Buren und Briten. Von Adolf Stein. Stuttgart, Chr.Belser, 1900. (Zeitfragen des christlichen Volkslebens. B.XXV Heft 1.)
„Überall erwacht die Begier nach näherer Kenntniß über das Wesen dieses wundersamen Völkchens dort unten im schwarzen Erdtheil”, sagt der Verfasser auf S.2 seiner fesselnd geschriebenen Abhandlung. Er will uns nun nach eingehenden Studien und nach Berichten, die er von Reisenden gehört hat, über Land und Leute unterrichten. Gar freundlich urtheilt er über den Transvaaler, den der Freistaatler gutmüthig-spöttisch mit dem Spitznamen „Vaalpenz” (Faulbauch) belegt, günstig fällt auch der Spruch über den „Blikoor” (Blechohr) aus; das ist der merkwürdige Beiname der Oranjer. Ausführlich werden wir mit den Sitten und Gebräuchen der beiden Volksstämme bekannt gemacht, auch Proben ihrer Lyrik werden uns vorgelegt. S.17 heißt es: „Der eigentliche Kulturträger in Südafrika ist der Holländer, der in langsamer Arbeit doch das ganze gewaltige Gebiet, in das die Engländer nur immer nachdrängten, erschlossen hat.” Der Engländer bringe nur „Talmikultur”. Von S.18 an giebt Stein eine kurze Übersicht der Geschichte Transvaals und des Oranjestaates; aus ihr hervorgehoben sei die vielleicht nicht allgemein bekannte Thatsache, daß „die 4700 Quadratmeilen Landes, welche die Holländisch-indische Kompagnie im Jahre 1771 nach hundertzwanzig Jahren von ihrer Landung an besaß, bis auf den letzten Zoll den Eingeborenen ehrlich abgekauft worden sind.”
Es folgt der Bericht über die Entdeckung der Goldfelder und der Diamanten, die die Buren ziemlich kühl ließ, in ihrem Lande aber eine große Umwälzung herbeiführte. Von C.Rhodes und der Gründung der Chartered Company wird uns erzählt. Durch Vergleiche mit deutschen Verhältnissen wird uns deutlich veranschaulicht, was für unbegründete Rechte die Engländer den „Uitlanders” verschaffen wollten; der prächtige „Jameson-Ritt” kommt zur angemessenen Darstellung; ebenso der „Afrikanerbund” und die Rüstungen der Buren zu dem nun unausbleiblichen Kampfe gegen die Briten. Das S.40 wiedergegebene Gedicht Klaus Groths „An die Buren in Transvaal” zeigt uns, welcher Theilnahme sich die Buren in Deutschland erfreuen.
Von dem Wunsche ausgehend, auch den Briten gerecht zu werden, forscht der Verfasser nach den Beweggründen zum Kriege. Er meint, es handle sich dabei für England nicht um die Goldfelder. „England muß sich in Südafrika behaupten, um militärisch seine Weltmacht zu behaupten; und es will ganz Afrika gewinnen, um ein geschlossenes Absatzgebiet zu bekommen.” Ja, Großbritannien sieht in Südafrika sein reichstes Absatzgebiet in der Zukunft.
Von diesem Standpunkt aus, der etwas Versöhnendes in sich schließt, will Stein die Politik Englands beurtheilt sehen; ja, das moderne „ganze Länderverschluckgeschäft” (S.45) führt er auf das Bestreben zurück, „sich mit gepanzerter Faust zukünftige Absatzgebiete zu sichern, von denen der heimische Produzent leben kann.” Aber Recht muß Recht bleiben: auch bei einer solchen „Politik der Nothwehr” dürfen nicht Mittel angewandt werden, die das Gewissen nicht billigen kann.
Die letzten Seiten der interessanten Schrift sind der Wiedergabe der Verhandlungen gewidmet, die unmittelbar dem Anfange des Krieges vorangingen; darauf kann hier nicht näher eingegangen werden. Den Schluß bildet eine Betrachtung über die Stellung Deutschlands zu den kriegführenden Parteien.
Die kurze Inhaltsangabe des Buches möge dazu anregen, die werthvolle Schrift zu lesen.
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© Karlheinz Everts