bleibt mein Geld, das ich an das Finanzamt und die städtische Steuerkasse abführen muß?
Gott sei Dank, es kommt armen deutschen Landsleuten zugute, die keinen Erwerb haben. Nur kriegt man die Wut, wenn man das ungeheure Beamtenheer sieht, das mit der Verteilung des erarbeiteten und als Steuer abgenommenen Geldes beauftragt ist.
Ich sage nichts gegen diese Leute selbst, die zudem, wenigstens in Berlin, meist ausgesucht höflich sind. Aber wenn statt der erpreßten Almosen Arbeit besorgt würde, hätten wir nicht auch noch diese Verteiler zu ernähren, die es früher nicht gab. Und die vielen, vielen Finanzbeamten und Buchprüfer und Vigilanten.
Also gehen wir mal zur Zweigstelle einer Zahlstelle des Wohlfahrtsamtes.
Mitten in der Großstadt, in einem palastartigen alten Gebäude. Aber alles ist verwahrlost, das Treppenhaus dreckig, die Vorhänge vor den Fenstern des Lichtschachtes zerrissen; es ist, als sei man in einem Lausestädtchen auf dem Balkan.
Schon draußen winkt ein großes Schild: "Heute werden gezahlt G, Sp-Sz."
Paß auf, Mensch! Wenn du Sanders heißt, ist heute nicht dein Tag. Drei Treppen hinauf. Ein Saal voll Barrièren fast in Mäanderlinie, damit die Schlange der Anstehenden richtig aufgerollt wird und kein Gedränge entsteht.
Du wirst zwangsläufig vorgeschoben und bist, nach einer Stunde vielleicht, am Zahlschalter.
Invalidenkarte und Arbeitslosenkarte!
Auf dieser stehen die 2 Buchstaben E.H., Erwerbslosenhilfe. Das ist es, wofür das meiste von unserem Steuergeld weggeht. Jeder noch arbeitende Familienvater, der ein bißchen mehr als üblich erschuftet, hat nebenbei das Existenzminimum für 3, 4, 5 Familien zu schaffen.
Vor mir steht in der langen Reihe der Barrièrenserpentine ein junger, verheirateter Techniker. Der darf sich alle vierzehn Tage 25 Mark und 80 Pfennige abholen. Ein Lumpengeld für zwei Leute. Aber auch das will von uns verdient sein. Hinter mir ein junges Mädel mit Lackfingern. Was die von meinem Steuergeld kriegt, es ist noch weniger, das geht für Friseur und Schönheitssalon und ein paar Zigaretten auf. Wo Wohnung, Essen, Kleidung herkommen, will ich gar nicht fragen. Wir verlumpen alle, solange keine Arbeit wieder da ist. Jetzt meldet sich schüchtern der Anfang des Umschwungs. Sogar der rote Allgemeine Gewerkschaftsbund stellt fest, daß die Beschäftigung zunimmt, obwohl sie um diese Zeit sonst immer im Rückgang war.
Kein Zweifel: das haben nicht die Parteien, das hat der neue Staat geschafft. Aber natürlich wird auch er beschimpft, weil er sich mit den immer mehr schrumpfenden Steuergeldern einrichten muß und die Almosen gekürzt hat. Ja, wenn "wir" erst an der Regierung wären, würde alles anders, sagt jede Partei. Ich glaube nicht daran. Gerade der Parteienstaat hat uns ins Elend gebracht.
Selbstverständlich, das ist meine Pflicht, wähle ich am 6. November trotzdem. Aber ich weiß: die, die ich wähle, sind nur für Deutschland, nicht für eine Partei. Und wenn sie können, wenn sie Zulauf genug haben, zerschlagen sie alle Parteien einschließlich der eigenen.
In Berlin mit seinen großen Sälen kann man heute jeden Abend eine Parteiversammlung mitmachen. Von den nichtsozialistischen kann sich allerdings nur die deutschnationale ein Massenaufgebot leisten. Die bürgerliche Mitte ist erledigt. Ein Geschäft, das keine Propaganda mehr macht, steht vor dem Eingehen. Und von der Deutschen Volkspartei über die Wirtschaftspartei bis zur Deutschen Demokratischen Partei ist alles stumm wie eine Leiche. Unsere Geschichte hängt nur noch davon ab, wie sich die Mandate unter die Nationalsozialisten, Deutschnationalen, das Zentrum, die Sozialdemokraten, die Kommunisten verteilen werden.
