Im bunten Rock

Lustspiel in drei Akten

von

Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht


Aufführungen im Schauspielhaus zu Stralsund

am

6., 14., 18., 30.Nov. 1902, 15., 21., 29.Okt. 1906, 23. März 1913


Besetzungsliste:

190219061913

Fabrikant Wiedebrecht.
Hans, sein Sohn.
Missis Anny Clarkson, seine Nichte.
Leutnant Victor von Hohenegg.
Betty von Hohenegg, dessen Schwester.
Paul von Gollwitz, Assessor a.D.
Exzellenz von Troßbach, Divisions-Kommandeur.
Justiz-Rath Rösler.
Sergeant Krause.
Susanne ) Zofen der Missis Clarkson
Jeanette )
Frau Bäckers, Wirtschafterin bei Wiedebrecht
Friedrich, Diener
Stubenmädchen
Minna, Köchin
Kutscher
Stalljunge
Gärtnerbursche
Jänicke, Soldat
Erster Soldat
Zweiter Soldat
Husar Christian, Bursche bei Hohenegg
Gärtner
Spielleitung:

Albert Lau
Richard Laube
Frau Antonie Treutler-Reichenbach
Paul Korn
Marianne Schiller
Paul Senden
Dir. Ludwig Treutler
Josef Salten
Emil Wehrhahn
Eva Wagner
Martha Martins
Clara Natusius


Paula Schlegel



Erich Sterneck
Johann Reinhardt
Carl Palm


Dir. Ludwig Treutler

Felix Wraske
Heinrich May
Lotte Fraedrich
Ernst Stahl-Nachbaur
Else Strohecker
Otto Hunold
Albert Heinemann

Hellmuth Berndsen
Charlotte Sprengel


Paul Schultze
Frau Lici Lange
Frau Elise Cahnbley
Ferdinand Schweizer


Richard Lange


Friedrich Wilhelm Geng

Otto Hunold

Felix Wraske
Hans Dinghaus
Hermine Hansing
Reinhold Moser
Helene Dornau
Hans Jüngst
Otto Onken

Hans Grün


Adele Wraske











Felix Wraske


Stralsundische Zeitung vom 6.Nov. 1902:

Stralsund, 5. November. (Stadttheater.)
Donnerstag, den 6. November, gelangt eine Novität von Schönthan und von Schlicht das Soldatenlustspiel „Im bunten Rock” zur ersten Aufführung. Das Stück erlebte erst vor wenig Wochen am Berliner Königl. Schauspielhause seine sehr erfolgreiche Uraufführung und ist inzwischen an den meisten Bühnen erworben worden und in Vorbereitung. Beschäftigt ist in dem neuen Stück fast das gesammte Schauspiel­personal.

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Stralsundische Zeitung vom 8.Nov. 1902:

Im bunten Rock

Lustspiel von Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht.

Stralsund, 7.November 1902.

Einen amüsanten und lustigen Abend bereiteten gestern unserem Publikum die Herren Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht mit ihrem militärischen Lustspiel „Im bunten Rock”. Das muntere Stück befindet sich gegenwärtig auf dem Repertoire der Berliner Hofbühne. Der eine der Verfasser Franz von Schönthan ist bei unseren Theaterbesuchern seit vielen Jahren ein gern gesehener Gast, hat er ihnen doch fast in jedem Winter viele frohe Stunden verschafft, ihnen manch herzliches Lachen entlockt, sei es, daß er sich allein einfand, oder daß er Arm in Arm mit Moser oder Kadelburg, oder wie in jüngster Zeit mit Koppel-Ellfeldt erschien. Der zweite Verfasser Freiherr von Schlicht — oder wie er sich fern vom Parnaß nennt, Graf Baudissin — ist noch Neuling auf den weltbedeutenden Brettern. Doch ist er sicherlich hier in Stralsund auch schon bekannt durch Zeitungs-Feuilletons mancherlei Art und durch größere Arbeiten, die fast mit photographischer Treue zwar etwas einförmig aber doch meist belustigend die Freuden und Leiden des Soldatenstandes behandeln. Aber uns will bedünken, daß in den Schriften Schlichts die Leiden des Militärs allzustark hervorgehoben sind, daß seine Schilderungen etwas Verbittertes, um nicht zu sagen Gehässiges, anhaftet. Nun hiervon ist in dem Lustspiel „Im bunten Rock” glücklicherweise nichts zu spüren. Es ist so harmlos und gemüthlich, wie nur möglich. Man darf es wohl als eine Neu-Auflage bezeichnen vom „Veilchenfresser”, oder „Krieg im Frieden”, von „Militärfromm”, oder „In Civil”, oder wie die Militär-Komödien alle heißen mögen, an denen man sich vor zwanzig oder fünfundzwanzig Jahren weidlich ergötzte. Allerdings ist es eine sehr verwässerte Neu-Auflage von Stücken dieses Genres, ist es ein Konglomerat von allerhand bekannten Kasernenhofwitzen und militärischen Anekdoten.

