Regiment —.

Humoristische Plauderei von Freiherrn v. Schlicht.
in: „Das Kleine Journal” Nr. 177 vom 29. Juni 1896,
in: „Abendblatt”, (Chicago Ill.), vom 13.07.1896 und
in: „Türke und Stachelschwein”


Zum ersten Mal steht das Regiment auf dem großen Exerzierplatz. Bisher hat man nur in den Kompagnien, höchstens einmal im Bataillon „gewurzelt”, nun aber hat der Herr Oberst die Sache selbst in die Hand genommen, jetzt geht's los. Kein anderer Mensch kann irgend etwas so gut machen wie wir selbst — wenigstens nach unserer eigenen, allein maßgebenden Ansicht. Dies gilt natürlich noch viel mehr beim Militär. Der Häuptling, der beim Exerzieren seines Lieutnants zusieht, hat im Stillen tausenderlei zu tadeln und auszusetzen; der Herr Major ist absolut nicht damit einverstanden, wie die Herren Hauptleute ihre Kompagnien ausbilden, und wenn ein Major und Bataillons­kommandeur auch kein Säugling mehr ist, sondern unter tausend Fällen neunhundertneunundneunzig Mal ganz genau weiß, was er will, so ist er nach der Ansicht des Herrn Oberst doch mehr oder weniger ahnungslos. Infolge dessen haben sich bei dem Exerzieren durch die Unfähigkeit der Lehrer allerlei Fehler eingeschlichen, die Disziplin ist nicht so, wie sie wohl sein könnte, es ist kein rechter „Zug” in der Sache — das wird nun aber Alles anders werden, das Regiments­exerzieren nimmt seinen Anfang und bei der Gelegenheit wird der Herr Oberst den Kerls und den Herren Kerls einmal zeigen, was eine Harke ist.

Die Bataillone, jedes für sich in der Breitkolonne, stehen nebeneinander, die Herren Bataillons­kommandeure halten etwa dreißig Schritt vor der Mitte ihres Bataillons — vor der Mitte des Ganzen hält auf seinem großen Rappen der Herr Oberst, ihm zur Seite sein Adjutant — was der Letztere seinem Herrn werth ist, weiß oft nur der Herr selbst zu beurtheilen. Es soll Regiments­kommandeure geben, die schon lange „a. D.” oder z. D. wären, wenn sie nicht von ihren Adjutanten gehalten würden. Ein Regiments­adjutant ist allmächtig und darum werben um seine Gunst die Stabsoffiziere nicht minder als die jungen Lieutenants, die, wenn sie an den älteren Kameraden ein Goldstück im Pfennig-Skat verloren haben, nach ihrer Meinung zum mindesten ein Anrecht auf ein sechsmonatliches Kommando nach Berlin besitzen.

Nun blitzt es durch die Luft — der Herr Oberst hat zum ersten Mal vor der Front seines Regiments den Degen gezogen, und wenn Zeus, um einmal wieder zu Ansehen und zu Würde zu gelangen, seine Donnerkeile ergreift, kann dies auf seine Unterthanen keinen größeren Eindruck machen, als wenn der Herr Oberst, wie man sich kurz ausdrückt, „zieht”. Uebrigens hat dieses Wort „ziehen” auch noch eine andere Bedeutung — man bezeichnet mit diesem Ausdruck den Marsch nach halbrechts oder halblinks. Infolge dessen passirte einem blutjungen Lieutenant einmal ein kleines Malheur. er sollte seinen Zug vorexerzieren: er that es und erwarb sich die Zufriedenheit seiner Vorgesetzten, aber als er das Kommando gab: „Halbrechts — marsch”, zog er plötzlich sein Schlachtenschwert.

„Aber so lassen Sie doch den Säbel stecken, Herr Lieutenant,” rief man ihm zu.

Der aber beendete erst ruhig den Marsch nach halbrechts, kommandirte dann: „gerade—aus”, und steckte dann sein Schwert wieder in die Scheide.

Und als man ihn befragte nach dem Grund seines sonderbaren Benehmens, gab er zur Antwort, er habe nur das Reglement befolgt. Man holte das Buch herbei und fand dort verzeichnet: „Marsch halbrechts, halblinks. (Ziehen.)” Der kleine Lieutenant hatte geglaubt, bei diesem Kommando „ziehen” zu müssen — er soll es übrigens nie wieder gethan haben.