Gestern hatten wir die sogenannte vaterländische Geisterschlacht zwischen den doch gleichmäßigen Anhängern Hitlers und Hugenbergs in der "Neuen Welt" in der Hasenheide, in deren Saal 4200 Menschen hineingehen. Tatsächlich mußten rund 1500 trotz bezahlter Eintrittskarten vor dem geschlossenen Saal umkehren, schließlich von den Gummiknütteln der Polizei dazu nachdrücklich veranlaßt, denn entsprechend viele Nichtberechtigte waren "irgendwie" in die Versammlung hineingekommen. Goebbels erhielt statt der ihm zugesicherten 1 Stunde Redezeit - noch und noch in drei Abschnitten - 1 Stunde und 40 Minuten. Von der anderen Seite sprachen Schmidt und Steuer. Diesmal kam es auch zu Lärmszenen, aber wenigstens zu keiner Stuhlschlacht. Die Nationalsozialisten haben noch in derselben Nacht ein Flugblatt gedruckt, in dem sie den Berlinern mitteilen, die hätten die Deutschnationalen "knockout geschlagen". Diesen Eindruck habe ich nicht gehabt. Von der - man kann es nur wehmütig sagen - Bruderpartei hatte namentlich Schmidt-Hannover einen der glänzendsten Tage seines Lebens. Daß eine Nazigruppe ihm, dem früheren Generalstabshauptmann, bei seinem Schlußwort im Sprechchor immer zurief: "Geh nach Jerusalem!", das gehört wohl zu dem Knockout-Versuch, der aber ein Versuch geblieben ist.
Ich habe Goebbels - ich stehe ja noch immer auf der Harzburger Plattform und freue mich über den nationalen Aufruhr, den ursprünglich die Hitlerleute erregt haben - einmal gegen Groener heftig verteidigt, weil der so geschmacklos war, Goebbels - er hat einen verkrüppelten Fuß - die Nichtteilnahme am Kriege vorzuwerfen. Genau so hat Helfferich, der sich im November 1918 zum Kampf gegen die Revolution bei der Berliner Kommandantur meldete und um ein Gewehr dazu bat, wegen seiner kranken Lunge nie gedient.
Es ist aber - dieses Urteil darf mir Goebbels, dessen propagandistischen Impetus ich hochschätze, nicht verübeln - ebensowenig geschmackvoll, wenn Goebbels gestern in der Hauptsache mit dem alten Argument der Roten operierte:
"Ihr Deutschnationalen habt euch 1918 ins Mauseloch verkrochen!"
Ich sicher nicht. Ich habe noch im Dezember 1918, auf der Heimkehr aus Kleinasien, ein Gefecht gegen die Tschechen, die uns ebenso wie vorher die Magyaren entwaffnen und internieren wollten, bei Preßburg gehabt, bin schwarzweißrot nach Deutschland gekommen und habe seither ständig gegen die Novemberrepublik, für die deutsche Erhebung gekämpft. So wie ich Hunderttausende.
Wir wollen doch an demselben Strange die deutsche Karre aus dem Dreck ziehen.
Es war widerwärtig, daß eine deutschnationale Partei-Wochenschrift Goebbels mit Rosa Luxemburg verglich. Aber es tut mir auch weh, wenn Goebbels den Deutschnationalen Feigheit vorwirft.