Im Mittelpunkt der uns vorgeführten, in der Reichshauptstadt spielenden Begebenheiten — eine eigentliche Handlung oder Verwickelung fehlt natürlich dem Stücke — steht dieses Mal eine schwerreiche, junge Witwe, eine bildschöne Amerikanerin. Alles liegt ihr selbstredend zu Füßen, aber den Sieg trägt natürlich ein schneidiger Husaren-Leutnant davon, der alle Konkurenten, sogar seinen eigenen Divisions-Kommandeur, glänzend aus dem Felde schlägt. Ein großes Aufgebot von allerhand mehr oder weniger nebensächlichen Figuren, darunter allein neun dienstbare Geister, muß die Staffage zu dem Liebes-Geplänkel der beiden Hauptpersonen abgeben. Leicht zu entbehren wäre u. A. auch ein Assessor a. D., der bei anderen Leuten die gesellschaftlichen Arrangements trifft und junge Paare glücklich zu machen sucht. Man weiß nur nicht, was man mehr bewundern soll, die Dreistigkeit, mit der dieser junge Lebemann über andere von ihm ganz unabhängige Leute willkürlich disponirt, oder die Gutmüthigkeit, mit der sich diese alle die Uebergriffe gefallen lassen. Mit der Verlobung der Amerikanerin mit dem Leutnant schließt der zweite Akt, und eigentlich ist das Stück damit vollständig zu Ende. Aber dann wäre ja der Theaterabend nicht ausgefüllt! So entschlossen sich denn die Verfasser, noch einen dritten Akt anzuhängen, der glücklicherweise noch amüsanter ist, als seine Vorgänger. Hier tritt sogar eine leibhaftige Exzellenz auf und endlich kommt noch eine zweite Verlobung zu Stande. Dazwischen marschirt eine Abtheilung Soldaten auf die Bühne und führt allerhand Exercitien aus; ein vom Vater verwöhnter Einjähriger, der sich in den Drill gar nicht schicken will, begeht harmlose Thorheiten, über die man herzlich lacht; eine junge Dame kramt ihre militärische Kenntniß aus, und sucht dem Einjährigen aus der Patsche zu helfen, und ein Unteroffizier endlich flucht und wettert, daß es nur so eine Art hat. Mit einem Armeemarsche der aus dem Manövergelände abrückenden Truppen endigt das Stück. Unser Publikum war, nach dem lebhaften Beifall zu urtheilen, mit diesem Schluß sehr zufrieden.

Frau Treutler spielte die Hauptperson des Stückes, die junge reiche Amerikanerin, und traf den gebrochenen Dialekt recht gut. Ueber die originellen Wortverdrehungen wurde wiederholt herzlich gelacht. Ob sich die Zuschauer allerdings nach den einleitenden Szenen nicht doch ein anderes Bild von der äußeren Erscheinung der Alles in Banden schlagenden Amerikanerin gemacht haben, mag dahingestellt bleiben. Herr Korn gefiel als schmucker Husarenleutnant in dem letzten Akte des Stückes besser als in dem ersten. Er war übrigens so schneidig, daß er selbst, als er sich zum Ball-Souper setzte, den Säbel nicht ablegte. Auch sonstige kleine Verstöße militärischer Art passirten ihm. Herr Senden spielte den verschuldeten Assessor mit viel Humor; nur sollte der Künstler berücksichtigen, daß unser Theater nur klein ist, also im Konversations-Stück die Stimme nicht so sehr angestrengt zu werden braucht. Die übrigen Rollen waren gut vertreten: Herr Lau spielte den Fabrikanten Wiedebrecht, Herr Treutler den Divisions-Kommandeur und Herr Wehrhahn den Sergeanten Krause. Das zweite Liebespaar, das resolute, in militärischen Dingen erfahrene kleine Fräulein und der ungelenke, etwas einfältige Einjährige wurden von Fräulein Schiller und Herrn Laube sehr ansprechend dargestellt. Auch im Uebrigen wurde das Stück flott und munter gespielt.