Die Augen des Herrn Oberst schweifen prüfend über die vor ihm stehenden Bataillone — nun hebt er sich etwas im Sattel — allgemeine Spannung und Aufmerksamkeit, und nun das scharfe Kommando: „Regiment stillstehen.”

„Stillgestanden,” kommandiren die Bataillons­kommandeure ein jeder für sein Bataillon nach, wie aus Erz gegossen stehen die Leute, nur im dritten Bataillon wackeln noch einige Helmspitzen nach, das liegt daran, daß der Herr Major mit seinem Kommando später fertig wird als seine „Kollegen”, denn er kommandirt nicht „Stillgestanden”, sondern „Stiiiiiillgestanden!”

„Regiment rühren,” befiehlt der Herr Oberst und „Rührt Euch” befiehlt jeder Major für sein Bataillon.

„Die Herren Stabsoffiziere,” ruft der Herr Regiments­kommandeur und sie, die gerufen, setzen den Säbel vorschriftsmäßig auf die rechte Lende und reiten zu dem, der da in gewissem Sinne für sie die Frage entscheidet, über die schon ein Hamlet sich vergebens den Kopf zerbrach.

„Da giebt's was auf den Hut,” flüstern die Hauptleute einander zu — sie haben bei dem Bataillons­exerzieren vor dem Herrn Major so viel Liebenswürdigkeiten zu hören bekommen, daß sie, gutmüthig, wie sie im Grunde ihres Herzens sind, wünschen, daß Derjenige, der bisher nur gab, endlich auch einmal empfängt.

Im Karriere kommen die Herren Bataillons­kommandeure zurück und gleich darauf befiehtl der Herr Oberst zum zweiten Mal: „Regiment stillstehen.”

Und dieses Mal klappt es, denn der Herr Major vom „dritten” kann plötzlich gar kein „i” mehr aussprechen und kommandirt: „Stllgestanden.”

„Regiment — das Gewehr über.” Das hört sich so einfach an und ist doch so schwer.

„Das Gewehr über — über — üüüber,” drei verschiedene Kommandos, wo es doch darauf ankommt, daß der Griff gleichzeitig von den drei Bataillonen ausgeführt wird.

„Aber meine Herren! Regiment Gewehr ab und rühren.”

„Gewehr ab. Rührt Euch.”

„Die Herren Stabsoffiziere,” tönt es abermals und sie, die gerufen, setzen den Säbel vorschriftsmäßig auf die rechte Lende und reiten zu dem, der da in gewissem Sinne für sie die Frage entscheidet, über die schon ein Hamlet sich vergebens den Kopf zerbrach.

Dieses Mal dauert die Unterredung schon bedeutend länger, und je länger sie dauert, desto mehr freuen sich die Kerls und die Herren Kerls — die Mannschaften und die Subaltern-Offiziere, denn „rühren” ist nächst dem Schlafen für jeden Soldaten die angenehmste Beschäftigung.

Was da voren vor der Front verhandelt wird, hört man natürlich nicht, aber wer nicht zu thöricht ist, kann sich sein Theil denken.

Nun kommen die Herren im Galopp zurück und gleich darauf befiehlt der Herr Oberst zum zweiten Mal: „Regiment stillstehen und Gewehr über.”

„Stillgestanden — das Gewehr — über.”

Schön war es immer noch nicht, aber es ging doch schon bedeutend besser, weil die beiden Bataillons­kommandeure, die die Flügel-Bataillone haben, sich mit ihrem Kommando nach dem Herrn in der Mitte gerichtet haben.

Nun hebt der Herr Oberst seinen Degen:

„Regiment —”

„Bataillon,” kommandirt jeder Major.

„Marsch,” ruft der Herr Oberst und senkt seinen Degen.

„Marsch,” rufen die Herren Bataillons­kommandeure und senken auch ihrerseits den hoch emporgehaltenen Degen — aber wer da glaubt, daß die drei Bataillone nun gleichmäßig mit dem linken Fuß antreten, der irrt sich. Wohl fliegen die linken Beine in die Höhe, aber der Tritt ist nicht rein, und so kommandirt denn der Herr Oberst mit lauter Stimme:

„Regiment —”

„Bataillon —”

„Halt.”

„Halt.”

Gleichzeitig senken sich die Degen, aber trotzdem hält das eine Bataillon heute, das andere morgen.