Alles, was national denkt, alles, was einen sauberen Staat wieder haben will, muß in eine Großkampffront. Wir brauchen sie um so mehr, als alle Zeichen der Zeit unseren Untergang als Kulturvolk aufweisen, wenn wir nicht wieder nationale Züchtungspolitik treiben. Die Masse gebiert keine Führer. Sterben, wie heute, die Geschlechter der Wertvollen aus, bleibt nur der Untermensch nach, so sind wir in hundert Jahren als Nation erledigt. Die jetzige Aufrichtung des autoritären Staates gegen den Parlamentarismus ist der letzte Versuch, uns vom Abgrund zurückzureißen. Kulturell sind wir schon so tief gesunken, daß jetzt am Kurfürstendamm, trotz allen Hohnes über Bracht als Zensor der Sittlichkeit, von dem fetten Nelson, dem musikalischen Troubadour der Damen mit rotlackierten Zehennägeln, das gemeinste und zotigste Stück der letzten Jahrzehnte herausgebracht wird. Es ist eine sehr ausgezogene Geschichte von sechs durch Mädchenhändler verkauften jungen deutschen Landsmänninnen. Da wir als Volk zu schlaff sind, uns dagegen zu wehren, da in Deutschland nur der Satz gilt: "Was befohlen wird, wird gemacht!", sind wir es zufrieden, wenn überhaupt wieder einmal einer befiehlt. Mit Papen ist wenigstens der Anfang des neuen Weges erschlossen.
Noch sind wir kulturell im Novemberbanne. Wir haben eine prächtige Hitlerjugend, eine prächtige Bismarckjugend, aber dazwischen auch eine heranwachsende Intellektuaille, die hoffentlich bald verschwindet. Ein junges Mädel ist bei einer Ärztin, nach der Konsultation plaudert man noch ein wenig, über Theater und dergleichen. Und da sagt die junge Dame erhaben zu der alten Ärztin:
"Da können Sie ruhig hingehen, Fräulein Doktor, ich habe sogar meine Mutter in das Stück mitgenommen!"
Vor langen Jahren war ich einmal einen Tag lang zu Besuch bei dem Grafen Leo Tolstoj auf Jasnaja Poljana. Ich sagte ihm offen, wie schlimm sich seine Propaganda auf die Jugend in dem russischen Riesenreich auswirke, von dem ich ein großes Stück zwischen Samarkand und Tula auf der größten Reise meines Lebens gerade kennengelernt hatte. Das gebe eine moralische und politische Revolution, wenn diese Generation aufgewachsen sei, eine Revolution von mindestens dem Umfange der großen französischen mit all ihren Greueln. Da wurde der kleine Greis mit seinem grauen Umhängebart böse und sagte:
"Sie verstehen die neue Zeit nicht; heute müssen die Eltern den Kindern gehorchen!"
In Berlin und anderen deutschen Großstädten scheint das auch Mode werden zu wollen, vielfach aus Gründen nicht des intellektuellen, aber des ökonomischen Übergewichts. Es gibt noch manche jungen Leute, die etwas verdienen, aber sehr wenige über 50 Jahre, die Arbeit haben; so drehen sich die Verhältnisse um, wenn eine neue Hose, die Vater haben muß, im Parlament der Kinder beschlossen wird.
Hoffentlich geht auch diese Periode sehr, sehr bald vorüber. Nicht etwa, daß wir Zwang und Enge herbeisehnen, aber gegenseitige Achtung der verschiedenen Generationen, von denen die ältere die Tatkraft und den Optimismus der jüngeren, die jüngere die Erfahrung und den Rat der älteren schätzt, beide zusammen aber endlich wieder eine Familie bilden und nicht eine zufällig zusammenwohnende Gruppe von Angestellten oder Arbeitern.
20. Oktober 1932 (Donnerstag)
9
Der alte Hutkoffer - Burgstraße Nr. 16 - Ein Münchener Bierkeller in Berlin - Hotels in der Reichshauptstadt - Das Jubiläum von Adlon - Der "Ketzer" im Rundfunk.
Wenn in unseren Breiten die Bäume im Herbst als gute Hausväter, um überwintern zu können, den Saftstrom abstellen und die Blätter fallen lassen, gerät man ins Träumen von den Ländern Immergrün.