Stralsundische Zeitung vom 17.Okt. 1906:

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Stralsund, 16.Oktober 1906.
„Im bunten Rock”, Lustspiel in 3 Aufzügen von Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht.
Die Offiziersstücke haben meist Glück auf der Bühne gehabt, seit Lessings „Minna von Barnhelm” das beliebte Milieu veranschaulichte, bis auf den oberflächlichen aber interessanten Moser. Aus den Lustspielen des letzteren haben die Verfasser des „Im bunten Rock” gar mancherlei entlehnt, und manche Erinnerungen, insonderheit an den vielbelachten „Veilchenfresser” wurden wieder erweckt. Diesmal heißt er Viktor von Hohenegg und die Dame, welcher dieser schon in seinem Namen das Siegertum zum Ausdruck bringende Jünger des Mars sich erobert, die Frau von Wildenheim des Stückes heißt Mrs. Clarkson und ist eine amerikanische Millionärin, die übrigens ein ebenso schauderhaftes — oder je nach Geschmack: allerliebstes Deutsch spricht, wie eine gewisse Dame in einem gewissen „Militärfromm” benannten Einakter, und von der Vicki zur Betty ist auch nur ein kleiner Schritt, ebenso wie wir in dem verliebten General, dem schüchternen Einjährigen, dem bärbeißigen Sergeanten und dem dummschlauen Burschen gleichfalls alte Bekannte begrüßen. Während jedoch in den Moserschen Lustspielen allerlei soldatische Scherze dem Rahmen einer bestimmten Handlung geschickt eingepaßt waren, ist die neue Kompaniefirma einen Schritt weitergegangen und hat den bunten Rock zum Selbstzweck erhoben. In ihrem Lustspiel ist das zweifarbige Tuch das Absolute und die Handlung ist gleichsam nur zur Wattierung des bunten Rockes benutzt worden. Aber dessen ungeachtet unterhält man sich recht gut. Die beiden Verfasser verfügen über genug Witz und Humor, um auch die Zuschauer bei bester Laune zu erhalten. Lustige, geschickt arrangierte Szenen folgen einander Schlag auf Schlag, und so amüsiert man sich auf das beste.

Da das Stück nur dankbare Rollen enthält, wurde auch durchweg mit Lust und Liebe gespielt. Frl. Fraedrich gab die Amerikanerin mit temperamentvoller Anmut und feiner Koketterie und radebrechte ihr Deutsch-englisch mit großer Virtuosität. Herr Stahl-Nachbaur war ein eleganter, ritterlicher Husarenleutnant, Herr May fand sich mit seinem Einjährigen angemessen ab und der polternde Sergeant Krause, der jedoch allerlei kleinen Liebesgaben ein einnehmendes Wesen entgegenbringt, fand in Herrn Berndsen einen prächtigen Vertreter. Mit feiner abgetönter Komik gab Herr Hunold den Allerwelts­assessor von Gollwitz, und von Routine zeugte das Spiel des Herrn Wraske. Aber wie wenig Rollen wird dieser Herr wegen seiner unglücklichen Figur in der kommenden Saison verkörpern können. Frl. Sprengel hätte bei größerer Sorgfalt mehr aus ihrer Susanne machen müssen. Große Phantasie gehörte aber dazu, in der Betty des Frl. Strohecker einen munteren Backfisch zu sehen. Ganz abgesehen von dem Aeußeren und der keinen besonderen Geschmack anzeigenden Kostümierung besitzt die Dame weder die Drollerie eines Backfisches, noch trifft sie den richtigen Ton für naive Herzensergüsse. Derartige Unzulänglichkeiten müssen wir entschieden ablehnen. Herr Geng fühlte sich als Bursche Christian in der Uniform durchaus nicht heimisch. Die übrigen kleineren Rollen waren angemessen besetzt, und das in dauernder Heiterkeit befindliche Auditorium bereitete dem Stück wie der Darstellung desselben die freundliche Aufnahme.


Stralsundische Zeitung vom 23.März 1913:

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Stralsund, 22.März. (Schauspielhaus.)
Für Fräulein Beatrice Stürzel, die einen Vertrag auf dem Standesamt abschließen wird, wird für den Rest der diesjährigen Spielzeit Fräulein Helene Dornau von Rostock als Naive eintreten und am ersten Festtag in dem Lustspiel „Im bunten Rock” eine Probe ihres Könnens ablegen, desgleichen Fräulein Hermine Hansing als erste Liebhaberin, sowie Herr Reinhold Moser, der für den nach erfolgreichem Gastspiel nach Erfurt engagierten Herrn Hans Grün für nächsten Winter in Frage kommt. Anstelle des Herrn Edelbert Gareis tritt Herr Hans Jüngst von Bielefeld zunächst für den Rest der Spielzeit, die bis Mitte April dauert.