„Regiment Gewehr ab und rühren.”

„Gewehr ab — rührt Euch.”

„Die Herren Stabsoffiziere.”

Aber mals setzen sie, die gerufen, ihren Säbel vorschriftsmäßig auf die Lende und reiten im Galopp nach vorne. Und dieses Mal dauert die Unterhaltung der hohen Herren noch länger als vorhin, aber als die Versammlung sich endlich auflöst und abermals das Ankündigungskommando „Regiment” ertönt, nimmt sich Jeder vor, sich die größte Mühe zu geben. Sie thun es auch und so fliegen denn diesmal die Beine gleichzeitig hoch und werden gleichzeitig wieder niedergesetzt.

„So ist der Tritt gut,” ruft der Herr Oberst.

Die Herren Stabsoffiziere freuen sich über dieses Lob, aber die Kerls selbst ärgern sich eigentlich darüber, ihnen wäre es viel lieber, die Sache wäre minder schön, damit sie bald wieder zum Rühren kämen.

Vorläufig ist dazu aber keine oder wenig Aussicht vorhanden, denn der Herr Oberst ist froh, daß er sein Regiment endlich in Bewegung hat, und hütet sich, es vorzeitig zum Stehen zu bringen. Mit seinem Adjutanten reitet er im gestreckten Galopp von einem Bataillon zum anderen — Alles sehend, und was er trotzdem übersieht oder vielleicht gar nicht merkt, sieht der Adjutant.

„Die Fahne des zweiten Bataillons geht nicht geradeaus,” ruft er dem Kommandeur zu und dieser versäumt nicht, sofort den Fehler zu rügen.

„Das zweite Bataillon geht nicht geradeaus,” ruft er mit Stentorstimme, „die Zwischenräume werden nicht gehalten, die Fahne geht ganz nach —

„Links,” flüstert der Adjutant.

„Nach links — noch mehr rechts der Fahnenträger, noch mehr — Herr Major, der Mann hat keine Ahnung.”

Endlich haben der Herr Oberst und sein Adjutant den Mann da, wo sie ihn haben wollen, aber schon wieder bemerkt das scharfe Auge des Adjutanten einen Fehler.

„Das erste Bataillon marschirt nicht auf Vordermann,” flüstert er und der Herr Oberst ruft:

„Das erste Bataillon hat nicht eine Spur von Vordermann — Herr Major, das Bataillon schiebt sich hin und her — das geht so nicht, Herr Major.”

Aber auch dieser Schmerz geht vorüber, die wenigen Bewegungen, die das Regiment im Tritt marschirt, sind in wenigen Minuten erledigt, dann kommt das schwierige Thema, das „Treffen-Formiren”.

Das ist nun schon bedeutend unangenehmer, sowohl für den Herrn Oberst, der, wenn er seiner Sache nicht ganz sicher ist, dabei eine heillose Konfusion anrichten kann, als auch für die Herren Bataillons­kommandeure.

Durch das Regiment selbst aber geht, als der Befehl kommt: „Auf das erste Bataillon zwei Treffen formiren — hundert Schritt Abstand und Zwischenraum” ein Seufzer der Erleichterung — und die Kerls irren sich nicht — kaum haben die Stabsoffiziere ihren ersten Befehl gegeben, um die Bataillone dahin zu bringen, wo sie hin sollen, als es auch schon wieder heißt:

„Regiment —”

„Bataillon —”

„Halt.”

„Halt.”

„Gewehr ab und rühren. Die Herren Stabsoffiziere.”

Dann geht die Unterredung von Neuem los, wie der Befehl am kürzesten und klarsten zur Ausführung hätte gelangen können — es dauert lange, ehe der Oberst über diesen Punkt sich ausgesprochen hat. Aber endlich weiß er nichts mehr zu sagen, er entläßt die Herren, läßt die alte Formation wieder einnehmen und will „den letzten Vers” nochmal durchmachen.

Sei es aber nun, daß er sich nicht klar genug ausgedrückt hat, sei es, daß er zu deutlich geworden ist — genug, die Sache geht wieder nicht und abermals heißte es::

„Regiment —”

„Bataillon —”

„Halt.”

„Halt.”

