Im bunten Rock

Lustspiel in drei Akten

von

Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht


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Aufführung im Stadt-Theater zu Riga

26., 28. Nov., 1., 6., 9., 11., 14., 19., 24.Dez. 1902, 2., 15.Febr. 1903, 26.Apr., 9.Mai 1904

Aufführung im Hagensberger Sommertheater zu Riga

7.7./20.7. und 9.7./22.7.1905


Besetzungsliste:

 1902/0319041905

Fabrikant Wiedebrecht.
Hans, sein Sohn.
Missis Anny Clarkson, seine Nichte.
Leutnant Victor von Hohenegg.
Betty von Hohenegg, dessen Schwester.
Paul von Gollwitz, Assessor a.D.
Exzellenz von Troßbach, Divisions-Kommandeur.
Justiz-Rath Rösler.
Sergeant Krause.
Susanne ) Zofen der Missis Clarkson
Jeanette )
Frau Bäckers, Wirtschafterin bei Wiedebrecht
Friedrich, Diener
Stubenmädchen
Minna, Köchin
Kutscher
Stalljunge
Gärtnerbursche
Jänicke, Soldat
Erster Soldat
Zweiter Soldat
Husar Christian, Bursche bei Hohenegg
Gärtner
Spielleitung:

Hans Fender
Leopold Saar
Frau Melanie Ermarth
Eduard Mathes
Gusti Schwartz
Bruno Harprecht
Carl Rückert
Carl Schmalz
Julius Klott
Else Proft
Lydia Bader
Frau Margarete Knöfler
Hans Nelius
Hedwig Weinrich
Marie (Mizi) Lang
Bernhard Butterweck

Carl Hoffmann
Alexander Obermaier
Hermann Weißbein
Hermann Rost
Paul Hermann
Albert Hardenberg
Willy Klein

Hans Fender
Leopold Saar
Frau Melanie Ermarth
Herr Werner a.G.
Ellen Roland
Bruno Harprecht
Carl Rückert

Julius Klott
Grete Schulte
Lydia Bader
Frau Margarete Knöfler
Hans Nelius

Mizi Lang



Alexander Obermaier


Paul Hermann

Willy Klein

Adalbert Lentz a.G.























„Rigasche Rundschau” vom 18.11.1902.

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„Dienas Lapa” vom 25.11.1902
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„Dienas Lapa” vom 29.11.1902
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„Rigasche Rundschau” vom 5.7.1905
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„Rigasche Rundschau” vom 8.7.1905

„Rigasche Rundschau” vom 27.11.1902:

Stadttheater.

Gestern hat ein lebendig anheimelndes Soldatenstück, das neue dreiactige Lustspiel „Im bunten Rock” von Franz v, Schönthan und Freiherr Schlicht, einer großen Zuschauermenge viel Belustigung bereitet durch Alles, was darin schwankartig ist; denn das wurde sammt und sonders recht wirksam gespielt. Die diesem Stücke innewohnende Fähigkeit zu unausgesetzter Erheiterung hätte aber zu noch weit vergnügsamerem Erfolg gebracht werben können, wenn die darin zugleich enthaltenen wirklich lustspielartigen Züge ebenfalls eine ihnen hinreichend entsprechende Darstellung gefunden hätten. Sie finden sich hauptsächlich in zwei Rollen, in der steinreichen jungen verwittweten Amerikanerin Anny Clarkson und in dem Husaren-Leutnant von Hohenegg, die miteinander jenen, aus früheren Lustspielen genügsam bekannten, immer aber kurzweilig prickelnden Liebeskrieg führen, der nach pikanten Evolutionen, zierlichen Zusammenstößen und drolligen Mißverständnissen, mi! einem Frieden endet, der zum beglückenden Herzensbündniß wird. Was wir nun in dem Lustspiele über die frappirenden äußeren Reize der jungen Millionärs-Wittwe aus Amerika erfahren, das können wir uns, zumal was das Antlitz und dessen fesselnd durchgeistigte Ausdruckslebendigkeit betrifft, auf der Bühne kaum glaubwürdiger verkörpert denken, als durch Frau Ermarth geschah. Ihrem allzu geflissentlich detaillirenden Spiele aber fehlte die rcchte innere Harmonie, fehlte der überlegene weibliche Humor, der in dieser Amerikanerin durch Naturanlage, durch besondere Glücksumstände und durch frühzeitig entwickelte Lebensanschauungen erzeugt wordcn ist. Die Künstlerin that zu viel in der raschen Folge bedeutsamer Blicke, vielsagender Wendungen des Kopfes und allzu ausdrucksvoller Betonungen. Sie war eben mit dieser Aufgabe in ein Darstellungsfach versetzt worden, das sie, bis jetzt wenigstens, noch nicht mi! der erforderlichen Freiheit und leichten Gemüthsstimmung beherrscht. Und ihr Partner, Herr Mathes, müßte vor Allem eine ihm bis jetzt noch fehlcnbe Kunst fein geschliffenen, bezeichnenden sprachlichen Pointirens und der entsprechenden beredtsamen Mimik erwerben, um den in so vielen Lustspielen vorkommendes Typus der auf dem Felde der Liebe stets siegreichen Leutnants überzeugend zu veranschaulichen, die sammt und sonders durch ihre offiziersmäßige Schneidigkeit und durch den merkwürdiger Weise ihnen Allen zu Gebote stehenden schlagfertigen Witz zu unwiderstehlichen Herzensbezwingern werden. Mit der dem Herrn Mathes eigenen Frische und Gemüthlichkeit des persönlichen Wesens allein kommt man dabei noch nicht aus.

