Die Kommandeusen(1).

Militärische Humoreske von Freiherr von Schlicht.
in: „Richtung, Fühlung, Vordermann!” und
in: „An die Gewehre”


Das Offizierkorps feiert heute wie alljährlich mit einem Liebesmahl seinen Stiftungstag und nicht nur die Herren Leutnants, sondern auch die verheirateten Herren haben am Nachmittag ihre Wohnung verlassen, um die häuslichen Penaten, vorläufig völlig unbekannt „wann und wie”, gelegentlich einmal wiederzusehen. Natürlich findet das Liebesmahl ohne Damen statt, einesteils der Damen wegen, damit die aus Ärger und Scham nicht rot und blaß werden, wenn ihre Männer anfangen, blau zu werden, dann aber auch der Herrn wegen, damit diese in aller Ruhe umso mehr trinken können. Die Herren sitzen im Kasino — die Damen des Regiments aber hat zur Feier des heutigen Tages die Kommandeuse um sich versammelt in echt kameradschaftlicher Weise, aber trotzdem natürlich streng nach der Anciennität. Als die Damen sich zu Tisch setzen — es gibt drei warme Gänge und hinterher sogar eine süße Speise mit Schlagsahne — hat die Kommandeuse scharf darauf gehalten, daß die Damen genau nach dem Dienstrang ihrer Männer Platz nehmen, selbstverständlich mit dem liebenswürdigsten Lächeln: „Nicht wahr, meine liebe Frau Berkau, Sie setzen sich dorthin, und Sie, meine liebe Frau von Schuler, nein, bitte nicht dort, wenn ich bitten darf, einen Platz weiter herunter, wenngleich es natürlich an und für sich ganz gleichgültig ist, wie wir sitzen.”

„Das glaubst du ja selbst nicht,” denkt die kleine Frau von Schuler, dann setzt sie sich gehorsam einen runter und wartet mit den Anderen der Gänge, die da kommen sollen. Gleich darauf wird serviert, auch der Wein wird eingegossen und heute gibt es sogar auch Sekt, natürlich nur deutschen Schaumwein, aber der ist gerade am heutigen Tage geeignet, das patriotische Gefühl für die Erzeugnisse des schönen deutschen Vaterlandes zu erwecken und dann ist er auch wesentlich billiger als der französische. Dafür schmeckt er aber auch schlechter. Aber vorläufig stehen die Sektgläser nur auf dem Tisch, um angesehen zu werden. Sie werden erst vollgeschenkt, wenn der Rehrücken serviert ist und gleich darauf schlägt die Kommandeuse an ihr Glas. Die Rede auf das Regiment steigt, auf das schöne Regiment, dem anzugehören auch die Damen die Ehre haben und dann folgt ein dreimaliges Hurrah. Aber um Gottes Willen kein Hoch, das ist jetzt auch im Kreise der Offiziersdamen verpönt.

Die Kommandeuse glaubt es dem Regiment, das sie soeben Hurrah leben ließ, schuldig zu sein, ihr Sektglas bis auf die Neige zu leeren. Dann aber wird ihr für einen Augenblick beinahe schlecht. Jetzt erst merkt sie, daß der Wein nach dem Pfropfen schmeckt. Aber nur nichts davon sagen, denn dann schmecken es die Anderen plötzlich auch alle und da die Flasche schon ausgeschenkt ist, nimmt der Weinhändler sie natürlich nicht zurück. Und schließlich, so schlimm schmeckt man den Pfropfen auch nicht heraus, besonders dann nicht, wenn man von dem Wein nicht mehr trinkt. Und wenn die anderen Damen den Sekt ebenfalls nicht mehr anrühren, umso besser, dann wird weniger oder garnichts getrunken und die Gesellschaft kostet ohnehin genug. Der große Rehrücken alleine 22 Mark! Es ist garnicht zu schildern, was die gesellschaftlichen Verpflichtungen für Geld verschlingen und dabei bekommt sie als Kommandeuse nicht einmal staatliche Repräsentationsgelder.

