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„Adolf Stein”
„Adolf Stein”

Wilhelm II.


1. - 5. Tausend
Leipzig 1909
Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung
Theodor Weicher
  Index der Personennamen

Inhalt
Nach der schwarzen Woche der Monarchie Seite 7
Der Kaiser und England Seite 17
Das "impulsive" Krügertelegramm Seite 29
Bismarcks Entlassung Seite 41
Flügeladjutantenpolitik Seite 49
Der Kaiser in Dichtung und Wahrheit Seite 59
 
Der Zustand der Armee Seite 72
Deutschlands Seegeltung Seite 86
Unsere Hofjuden Seite 96
Bernhard von Bülow Seite 106
Die Rückständigkeit der politischen Technik Seite 114


Vorwort

König Wolfdieterich ward in Feindesland hart bedrängt, der treue Berchtung aber kämpfte in der Vorhut, mit ihm seine fünf Söhne. Jedesmal, wenn einer der Söhne fiel, wandte sich Berchtung lachenden Angesichts zum Könige um, damit dieser guten Mutes bleibe und den Verlust nicht merke. König Wolfdieterich steht wieder im Pfeilhagel, den treuen Berchtung kann ich noch nicht entdecken, aber ich möchte wohl einer seiner Söhne sein.

Adolf Stein.     
Berlin SW.48, den 10. Januar 1909
Wilhelmstraße 6.

Im „Hannoverschen Kurier” vom 2.Febr. 1909 findet sich eine Ankündigung des Buches „ Wilhelm II.&rdquo von Adolf Stein.

Unter dem Titel Wilhelm II. hat Adolf Stein ein Buch herausgegeben, das mit einer Reklame-Leibbinde versehen ist, die folgendes kündet: „Das Tagesgespräch von Europa: für den Kaiser – von einem Eingeweihten.” (Dieterichsche Verlagsbuchhandlung, Leipzig.) Der Verfasser des Buches ist der Wochenschauer der Luthardischen Kirchenzeitung, aus der wir in letzter Zeit viel zitiert haben. Seine Auffassung ist deshalb unseren Lesern bekannt. Scharf für Kaiser unter Belastung der Verantwortlichen, besonders Bülows. So ist sein Buch nicht ohne sehr ausgeprägte Tendenz, und es würde im einzelnen zu prüfen sein, wie dadurch etwa die Darstellung des reichhaltigen und interessanten Tatsachenmaterials, das für viele manches neue bringen wird, beeinflußt wird.


Am selben Tag steht in dieser Zeitung der Artikel:

Tendenziös!

In einer kurzen Notiz über das Buch Adolf Steins „Wilhelm II.” hatten wir gesagt, daß es „nicht ohne sehr ausgeprägte Tendenz” wäre. Der Ausdruck ist angezweifelt worden; aber er war in der Tat das mildeste, was gesagt werden konnte. Zwei Beispiele, die sich unmittelbar folgen, für viele. Als Präsident Castro Ende vorigen Jahres nach Deutschland kam, wurde folgende anscheinend offiziöse Meldung veröffentlicht:

„In der Presse wird gemeldet, der Kaiser habe das Auswärtige Amt angewiesen, dem Präsidenten Castro für das Begrüßungstelegramm an den Kaiser mündlich zu danken. Der Ausdruck „angewiesen” erscheint nicht ganz zutreffend. Die Art der Danksagung an den Präsidenten Castro für sein Telegramm ist vom Auswärtigen Amt dem Kaiser unterbreitet und dieser Vorschlag vom Kaiser genehmigt worden.”

Die Notiz sollte natürlich nur der Annahme vorbeugen, als ob sich der Kaiser um eine Höflichkeit Castro gegenüber besonders bemüht hätte, die Sache sei als eine Nummer unter vielen auf dem üblichen Dienstwege erledigt. Was aber bemerkt Herr Adolf Stein dazu:

„Stolz lieb' ich den Geheimrat. Wenn erst sein Genie entfesselt und der „störenden Einflüsse von oben” ledig ist, wenn erst der Kaiser zur Marionette degradiert wird, dann gehen wir dem goldenen Zeitalter entgegen.”

Und auf der nächsten Seite heißt es: Jetzt ist der Kanzler sicherer in seiner Stellung denn je —

„Wird aber der Bogen überspannt, so können wir Wunder erleben. Als Ludwig II. von Bayern – und er war doch völlig umnachtet – unter eine Regentschaft gestellt wurde rotteten die Gebirgler sich mit Heugabeln und Sensen und Stutzen zusammen und wollten gen München ziehen, den König aus der Gefangenschaft befreien. Auch in Preußen ist der Geist noch nicht ausgestorben, der sich auf den Fahnen der Bauern, die auf den Elbdeichen die Schwedenwacht hielten, in der Inschrift kundgab: „Wir sind Bauern von geringem Gut und dienen unserm Kurfürsten und Herrn mit Gut und Blut”.

Das genügt doch wohl, um die Behauptung, das Buch sei nicht tendenzfrei, zu rechtfertigen; es hat sogar eine sehr bedenkliche Tendenz, die im Interesse der endlich eingetretenen Beruhigung nicht ernst genug beklagt und nicht scharf genug zurückgewiesen werden kann. Sie wie auch die Steinschen Wochenrundschauen in der Luthardtschen Kirchenzeitung dienen weder dem Frieden noch der Monarchie, trotz aller schönen Redensarten. Die Tendenz der Schrift kann nur verstanden werden aus dem Unwillen einer bestimmten sozialen Schicht, einer extremen Parteirichtung über die, wie es scheint, sich anbahnende Wendung zu einer konstitutionelleren Form der Regierungspraxis; aus der Absicht, diese Wendung zu hindern und damit den Frieden zu stören.

***

Wir können hier wohl ohne Zwang folgende Notiz des „Deutschen Adelsblattes” anschließen:

„Die Bitte des Fürsten Bülow, nicht so viel zu kritisieren, hat uns gerührt. Wir bitten dagegen um ein konservatives Regiment; dann möge die Regierung ruhig jenen Kreisen die Kritik überlassen, deren Urteil für das Bestehen des Staates unwesentlich ist. Wenn man den „sachverständigen” Rat liberaler alter Weiber zu jeder Meinungsäußerung der Regierung einholt und befolgt, dürfte Preußen leicht dahin kommen, daß der König wieder mit einer roten Fahne über die Linden reitet.”


Und am 3.Februar 1909 liest man in der gleichen Zeitung:

Die Steinsche Schrift über Kaiser Wilhelm II.
wird fast in der ganzen Presse abgelehnt, nachdem einige Blätter im ersten Uebereifer lange Auszüge daraus gebracht haben. Die „Post” schließt eine Zusammenstellung von Zeitungsstimmen mit den Worten: „Im ganzen hat die deutsche Presse deutlich erkannt, daß die Broschüre wohl weniger aus Patriotismus als aus Egoismus geschrieben ist.” Ausnahmen sind freilich vorhanden; der "Reichsbote” singt noch heut das Lob des Buches, und Herr Erzberger widmet ihm in dem geduldigen „Tag” freundliche Worte; es gefällt ihm im Interesse der Erhaltung des monarchischen Gedankens. Daß Du die Nas' ins Gesicht behältst!


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© Karlheinz Everts