Dann lasse ich mir mal den ehemaligen Hutkoffer kommen. Er stammt noch aus der Zeit, wo die Damen eine große Bedachung trugen, während sie heute ihre paar Kappen in einem Zigarrenkistchen unterbringen könnten. Besagten ehemaligen Hutkoffer habe ich den klebewütigen Hotelportiers preisgegeben, während sie mir anderes Gepäck nicht verschmieren sollten. Also da auf dem "ehemaligen" sind die bunten Etiketts von diesem oder jenem Grand-Hotel aufgepappt, in dem ich jemals abgestiegen bin. Es mögen wohl an die hundert in verschiedenen Erdteilen sein, darunter ganz verblüffende, so jenes, das mitten in der ägyptischen Wüste liegt, aber - ein Schwimmbad im Hause hat. Die bunten Marken - es ist keine "besorgte" darunter, alle zeugen von wirklichem Aufenthalt - führen mich in der Erinnerung über Länder und Meere hinweg. Viele sind längst zerfetzt und überklebt, so die allererste aus Ostende, wo der Hutkoffer noch wirklicher Hutkoffer war. Und es sind nicht immer die Reklamebilder von großen, sondern manchmal nur von alten Hotels, so vom "Ritter" in Heidelberg, dem "Trompeterschlößchen" in Dresden, dem "Erbprinzen" in Weimar.
Sollte man es glauben, daß es so etwas idyllisch-altes - und doch mit allen modernen Bequemlichkeiten versehen - auch in Berlin gibt? In dieser Viermillionenstadt eines Kolonistenvolkes, das immer bedenkenlos (um eines "Durchbruchs" willen) alles Alte niedergelegt hat?
In der Burgstraße Nr.16 liegt das Hotel "Zum König von Portugal" auf der anderen Seite der Spree, gerade angesichts des ältesten Teiles des Königlichen Schlosses, still, ruhig, behaglich, und doch nur einen Katzensprung weit von den Museen und von der Verkehrsbrandung Unter den Linden.
Im Jahre 1699 ist es eröffnet worden. Als Freihaus, d.h. es brauchte weder Steuern zu bezahlen noch Soldaten im Bürgerquartier aufzunehmen. Es hat noch heute seine 32 Gastzimmer mit 40 Betten, nur daß es jetzt überall Zentralheizung, fließendes Warmwasser, in einigen auch Reichstelephon gibt; und das alles von 3,50 Mark an. Aber in den repräsentativen Räumen stößt man auf Geschichte.
"Dieser Saal, 200 Personen fassend, ist allerdings erst 130 Jahre alt, den hat Schinkel angebaut", sagt mir der Ganymed.
Dafür sind die Deckengemälde und der Stuck in einem kleineren Festraum ganz alt, ebenso die chinesischen Gobelins im Schreibzimmer. Da steht ja auch der Tisch, an dem Lessing, der hier wohnte, seine "Minna von Barnhelm" vollendet hat. Hier im "König von Portugal" hat Friedrich der Große zuerst die Barberina einquartiert, und im Zusammenhang damit - es ist aber kein Zusammenhang - wird von dem unterirdischen Gang erzählt, der, unter der Spree hindurch, das Haus mit dem Königlichen Schloß verband.
Vor mir liegt auf 8 Seiten engbeschriebenen Pergamentes die Stiftungsurkunde von 1699, die also beginnt:
"Wir, Friedrich der Dritte, von Gottes Gnaden Marggraff zu Brandenburg, des Heiligen Römischen Reiches Ertzkämmerer und Churfürst in Preußen, zu Magdeburg, Cleve, Jülich, Berg, Stettin, Pommern, der Kassuben und Wenden, auch in Schlesien zu Crossen Hertzog, Burggraff zu Nürnberg, Fürst zu Halberstadt, Minden und Cammin, Graff zu Hohen Zollern . . ."
Die Titel gehen noch eine Weile so weiter, sie füllen die erste halbe Seite, und dann heißt es, daß das Haus, "von Unserem Kammer Gericht ex concursu judicaliter erkaufft", der Catharina Elisabeth Wedigen, Witwe eines Geheimen Kammerdieners des Großen Kurfürsten, mit Schankkonzession und 2000 Talern Betriebskapital übergeben wurde.