Ob wohl von dem Rehrücken noch genug für morgen Mittag übrig bleibt? Das ist ihre Hoffnung, aber auch ihre Furcht, wenn sie fortwährend ihren Damen zuredet, nur ordentlich zuzulangen. Die Stimme will ihr zwar dabei fortwährend in der Kehle stecken bleiben, aber sie weiß, was sie sich und ihrer Stellung schuldig ist.

Die Unterhaltung ist, nachdem der offizielle Teil des Mahles erledigt wurde, lebhafter geworden. Man spricht von allen möglichen Dingen, in erster Linie natürlich von den neuen Moden, denn es will bald Frühling werden und alle freuen sich darauf, sich nun wieder hübsch anziehen zu können. Und nun erst die neuen Hüte, die sie bald aufsetzen werden. Allerdings ist die Wahl nicht leicht, zu welchen der vielen Hüte man sich bei der gemeinsamen Putzmacherin entschließen soll.

Bis dann plötzlich aus dem Mund der Kommandeuse das Wort ertönt: „Ich habe meine ganzen Frühlings- und Sommerhüte schon.”

Ein allgemeines „Ah” des Erstaunens und der Verwunderung folgt. Mit stolzer Genugtuung bemrkt die Kommandeuse die Wirkung ihrer Worte, aber triumphieren wird sie erst nachher, wenn sie die Hüte zeigt, denn daß die Damen sie darum bitten werden, unterleigt für sie keinem Zweifel, und sollte sich diese ihre Vermutung doch nicht bestätigen, dann wird sie es ihren Damen einfach nahe legen, ihre Hüte zu bewundern.

Eine halbe Stunde später, nachdem man vom Tisch aufgestanden ist, werden die Hüte dann auf allgemeinen Wunsch auch wirklich vorgeführt, sie sind nach dem allgemeinen Urteil der anderen Damen einfach scheußlich, schon deshalb, weil nur die wenigsten von ihnen imstande sind, sich selbst so teure Hüte zu kaufen, aber doch finden sie sie alle bezaubernd, entzückend und einfach süß. Und stehen tun sie der Frau Oberst einfach glänzend.

„Nicht wahr, meine Damen,” meint die Kommandeuse, „die Hüte sind hübsch, hübsch und einfach, wie sich das für uns gehört. Unsere Putzmacherin wollte mir zwar mit aller Gewalt einen Pleureusen-Hut aufreden, aber für solche extravaganten Hüte ist unsere Stadt doch zu klein und seitdem jetzt in Berlin jede Dame der Halbwelt eine Pleureuse trägt, nein, das ist denn doch nichts für uns.”

In Wirklichkeit hat die Kommandeuse nur deshalb keine Pleureuse, weil die zweihundert­fünfundzwanzig Mark kosten sollte und das war dem Herrn Oberst zu teuer.

„Aber gnädige Frau, es gibt doch auch sehr anständige und sehr vornehme Damen, die Pleureusen tragen,” ertönt da plötzlich die Stimme der kleinen Frau von Schuler. Die hat drei Tage und drei Nächte gebraucht, um ihren Mann dahin zu bringen, daß er versprach, ihr eine Pleureuse zu schenken. Sie freut sich auf die Feder, wie ein Kind auf Weihnachten, nun sieht sie die Pleureuse in der Versenkung verschwinden, noch bevor sie die hat, und sie sucht zu retten, was noch zu retten ist.

Einen Augenblick sieht die Kommandeuse die kleine Leutnantsfrau ganz starr an: „Die denkt doch nicht etwa daran, sich eine Pleureuse anzuschaffen? Imstande wäre die und hübsch genug ist sie dafür ja auch, aber trotzdem oder gerade deshalb — niemals! Und so sagt sie denn mit ihrem liebenswürdigsten Lächeln: „Gewiß, meine liebe Frau von Schuler (und sie betont die Worte „meine liebe” so stark, daß die Schuler sofort merkt, wie wütend die Kommandeuse ist) — gewiß, meine liebe Frau von Schuler, gewiß werden solche Hüte auch von sehr vornehmen Damen getragen, aber nicht bei uns, nicht bei uns im Regiment, das wäre ja ungefähr dasselbe, als wenn eine von uns sich einen Hosenrock anschaffen wollte, und solange ich die Ehre habe, dem Regiment an der Seite meines Mannes vorzustehen, möchte ich denn doch nicht, daß alle Modetorheiten auch bei uns um sich greifen.”