Schon aus den vorstehenden Andeutungen über das Wesen dieses, zu den Hauptpersonen des Stückes gehörenden Paares ist zu erkennen, daß das Lustspiel Gestalten bringt, die in ihrer Beschaffenheit keineswegs neuartige Individualitäten sind. Das gilt auch von seinen übrigen Personen. Sie sind sammt und sonders nichts weiter als Variationen von Gestalten, die man aus unzähligen früheren Lustspielen und Schwänken kennt, die aber hierbei wieder mit einer ergötzlichen Geschicklichkeit und Komik zusammengeführt und einander gegenübergestellt sind. Unsere moderne Bühnen-Literatur erwartet eben immer noch das kommende wirkliche Lustspiel, dessen Erheiterungskraft tief innerlicher Natur ist und mehr als blos kurzweilige Unterhaltung bietet, das als Lustspiel überhaupt den geistigen Fond und die Charakterisirungsfrische der „Journalisten” enthält, die vorgestern, zu ihrem 50jährigen Jubiläum, in Deutschland an vielen Theatern aufgeführt wurden, und bdas speciell als Soldatenstück seinen dichterischen Segen von „Minna von Barnhelm” empfangen hat.

Bis ein derartiges Werk wiedei einmal auf den Plan tritt, muß man zufrieden sein, wenn Stücke kommen, die gar nicht auf tiefgehende kunstkritische Würdigung Anspruch erheben, sondern nur auf Erzeugung einer belustigenden Abendunterhaltung ausgehen, und das wird durch das launige Lustspiel „Im bunten Rock” in sympathischer Weise sreicht. Es wurde speciell gestern durch die Darstellung fast aller mehr oder weniger ins Schwankartige hinein schillernden Rollen erreicht. Zu diesen gehört noch nicht der bekannte, episodisch auftretende General, der einer verspäteten Liebesregung immer ritterlich entsagt, und der von Herrn Rückert gestern angenehm repräsentirt wurde. Um so mehr gehören zu ihnen der Fabrikant Wiedebrecht, dessen übereifrige Vaterliebe seinem Sahne Hans, dem Einjährig-Freiwilligen, die drolligsten Verlegenheiten im Dienst bereitet, die durch die militärischen Ungeschicklichkeiten des verliebten Sohnes zu wahren Ereignissen der Komik gesteigert werden. Die beiden Rollen fanden in den Herren Fender und Saar sehr belustigende Darstellung. — Für die amüsante militärische Gescheidtheit der zierlich-kecken Betty von Hohenegg, der Schwester jenes Husaren-Lieutenants, hätte das sehr sichere snd gewandte Spiel des Frl. Gusti Schwarz etwas temperamentvoller von innen heraus belebt sein müssen. — Mit der an ihm bekannten sehr beweglichen Komik gab Herr Harprecht den Allerweltshelfer Paul von Gollwitz, der mit seiner virtuosen Dienstwilligkeit ein ergötzliches Malheur nach dem andern erlebt. — Herr Klott als Sergeant Krause, sowie Fräul. Proft und Fräul. Bader als Susanne und Jeanette, Zofen der Missis Clarkson, machten ihre Sache recht gut. In Fräul. Bader schien sich sogar etwas wie eine werdende richtige Lustspiel-Soubrette zu verrathen. — Auch alle übrigen in kleineren Rollen Mitwirkenden trugen wirksam zu dem scherzhaften Ensemble bei, das unter der Regie des Herrn Klein erreicht wurde. Mit der preußisch-mililärischen Wirklichkeit nicht ganz übereinstimmend war manches in der Ausrüstung der Soldaten.
Friedr. Pilzer.



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© Karlheinz Everts