Stralsund, 25.März 1913.
Im Stadttheater gelangte am Ostersonntag das bekannte Lustspiel „Im bunten Rock” von Franz von Schönthan und Freiherrn von Schlicht zur Aufführung. Der militärische Schwank, aus dem man auf Schritt und Tritt, sozusagen, den witzigen Militär­schriftsteller Schlicht heraushört und der im Grunde genommen nichts anderes als eine von dem gewandten Bühnendichter Schönthan für die Bühne bearbeitete Schlicht'sche Militärhumoreske darstellt, ermangelt zwar einer eigentlichen Pointe, ist aber reich an heiterer Situationskomik, an mehr oder weniger geistreichen Einfällen und Witzen, und so recht dazu angetan, das Publikum einen Abend hindurch auf das Angenehmste zu unterhalten. Auch vorgestern hallte der Theaterraum von herzhafter Heiterkeit wieder, für die neben dem lustigen Stück allerdings auch die flotte Darstellung sorgte, die die gebotene Gelegenheit, fröhliche Lustigkeit zu erzeugen, nach Kräften ausnutzte. Dazu war die Aufführung auch noch um deswillen interessant, weil sie uns mit einigen für den Rest der Spielzeit verpflichteten Kräften bekannt machte, die eventuell für ein Engagement in der nächsten Winterspielzeit in Frage kommen. In dem Stück selbst steht im Vordergrund des Interesses die reiche amerikanische Witwe Mrs. Clarkson, die von Fräulein Hermine Hansing dargestellt wurde. Die dankbare Rolle wurde von der Künstlerin mit großer Sicherheit und Gewandtheit und natürlichem Spiel verkörpert; Minenspiel, Haltung und Sprache verriet die begabte und reife Bühnenkünstlerin, doch wird man, ehe man ein abschließendes Urteil fällt, erst abwarten müssen, wie Fräulein Hansing sich in ernsten Rollen bewähren wird. Mrs. Clarkson Freundin Betty von Hohenegg wurde lebhaft und munter von Fräulein Helene Dornau wiedergegeben, die sich uns als eine recht nette Naive vorstellte und ihre nicht sehr umfangreiche Rolle gut spielte. Nicht so gut schnitten die neuen Vertreter männlicher Rollen ab, so zunächst Herr Reinhold Moser, der den Leutnant Viktor von Hohenegg gab. So erfolgreich in dem Stück des Leutnants Bewerbung um die Hand der reichen Wittib ist, so wenig Erfolge vermochte der Vertreter dieses Leutnants bei der Wiedergabe des Stückes zu erzielen. Sein Spiel war durchweg äußerlich, entbehrte der Tiefe, ließ jeglichen Schneid vermissen, und das zu einem ewigen Lächeln zusammengekniffene Gesicht fiel einem auf die Dauer auf die Nerven. Ebenso war der erste Eindruck, den wir von Herrn Hans Jüngst, dem Vertreter des Assessors a. D., von Gollwitz, gewannen, nicht gerade sehr günstig. Einen so schneidigen Allerweltsmenschen und Kauseur, wie ihn die Verfasser im Auge gehabt haben, stellt man sich denn doch etwas anders vor, als ihn Herr Jüngst mimte, der zudem nichts von der Eleganz zeigte, die man für diese Rolle unbedingt fordern mußte. Und wenn Herr Jüngst zu seinem Frack schon keine weißen Glacés anzog, dann hätte er sich wenigstens seine Hände pudern dürfen, damit sie nicht gar zu sehr leuchteten. Diesen beiden Herren gegenüber brillierten unsere heimischen bewährten Kräfte geradezu. So stattete Herr Wraske den Fabrikanten Wiedebrecht mit dem köstlichsten Humor aus; Herr Dinghaus führte seine Rolle als „gequälter” Einjähriger ganz famos durch; Herr Onken war ein liebenswürdiger, jovialer General und Herr Grün war ein preußischer Unteroffizier, wie er im Buch steht. Auch die Nebenrollen waren gut besetzt. Da Herr Wraske als Spielleiter für passende Bühnenbilder und flottes Zusammenspiel sogte, kam das gut besetzte, beifallsfreudige Haus voll auf seine Kosten.



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© Karlheinz Everts