Im bunten Rock

Lustspiel in drei Akten

von

Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht


Aufführungen im Stadt-Theater zu Znaim
am

19.Jan. 1905


Besetzungsliste:

 1905

Fabrikant Wiedebrecht.
Hans, sein Sohn.
Missis Anny Clarkson, seine Nichte.
Leutnant Victor von Hohenegg.
Betty von Hohenegg, dessen Schwester.
Paul von Gollwitz, Assessor a.D.
Exzellenz von Troßbach, Divisions-Kommandeur.
Justiz-Rath Rösler.
Sergeant Krause.
Susanne ) Zofen der Missis Clarkson
Jeanette )
Frau Bäckers, Wirtschafterin bei Wiedebrecht
Friedrich, Diener
Stubenmädchen
Minna, Köchin
Kindsmädchen
Kutscher
Dienstmädchen
Jänicke, Soldat
Erster Soldat
Husar Christian, Bursche bei Hohenegg
Spielleitung:

Rud. Zanbauer
Karl Dietz
René Werner
Ernest Starey
Angi Geiger
Leo Grand
Hans Fiala
Hans Kuglis
Herm. Scheibner
Therese Bauer
Hedda Ramming
Marie Langhof
Karl Marfeld
Elsa Bartmann
Sofie Häuser
Hermine Skarisch
Vinzenz Kaiser
Valerie Deutz
Karl Mahrfeld
Josef Wilhelm
Anton Kirchtag
Leo Grand


„Znaimer Wochenblatt” vom 18.Jan. 1905:

Benefize Werner. Fräulein René Werner, unsere erste Heldin und Liebhaberin, hat Donnerstag den 19. d. ihr Benefize und gibt das reizende Lustspiel „Im bunten Rock” von Schönthan und Freiherr von Schlicht. „Im bunten Rock” ist eine sehr interessante und unterhaltende Novität, die in Wien mit sehr großem Erfolg gegeben wurde. Frl. Werner hat die Hauptrolle in Händen, und wird dieselbe, wie nicht anders zu erwarten ist, vorzüglich geben. Wir sind überzeugt, unsere erste Liebhaberin, deren schönes Talent erst kürzlich wieder so klar hervorgetreten sind [sic! D.Hrsgb.], wird, da Frl. Werner überdies eine hervorragende Novität bietet, an ihrem Benfize-Abend ein ausverkauftes Haus haben.

„Znaimer Tagblatt” vom 19.Jan. 1905:

Theater-Nachricht. Heute kommt als Benefiz-Vorstellung für die erste Liebhaberin Frl. René Werner die Lustspiel-Novität des deutschen Volkstheaters in Wien: „Im bunten Rock” zur ersten Aufführung. „Im bunten Rock” wurde vorige Saison zum ersten Male in Wien gegeben und ist seither am Volkstheater zum Zug- und Kassastück geworden.

Als Benefiz-Vorstellung kommt am Donnerstag, also an einem ungünstigen Tage für die Benefiziantin, der Schwank „Im bunten Rock” von Schlicht und Kadelburg zur Aufführung und wir legen für die so allgemein beliebte Künstlerin gern ein gutes Wort ein, wenn wir alle ihre Gönner und Verehrer bitten, bei dieser Vorstellung vollzählig zu erscheinen. Auch das Stück ist des Besuches wert und wird Beifall finden. Ueber „Im bunten Rock” schreibt uns ein Kenner des Stückes:
„Freiherr von Schlicht, der flotte Militärhumorist, und Schönthan, der alte Praktikus auf dem Gebiete dessen, was die Massen unterhält, haben sich gefunden. Das Ergebnis dieses Findens ist ein militärischer Schwank, der Originalität der Handlung wie nicht minder Charakteristik der Hauptpersonen, somit also alles besitzt, was man von einem Schwanke mit dem Prädikate „gut” verlangen muß. Daß sich die Zuhörer unterhalten, ist bei den witzigen Episoden zu erwarten, mit denen Schönthan und Schlicht nicht kargen. Der Schwank — der Untertitel „Lustspiel” ist entschieden eine Herab­würdigung dieser Spielgattung — reizt alle Darsteller zu flottem Spiel. Da ist vor allem als Hauptfigur Viktor v. Hohenegg zu nennen, der die Idealität eines preußischen Leutnants in seiner Liebenswürdigkeit, seinem Stolze, seinem heiteren, frohen Soldatensinn, unaufdringlich und einfach und doch wiederum so überaus lebendig verkörpert. Reizend klingt aus Missis Clarksons Mund das deutsch-amerikanische Kauderwälsch. Ein echtes, mit all dem Scherz und Ernst dieses Standes vertrautes Soldatenkind ist Betty von Hohenegg. Wie sie die Bestimmungen des Dienst­reglements nur so heraussprudelt und den Befehlston des Sergeanten nachahmt, dürfte besonders dem miltärischen Teil unserer Theaterfreunde Spaß zu machen.”