„So, meine liebe Frau von Schuler, das verdaue nun erst mal,” denkt die Kommandeuse und auf allgemeinen Wunsch setzt sie ihre Hüte dann nochmals auf, während die kleine Leutnantsfrau an sich halten muß, um nicht in Tränen auszubrechen, denn sie weiß, wenn sie es nun noch wagen sollte, sich die Pleureuse zu kaufen, oder sich in der sogar auf der Straße zu zeigen — nein, sie ist gewiß nicht feige, aber so viel Mut hat sie denn doch nicht.

Was der Herr Oberst für die Offiziere, das ist die Kommandeuse für die ihr unterstellten Damen, sie ist in jeder Hinsicht tonangebend und wer es da wagt, sich besser und eleganter zu kleiden, der wehe. Und doch hat die Kommandeuse nicht einmal etwas zu befehlen, sondern sie kann nur bitten, aber sie bittet so liebenswürdig und so eindringlich, daß keine ihr zu widerstehen wagt: „Nicht wahr, meine liebe Frau Baronin, das versprechen Sie mir, Sie tragen die wundervolle Perlenkette nicht wieder, die Sie neulich Abend auf dem Ball um den Hals gelegt hatten? Die Kette ist herrlich und Ihr Mann muß Sie sehr lieb haben, daß er Ihnen so kostbare Geschenke macht, aber diese Perlen sind zu wertvoll. Jede von uns gönnt Ihnen natürlich den kostbaren Besitz von ganzem Herzen, aber der erweckt trotzdem nur zu leicht den Neid der anderen Damen, deren Männer finanziell nicht so gestellt sind, wie der Ihrige. Und denken Sie auch, wie leicht kann die Kette einmal aufgehen, die Schnur kann reißen und wenn dann eine von den Perlen verloren ginge — das ist doch garnicht auszudenken. Nicht wahr, meine liebe Frau Baronin, schon Ihretwegen tun Sie mir den Gefallen und lassen die Kette fortan zu Haus.”

Und die Perlen verschwinden für immer in der Kassette, wo sie am tiefsten ist.

Über alles, was in den Familien vorgeht, ist die Kommandeuse, soweit es die Damen betrifft, unterrichtet. Das muß sie auch sein, das verlangt ihre Stellung, vor allen Dingen aber ihre Neugierde. Und so haben die meisten Kommandeusen unter den Regimentsdamen eine Vertraute. Du großer Gott, je höher einer steht, desto einsamer fühlt er sich.

„Nicht wahr, meine liebe Frau von Pfannschmidt, das begreifen Sie doch vollständig, daß auch ich mich gerne einmal aussprechen möchte? Mein Mann ist den ganzen Tag dienstlich in Anspruch genommen, des Abends ist er meistens todmüde und schließlich, was versteht auch ein Mann von unseren kleinen Sorgen und dem, was uns innerlich beschäftigt.”

Frau von Pfannschmidt knickste in die Erde und fortan begleitet sie die Kommandeuse auf ihren Spaziergängen und bei den Einkäufen. Sie wird die Freundin der Frau Oberst, aber auch zugleich die beste Freundin aller anderen Damen. Und um diese Freundschaft braucht sie garnicht erst zu bitten, die wird ihr förmlich aufgedrängt, denn wenn es auch natürlich nichts nützt, schaden kann es ganz bestimmt nicht, sich mit der Vertrauten der Kommandeuse gut zu stehen. Frau von Pfannschmidt kommt aus den Kaffeetassen und aus dem Napfkuchen gar nicht mehr heraus, sie ist fortwährend eingeladen und alle sind sich darüber einig, sie sei ein so bescheidener und selten liebenswürdiger Gast, sie besitzt die große Gabe, zuhören zu können, ohne, wie die meisten anderen Menschen, selbst fortwährend sprechen zu wollen. Alles vertrauen die Anderen ihr an, schon zum Zeichen, daß sie in ihr wirklich ihre beste Freundin sehen, vor der sie gar keine Geheimnisse haben. Und sie können ihr auch vertrauen, denn sie wissen, Frau von Pfannschmidt sagt nichts weiter, eher beißt sie sich die Zunge ab, das hat sie selbst gesagt.