Ach, wie Jeder, der den Staub als Hurrah-Reveille(1) schluckt, sich freut, wenn das Wort „Regiment —” an sein Ohr tönt. Schon der Abwechlsung wegen erheitert es sein Gemüth, denn sonst ist ja Alles „Bataillon”. Ein Bataillon ist im Kriege tausend Mann stark — im Frieden heißt es, selbst wenn man nur einen einzigen Mann exerziert, „Bataillon — marsch”, und will man, daß dieser Jüngling, über den man sich beim Exerzieren beinahe die Schwindsucht an den Hals ärgert, uns einmal seine schöne Seite, den Rücken, zuwendet, so wird bei dem Kommando, damit besagter Jüngling sich um seine Längsachse dreht, aus dem „Bataillon” sogar „Ganzes Bataillon”. Auch in der Kommandosprache spricht man bei dem Militär stets in Hyperbeln — wenn ein einzelner Kavallerist eine Stunde zur Strafe reiten muß und sein Pferd in die für den Reiter unangenehme Gangart des Trabes bringen soll, so sagt man nicht: „Meyer, mein Junge, nun reite Trab”, sondern man kommandirt: „Escadron Trrraaab!”

Mit dem Ausdruck „Regiment” wird die Truppe endlich mit dem Titel belegt, der ihr zukommt — das Militär ist ebenso empfindlich wie der Civilist, der doch auch mit seinem wahren Namen angeredet zu werden verlangt — der Nachtwächter wird wüthend, wenn man ihn Nachtrath nennt, und der Soldat, der ganz allein auf einem zehn Quadratmeilen großen Exerzierplatz Wendungen übt, fühlt sich geuzt, wenn man zu ihm „ganzes Bataillon” sagt.

Je kleiner die Abtheilung ist, desto mehr wird jeder Einzelne gesehen — daher ist das Rekrutenexerzieren, selbst wenn die ersten Schwierigkeiten überwunden sind, so anstrengend — das Regiments­exerzieren ist im Vegleich damit die reine Badereise. Naß wird man nie(2) bei dieser — dafür sorgen der Himmel und die Vorgesetzten — aber man hat auch seine Erholung und seine Ruhe. Man kann seine Knochen mehr schonen und man schont sie auch, denn jeder Soldat ist so erzogen, daß er das thut, was er kann. Viel Wahres liegt in dem Wort, das der Einjährige seinem Vater schrieb: „Die Bummelei hat ihren Höhepunkt erreicht — das Regiments­exerzieren hat begonnen.”

Am schönsten ist es bei dem Regiments­exerzieren, wenn das Gefecht beginnt, und glücklich, dreimal selig die Kompagnie, die den ehrenvollen Auftrag erhielt, die Avantgarde zu übernehmen. Im Kriege ist dieser Befehl wohl nicht so ganz willkommen, denn es steht fest, daß die Offiziere, die die Spitze führen, fast immer abgeschossen werden, im Frieden aber, um mit Fritz Reuter zu sprechen, „ännert sick de Sack”. Da geht man mit seinen paar Leuten bis auf achthundert Meter todesmuthig an den Feind heran und schickt dann eine Meldung, daß man allein weiter vorzugehen nicht im Stande sei, gleichzeitig meldet man, wie viel Flaggen sich „auf der anderen côté” gezeigt haben. Dann legt man sich auf den Bauch und wartet, bis die Unterstützung kommt; unter Umständen liegt man eine Stunde und noch länger und strampelt vor Vergnügen mit den Beinen in der Luft.

Inzwischen hat der Herr Oberst die Meldung erhalten und versammelt um sich den Kriegsrath. Er selbst hat vor dem Ausrücken den markirten Feind instruirt, wann, wie und wo er sich zeigen soll — er hat sich ganz genau überlegt, wie er sich dem Gegner gegenüber verhalten will, und so spricht er denn klar und bestimmt zu seinen Stabsofizieren: „Das Regiment wird den Feind angreifen und ihn zurückzudrängen versuchen” — daß er den Führer des markirten Feindes angewiesen hat, sich zurückzuziehen, sobald der Angreifer seine letzte Kompagnie einsetzt, sagt er nicht. Um so größer steht er nachher da, wenn der Gegner, dank seinem mustergültigen Angriff, „abbaut”(3) — dann ist er mit sich selbst und dem „Regiment” sehr zufrieden. Und das ist doch schließlich die Hauptsache.