„Znaimer Wochenblatt” vom 21.Jan. 1905:

Donnerstag, den 19. d. hatte Fräulein René Werner ihre Einnahme. Mit dem Schönthan-Schlicht'schen Lustspiel „Im bunten Rock” hat Fräulein Werner eine gute Wahl getroffen. Die beiden adeligen Herren haben sich eine ganze Reihe lustiger Szenen ausgedacht. Der preußische Leutnant spielt da wieder einmal die Hauptrolle. Man kommt ja in neuester Zeit aus den Militärstücken schon gar nicht mehr heraus. Der Leutnant Viktor v. Hohenegg und die Amerikanerin Missis Anny Clarkson, die sich natürlich schließlich kriegen, sind flott gezeichnet. Missis Clarkson ist nach Europa herübergekommen, um einen Aristokraten zu erobern, wie das jetzt so Mode geworden ist. Als Leutnant Viktor von Hohenegg ihren Weg kreuzt, ist sie natürlich sofort Feuer und Flamme, wie es anders auch gar nicht denkbar ist. Daneben läuft noch ein anderes Liebespaar und diese beiden jungen Leutchen sind eigentlich viel interessanter. Das Hauptliebespaar wechselt die gewöhnlichen abgedroschenen Phrasen, Hans und Betty aber erheitern das Publikum, es ist ziemlich viel Komik vorhanden bei ihrer Liebesaffaire. Eine sehr gute Figur ist auch der Assessor Paul von Gollwitz. Dem Fabrikanten Wiedebrecht hätten die beiden Autoren etwas mehr Sorgfalt zuwenden können, es hätte sich noch viel Besseres aus dieser Figur machen lassen. Die Aufführung des Lustspiels war eine gute. Fräulein Werner, welche bei ihrem ersten Auftreten den üblichen Benefizianten­empfangs­applaus erhielt, spielte die radebrechende amerikanische Millionärin in eleganten Toiletten und in der prickelnden und fesselnden Weise, mit der die routinierte, talentvolle Schauspielerin ihre Lustspielrollen stets ausführt. Das Publikum spendete der Benefiziantin reichen Beifall und prächtige Blumenspenden. Herr Starey gab den, die amerikanische Herzensfestung stürmenden Leutnant flott, elegant und gewandt. Sehr brav war Herr Zanbauer als Fabrikant Wiedebrecht, Herr Grand nicht schlecht als Paul von Gollwitz. Fräulein Geiger war entzückend als Betty von Hohenegg, und Herr Dietz als Hans bedeutend besser als wir vorausgesetzt hatten. Die Rolle liegt dem jungen Schauspieler besser als der Octave, auch wurden jedenfalls mehr Proben abgehalten als vom „Hüttenbesitzer”. Herr Scheibner spielte den Sergeanten Krause vortrefflich, und Fräulein Raming sah reizend aus als Jeanette und gab die kleine Rolle mit feiner Pikanterie. Die Regieführung war tadellos, das Tempo so ziemlich das richtige.

„Znaimer Tagblatt” vom 21.Jan. 1905:

„Znaimer Stadttheater.” Donnerstag, den 19. d. M. „Im bunten Rock”, neues Lustspiel von Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht, wie es auf dem Zettel heißt; eine derart marktschreierische Bezeichnung von Theaterstücken ist an einem Stadttheater wohl nicht nötig. Uebrigens ist an diesem Lustspiel gar nichts neu, die Idee ist alt und die Witze noch älter, besonders die Kasernenhofblüten des Sergeanten. Der Hauptreiz des Ganzen liegt wohl in dem militärischen Charakter, den es trägt. Es ist überhaupt auffallend, daß jetzt so viele militärische Lustspiele, Possen und Operetten auf den theatralischen Markt geworfen werden; soll durch diese Hervorkehrung der heiteren Seite des Soldatenstandes Beyerlein und vielleicht auch Bilse ein Paroli geboten werden? „Im bunten Rock” verrät ja die bühnenkundige Hand Schönthans, doch werden uns neben gut gezeichneten ganz unmögliche Menschen vorgeführt, zum Beispiel Wiedebrecht Vater und Sohn. Besonders gut gelangen den Autoren die Charaktere des Generals, des Lieutenants und des Assessors, das sind aber Figuren, die man schon hundertmal auf der Bühne gesehen. Gespielt wurde sehr gut. Herr Starey als Leutnant von Hoheneck [sic!! D.Hrsgb.] war vortrefflich, doch sollte er etwas mehr Acht haben, daß er sich nicht zu oft verspricht. Eine so unabsichtlich hervorgerufene Heiterkeit kann für einen Schauspieler vorläufig sehr verhängnisvoll werden. Fräulein Werner als Missis Clarkson war wie immer sehr gut, doch gab sie den übrigens ganz unnötigen deutsch-amerikanischen Jargon bald auf; ebenso vorzüglich spielte Frl. Geiger. In der Rolle des geradezu entsetzlich naiven Fabrikanten Wiedebrecht gab sich Herr Zanbauer redlich Mühe, den Anforderungen gerecht zu werden. Etwas zu grobkörnig stellte Herr Grand den Assessor Gollwitz dar; dieser ist zwar ein verbummelter Jurist, gehört aber doch der besten Gesellschaft an und muß sich auch dementsprechend benehmen. Herr Fiala als General in einer merkwürdigen Uniform, die alles eher als eine Generalsuniform war, spielte entsprechend. Herr Dietz war recht gut, doch noch zu sehr vom Souffleur abhängig. Herr Scheibner wirkte als Sergeant Krause sehr komisch, doch sollte er sich eine etwas strammere Haltung als Soldat angewöhnen. Frl. Ramming entsprach den an sie gestellten Anforderungen vollkommen, sie sprach die wenigen französischen Sätze korrekt und sah sehr hübsch aus. Die Ausstattung war gediegen, das der Benefiziantin zuliebe zahlreich erschienene Publikum ziemlich beifallslustig.



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© Karlheinz Everts