Und sie selbst erzählt auch wirklich nichts weiter, aber wenn sie gefragt wird, muß sie doch Rede und Antwort stehen und die Kommandeuse fragt so gern und so viel. Aber nicht aus Neugierde, o nein, die liegt ihr völlig fern, sondern nur, weil sie ein so warmes und herzliches Interesse an ihren Damen nimmt, sie ist doch in gleicher Weise allen die beste Freundin, die sie sich nur wünschen können. Und ihre mütterliche Fürsorge geht so weit, daß sie eines Tages die Frau Hauptmann von Borchfeld aufsucht. Die hat eine neue Köchin bekommen und der zahlt sie fünfundvierzig Mark Lohn im Monat. Allerdings soll diese Ida eine Perle sein, Frau von Pfannschmidt hat ihr von einem Hammelrücken vorgeschwärmt, den sie bei Borchfelds aß und der geradezu ein Gedicht gewesen wäre. Aber fünfundvierzig Mark Lohn? Das ist unerhört, sie selbst gibt ihrer Anna nur dreißig und die kocht doch auch sehr gut, wenn auch nicht so vollendet, wie diese Ida es tun soll. Aber fünfundvierzig Mark? Das darf die Frau Hauptmann einfach nicht mehr geben, die verdirbt ja die Preise und wenn es sich herumspricht, welch hohen Lohn sie bezahlt, dann verlangen alle anderen Köchinnen ja auch mehr.

Das setzt sie der Hausfrau auch auseinander und solange redet sie auf sie ein, bis die schließlich sagt: „Gnädige Frau, ich würde Ihre Bitte ja gerne erfüllen, aber ich habe diesen Lohn nun einmal mit der Köchin vereinbart und kann den nun doch nicht plötzlich reduzieren, denn dann setze ich mich einfach dem aus, daß die Köchin mir kündigt, und was dann?”

Das Gespräch hat die Wendung genommen, die die Kommandeuse erhoffte, aber sie hütet sich, ihre Freude zu verraten, sondern sagt nur leichthin: „Eine Hausfrau wie Sie findet jeden Tag eine andere Köchin und Sie täten wirklich gut, ihr zu kündigen. Einen solchen Lohn zu beanspruchen, ist direkt eine Unverschämtheit, wir leben hier doch nicht in Berlin oder Hamburg. Wenn Sie wirklich nicht gleich eine andere Köchin finden sollten, ich will Ihnen gerne meine Anna überlassen, ich finde schon eine andere. Sie sehen, ich handele völlig uneigennützig, ich denke dabei nur an die Allgemeinheit, denn es darf einfach nicht um sich reißen, daß unsere Köchinnen derartige Ansprüche stellen.”

Als die Kommandeuse eine halbe Stunde später geht, küßt sie die Frau Hauptmann zärtlich auf die Stirn: Sie hat ihren Zweck erreicht, der Perle wird gekündigt, Anna tritt an ihre Stelle und die Frau Oberst wird sich nach einer neuen Köchin umsehen. Sie weiß schon, wo sie die findet und sie weiß schon heute, daß die Ida heißen wird. Frau von Pfannschmidt wird das schon machen, die wird der Ida schon zureden, den Dienst bei ihr anzutreten, und sie wird ihr dann keine fünfundvierzig Mark zahlen, sondern höchstens fünfunddreißig und Ida wird auch schon damit zufrieden sein, wenn sie sieht, daß hier in der Stadt keine höheren Löhne gezahlt werden.

Sie ist glücklich, daß ihr Plan gelungen ist, aber noch glücklicher darüber, ein gutes Werk getan und die Frau Hauptmann von dieser teueren Köchin befreit zu haben.