Selbstverständlich giebt es auch unter den Regiments­kommandeuren Lichter und ebenso Ge — — Leuchter wie in jedem anderen Stand und in jedem anderen Beruf.

Unvergeßlich wird mir der Tag des ersten Regiments­exerzierens bleiben, das ich vor vielen, vielen Jahren mitmachte. Der Herr Oberst bekleidete erst seit Kurzem die sehr schwierige und verantwortliche Stellung des Regiments­kommandeurs. So war es nur natürlich, daß ihm sein Herz etwas unruhig schlug und daß er mit Besorgniß dem Kommenden entgegensah. Um nur nicht zu spät zu kommen, war er schon in aller Frühe mit seinem Adjutanten fortgeritten, und an dem Eingang des Exerzierplatzes ließ er sein Regiment an sich vorbeimarschieren. Aber als eine Kompagnie nach der andern an ihm vorbeizog, als der Heerbann gar kein Ende nahm, schüttelte er sorgenvoll das Haupt, und zu seinem Adjutanten gewendet, sprach er die inhaltsschweren Worte: „So viel Menschen, so viel Menschen.”

Und plötzlich wußte er gar nicht mehr, was er mit so viel Menschen anfangen sollte, und beim Exerzieren bekam er die Truppen absolut nicht dahin, wo er sie hinhaben wollte. So nahm er bei dem Gefecht an, daß ein anderes Regiment, dessen rechter Flügel da angenommen wurde, wo sich im Gelände eine Strohwiepe befand, links vor ihm im Kampfe wäre — er wollte rechts der Strohwiepe zur Unterstützung des Nachbarregiments in das Gefecht eingreifen. Aber er mochte es anfangen, wie er wollte — er kam nie rechts der Strohwiepe vorbei, sondern immer links.

Da zeigte sich wieder, was ein Regiments­adjutant werth ist: der gab seinem Gaul die Sporen, so daß es aussah, als wenn der Schinder mit ihm durchging, und ritt die Strohwiepe einfach über den Haufen. Als er sie wieder in die Erde steckte, stand sie auf einmal dreihundert Meter mehr links und nun endlich kam das Regiment dahin, wohin es sollte.

Wie jedes Kompagnie- und Bataillons­exerzieren endet auch stets das Regiments­exerzieren mit einem Parademarsch — das ist immer so gewesen und wird stets so bleiben, zu Beginn des Exerzierens ist noch nie ein Parademarsch gemacht worden.

Die Kompagnien bauen sich, jede für sich in Linie, hinter einander auf und dann erfolgt der mit Recht so beliebte „Parademarsch in der Regimentskolonne”.

Der Herr Oberst hält mit den Stabsoffizieren vor der Front des Regiments. Er selbst kommandirt das Antreten, und ruft er „Regiment — marsch”, so fangen die Spielleute an zu schlagen und gleichzeitig tritt die ganze Kolonne an. So schön bummeln wie hierbei kann man nie wieder. Eine dichte Staubwolke, von mehr als zweitausend Füßen — und was für welchen — aufgewirbelt, fliegt durch die Luft und hüllt das Ganze in ein geheimnißvolles Dunkel. Ob da Einer die Knie durchdrückt oder die Fußspitzen zur Erde nimmt — wer kann das sehen?

„Regiment — halt.”

„Gewehr — ab.”

Der Parademarsch ist vorüber und damit das Regiments­exerzieren — nicht für immer, aber für heute; um das, was morgen ist, kümmert sich kein Mensch, es ist genug, daß ein jeder Tag seine Plage hat.

„Das Regiment steht morgen früh um 6 Uhr auf demselben Platz wie heute zum Exerzieren,” heißt es Mittags bei Parole und am nächsten Morgen wiederholt sich dasselbe Bild.

„Regiment —”

„Bataillon —”

ertönt es auch dann wieder und der Ruf hört nicht auf, bis die Besichtigung seitens Sr. Exzellenz des kommandirenden Herrn Generals erfolgt ist.

Und glücklich der Kommandeur, der dann nicht für immer Abschied nimmt von seinem so geliebten „Regiment”!


Fußnoten:

(1) In der Buchfassung: „Hurrah-Kanaille”. (zurück)

(2) In der Buchfassung: „Naß wird man wie . . .”. (zurück)

(3) Soll wohl in Wirklichkeit heißen „abhaut”. [D.Hrsgb.] (zurück)


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