Gäste des Hofes und Fremde von Distinktion stiegen hier ab. Noch im vorigen Jahrhundert hat Friedrich Wilhelm IV. hier manchmal ein Eisbein oder eine Bratwurst gegessen. In dem kleinen Saal pflegt heute der Reichsverband der Inhaber der Rettungsmedaille zu tagen. Das Bild des Stifters, Friedrich Wilhelms III., hängt da und das Bismarcks, der die Großkordons und Bruststerne fast aller Staaten besaß, nach eigenem Ausspruch aber nur auf eine einzige Auszeichnung stolz war, auf seine Rettungsmedaille; er hatte seinen ertrinkenden Reitknecht aus dem Wasser geholt. Aber dann saust man aus dieser historischen Atmosphäre im Fahrstuhl hinauf, findet sein ganz modernes Zimmer vor, wäscht sich in fließendem Wasser oder nimmt ein Bad, legt sich zu Bett und dreht am Telephon: Bergmann 9000.
Da meldet sich das Hotel Exzelsior am Anhalter Bahnhof, das größte des europäischen Kontinents.
Es hat eigene Kraft, eigenes Licht, eigenes Wasser und hatte - leider ist das Vergangenheit seit einigen Monaten - das schönste Bad Europas in seinem Kellergeschoß. Aber wer kann den Luxus dieser Mosaikhallen heute noch bezahlen? Wer kann 5,50 Mark für ein kombiniertes Bad "mit allen Schikanen" ausgeben? Die 50 Doppelzentner Koks täglich fraßen Geld, schließlich waren mehr Angestellte als Badegäste unten. Da machte der Besitzer, Elschner, kurzen Prozeß und baute das Bad zu einem Bierkeller um. Der erste richtig Münchnerische Bierkeller in Berlin, nicht so kahl wie das Löwenbräu dort, nicht so kitschig wie das Hofbräu, sondern schön und modern, mit immer guter Luft, billigen Preisen und - Massenbesuch. Die ganze Anhalter Straße steht abends voll von Privatautos. Aber auch mit Droschken und zu Fuß strömt alles her, und es ist alles genau so gemischt wie in München, neben dem "foinen" Generaldirektor der gänzlich ungepflegte arme Teufel, neben der preußischen Ministersgattin, die zu ihrem Becher Augustinerbräu das teuerste (Gänsebraten, 1,40 Mark) ißt, das kleine Tippfräulein, das für 50 Pfennig gefüllten Kohl mit Speckkartoffeln verdrückt. Wir sind eines Abends da und fragen. Da sind vom Frühschoppen an bereits 31 Hektoliter Bier ausgeschenkt worden! Das Münchener Hofbräu ganz in der Nähe kann demnächst zumachen, wenn das so weitergeht.
Aus eigener Erfahrung kenne ich in Berlin verschiedene Hotels. Einmal habe ich - der Besitzer ist durch und durch national - acht Tage im "Habsburger Hof" gewohnt und mich dort sehr wohl gefühlt. Ebenso gehören Fürstenhof, Zentralhof, Kaiserhof und die übrigen der Betriebsgesellschaft zu den von mir empfohlenen, während ich nie im Eden oder bei Heßler oder in anderen Gaststätten für das lackierte Berlin W absteigen würde.
Aber nun sei, nachdem ich vom ältesten und vom größten Gasthof gesprochen habe, der feinste von Berlin genannt, der gerade sein 25jähriges Jubiläum feiert: Adlon, das ehemalige gräflich Redernsche Palais Unter den Linden am Pariser Platz.
"Wer was ist oder wer was hat", der geht dorthin.
Wenn man mit einem Projekt nach Berlin kommt, um es einem Minister oder einem Bankier oder einem Generaldirektor vorzutragen, nimmt man natürlich nicht in einer kleinen Pension Quartier, sondern ergänzt seine Visitenkarte durch die Bemerkung: "z.Zt. Hotel Adlon". Und es sind nicht nur Hergereiste. Viele Gäste wohnen dauernd da, so bereits im 7. Jahr der französische Botschaftsrat Baron Denaint; oder Richard Tauber oder Fürst Henckel-Donnersmarck oder Max Pallenberg. Im Flügel nach der Wilhelmstraße zu ist es still und friedlich, Bedienung ist tags und nachts da, während im Privathaushalt doch mal das Mädchen Ausgang hat; und das Hotel ist um keinen Deut teurer als die übrigen. Außerdem kann man, wenn man in das Fremdengewoge sich mischt, immer interessanten Leuten begegnen. Ich denke an Molino v.Kluck und viele andere, die ich da kennengelernt habe; oder gerade eben, wo ich Frau Louis Adlon meinen Glückwunsch gesagt habe, bin ich bei ihr Fräulein Taliansky begegnet, übrigens einer Urdeutschen, dem allerersten Kätchen aus Meyer-Försters "Alt-Heidelberg", die bei der Première unter Lindau als Partnerin von Harry Walden spielte. Nicht weniger als der zehnte Teil der Zimmer bei Adlon ist ständiger Wohnraum von Jahresmietern. Das andere ist Fluten. Aus Deutschland und aller Herren Länder.