Besonders ängstlich wachen die Kommandeusen(2) natürlich darüber, daß ihre Damen in moralischer und sittlicher Hinsicht völlig makellos dastehen. Skandalgeschichten kommen in den Kreisen der Offiziersdamen, wenn überhaupt, so doch nur ganz vereinzelt vor, denn die Damen achten von selbst darauf, daß ihr guter Ruf keinen Schaden leidet. Aber die Kommandeuse war selbst einmal jung und lebenslustig, da hatte(3) ihr ein bildhübscher junger Leutnant auf Tod und Leben den Hof gemacht. Gott sei Dank, sie war schon damals verheiratet und liebte ihren Mann noch mehr als heute, aber trotzdem, wenn sie nicht „sie” gewesen wäre, eine andere an ihrer Stelle hätte sich vielleicht doch von diesen Liebesgeständnissen betören lassen. Gewiß, es wäre damals ihre Pflicht gewesen, ihrem Mann alles zu gestehen, aber der Andere war so lieb und so gut, er meinte es so ehrlich mit seiner Liebe, er wollte sie sogar heiraten, wenn sie Wittwe würde oder sich scheiden ließe. Ach, und er hatte so wunderhübsche braune Augen und solch bezaubernd schönen Mund. Gewiß, es war eine Sünde, so etwas zu denken, aber sie hätte diesen Mund so rasend gerne einmal geküßt. Und doch hatte sie dieser Versuchung widerstanden, schon deshalb, weil „er” viel zu anständig war, die Frau eines Kameraden um einen Kuß zu bitten.

Aus eigener Erfahrung weiß sie, in welche Versuchung selbst die anständigste Frau geraten kann, und so hält sie mit aller Strenge darauf, daß der Flirt im Regiment stets in engsten Grenzen bleibt. Und wenn eine der Damen einmal Strohwitwe ist, dann wacht sie über die doppelt und dreifach, läßt sie kaum aus den Augen und achtet darauf, daß der Einsamen niemand zu nahe tritt. Denn wenn die Frau ihren Mann auch noch so sehr liebt und wenn ihre Treue auch über jeden zweifel erhaben ist, das war damals auch bei ihr der Fall und doch nahte die Versuchung. Und nicht jede besitzt wie sie die Energie, selbst einem noch so harmlosen Kuß aus dem Wege zu gehen.

Und wenn trotz aller ihrer doch etwas im Regiment passieren sollte, so ist sie die Mitschuldige, man macht sie mit verantwortlich, denn sie hätte die Augen besser aufmachen und die Beteiligten, vor allen Dingen aber ihren Gatten aufmerksam machen müssen. Die Schuld, die sie dann mittrifft, rächt sich an ihrem Mann, der bekommt dann vielleicht seinen Abschied und das soll ihr gerade noch fehlen. Hat sie es bis zur Kommandeuse gebracht, will sie auch Exzellenz werden und dann, wenn sie kein weibliches Offizierkorps mehr unter sich hat, dann mögen die tun und lassen, was sie wollen, dann können sie Pleureusen tragen, denn dann hat sie auch welche, dann können sie der Köchin fünfundvierzig Mark Lohn geben und noch mehr, denn dann hat sie selbst einen teuren Koch, der Gatte hat es ihr versprochen, und dann mögen die Damen flirten und sich den Hof machen lassen, wie ja auch „er” ihr den Hof machte. Aber vorläufig geschieht nur ihr Wille. Mögen die anderen Damen darunter auch seufzen und stöhnen, was geht es sie an? Sie hat sich ja auch früher fügen müssen, bis sie Kommandeuse wurde. Jetzt aber ist sie es und so sehr sie ihrem Mann auch ein schnelles Avancement wünscht, für sich selbst hofft sie, daß sie noch etwas die Kommandeuse bleibt — sie ist unter den Damen des Regiments die erste, und so schön das Gefühl dieser Macht auch ist, noch viel schöner ist es, diese Macht andere fühlen lassen zu können.


Fußnoten:

(1) In der Fassung von „An die Gewehre” heißt der Titel dieser Erzählung: „Die Kommandeuse”. (zurück)

(2) In der Fassung von „An die Gewehre” steht dieser Satz im Singular: „Besonders ängstlich wacht die Kommandeuse natürlich darüber . . . ”. (zurück)

(3) In der Fassung von „An die Gewehre” heißt es: „da hat ihr”. (zurück)


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