Louis Adlon, der noch heute, mit fast weißem Haar, Jagdreiter ist, fühlt sich allen gesippt und sorgt dafür, daß sie sich wohlfühlen. Und so international er sich selbstverständlich als Gastherr in allen Sprachen gibt, - in seinem innersten Herzen lebt noch die große Liebe für das alte, mächtige, saubere Deutschland.
Es hatte Mühe gekostet, bis der Kaiser dem Grafen Redern die Erlaubnis gab, das historische Palais für einen Hotelbau herzugeben. Es mußte sein. Sonst waren Rederns bankerott. Dann war vor 25 Jahren der Kaiser bei der Eröffnungsfeier im Adlon, das damals noch dem Vater des jetzigen Besitzers, dem alten Lorenz Adlon, gehörte.
Der Kaiser staunte. So behaglich sei es in keinem seiner Schlösser.
Wirklich "alles da". Am Ende auch etwas, das die Dackel daran gewöhne, sich nicht auf Sofas zu sielen? Und er sagte zu seinem Hof- und Hausmarschall Frhrn. v.Lyncker:
"Fortan werden alle meine Gäste hier untergebracht."
Das Wort wurde gehalten.
Übrigens wundern sich sogar die Besucher von Paris über den Ruf dieses Hauses. Im Café de la Paix dort tragen sämtliche Mosel- und Rheinweine die Marke Adlon.
Das ist wirklich, in allen Erdteilen bekannt, ein Stück Deutschland geworden, ein Stück des großen Deutschlands, wie wir es einst alle gekannt haben und wie wir es wieder haben wollen. Trotz allen Widerbellens der undeutschen Intellektuaille, die heute noch jede Gelegenheit ergreift, einen deutschen Nationalisten in ihrem Spülwasser zu ertränken. Ihr ist es am meisten auf die Nerven gefallen, daß nun auch der Rundfunk sich den Alfred Kerr und Genossen verschließt. Und man denke: statt dessen hält C.M.Köhn die satirische Wochenplauderei ab, der nicht nur im Scherlschen "Tag" unter K seine Glossen schreibt, sondern auch die nationalsozialistische "Brennessel" herausgibt. Also auf ihn mit Gebrüll! Er hat ein geradezu unanständig-freches Gedicht der Intellektuaille gegen die nationalen deutschen Frauen am vorigen Sonnabend an den Pranger gestellt, ein Gedicht, dessen sanfteste - es gibt noch saftigere - Verse lauten:
"Wir waren Ehefrauen mit Stoppuhr und Überwindung. |
Dieser "Ketzer", der das Gedicht verdammt, muß also verbrannt werden. Findet sich nichts ins einem Vorleben? Halt: er hat einmal ein Theaterstück "Was ist denn nur mit Balduin?" geschrieben; und das sei - noch viel gemeiner gewesen.
Nicht, daß ich wüßte. Es war eine Schwanksatire auf den van-de-Velde-Rummel, eigens für den Wasserfall-Sprecher unserer Bühnen geschrieben, das bekannte "Ekel" Max Adalbert, der nun seine Wortkaskaden über die - hormonische und unhormonische Ehe losließ. Um van de Veldes Willen wurde der Verfasser beschimpft. Man versuchte, ihn um Amt und Brot zu bringen. Die Presse der Rechten aber hat damals nicht etwa über Gemeinheit geschimpft.
Gemein ist nur, was Deutschlands Macht, Stärke, Moral untergräbt.
Gayl, werde hart!
27. Oktober 1932 (Donnerstag)
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