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„Allgemeine Zeitung”, München, Nr.281, vom 10.Okt.1903
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„Allgemeine Zeitung”, München, Nr.282, vom 11.Okt.1903
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„Allgemeine Zeitung”, München, Nr.286, vom 15.Okt.1903
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„Allgemeine Zeitung”, München, Nr.288, vom 17.Okt.1903
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„Allgemeine Zeitung”, München, Nr.298, vom 27.Okt.1905

Im bunten Rock

Lustspiel in drei Akten

von

Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht

 

 

Aufführung am 10., 11., 15., 17., 18., 21., 25., 30.Okt., 1., 5., 15.Nov., 6.Dez.1903, 7.Febr., 5.März, 18.Sept.1904 im Residenztheater und am 27.Okt.1905 im Kgl.Hoftheater zu München.


Besetzungsliste:

Fabrikant Wiedebrecht.
Hans, sein Sohn.
Missis Anny Clarkson, seine Nichte.
Leutnant Victor von Hohenegg.
Betty von Hohenegg, dessen Schwester.
Paul von Gollwitz, Assessor a.D.
Exzellenz von Troßbach, Divisions-Kommandeur.
Justiz-Rath Rösler.
Sergeant Krause.
Susanne ) Zofen der Missis Clarkson
Jeanette )
Frau Bäckers, Wirtschafterin bei Wiedebrecht
Friedrich, Diener
Stubenmädchen
Minna, Köchin
Kutscher
Stalljunge
Gärtnerbursche
Jänicke, Soldat
Erster Soldat
Zweiter Soldat
Husar Christian, Bursche bei Hohenegg
Gärtner
Spielleitung:

Ferdinand Suske
Gustav Waldau
Gretchen Swoboda
Mathieu Lützenkirchen
Elsa Brünner
Friedrich Basil
Eugen Gura
August Schröder
Otto König
Alexandra Kolbe
Marie Wimplinger
Anna Rohde
Heinrich Nachreiner
Katharina Zimmermann
Louise Werner
Karl Pfadisch

Kaspar Sedlmaier
Max Nadler
Fritz Lintner
Hans Lindmann
Ernst Trautsch
Karl Hildebrand
Friedrich Basil


In der „Allgemeinen Zeitung”, München, Nr.282, Abendblatt, vom 12.Okt.1903 liest man:

Kgl.Residenztheater

„Im bunten Rock”

Lustspiel von Franz v.Schönthan und Frhrn.v.Schlicht

Soldatenkomödien haben immer Erfolg: sie müßten schon ganz verzweifelt dumm gemacht sein, wenn sie ihn nicht haben sollten. Zur Fabrikation des Lustspiels „Im bunten Rock”, das - in Berlin längst Repertoirestück - Samstag nun auch bei uns zum erstenmal gegeben wurde, haben sich Franz v.Schönthan und der bekannte Verfasser von Militärhumoresken Frhr.v.Schlicht verbunden. Letzterer, mit seinem wahren Namen Wolf Graf v.Baudissin der Jüngere, hat unzählige lustige Soldaten- und Manövergeschichten, dann aber auch (im Verein mit seiner Frau) „Das goldene Buch der Sitte” geschrieben, eine Art modernen Anstands- und Komplimentierbuch, das übrigens ganz prächtig geschrieben und voll Humor ist. Dramatisches ist von ihm noch nicht in weitere Kreise gedrungen, aber der Erfolg seines „Bunten Rockes” hat ihm jedenfalls auch nach dieser Richtung die Wege geebnet. –

Wenn es überhaupt der Mühe wert wäre, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, so dürfte man sich die Arbeitsteilung wohl in der Art vorzustellen haben, daß Franz v.Schönthan die zivilistischen, Frhr.v.Schlicht die militärischen Unmöglichkeiten des Stückes verbrochen hat. Das Ding ist zwar sehr lustig, wenn es flott gespielt wird, strotzt aber geradezu von Unwahrscheinlichkeiten. Wir werden uns hüten, die mit Unrecht so genannte Handlung zu erzählen und so den einzigen Spaß zu verderben, der den Besucher dieser tollen Farce erwartet. Natürlich wird diese besonders in militärischen Kreisen Heiterkeit erregen, aber den Verfassern besonders dankbar zu sein, haben sie keine Ursache, denn eigentlich spielt das Militär im „Bunten Rock” doch eine überaus klägliche Rolle. Man läßt sich den schablonenhaften, forschen Leutnant und Herzensbrecher, so oft er auch schon da war, willig gefallen: er ist wenigsten nicht aus der Art geschlagen, aber was soll man von diesem blödsinnigen Einjährigen-Freiwilligen, dem seine intelligentere, im Reglement beschlagenere Militärbraut alle Geheimnisse des Dienstes souffliert, was von diesem Divisionskommandeur sagen, der jenen Ausbund militärischer Trottelosis noch protegiert nur deshalb, weil er der Vetter einer bildhübschen Amerikanerin ist, die den General wieder zum besten hält? Ein Negersprichwort heißt: Das Gräßlichste ist das Denken, und auf das Denken muß man in der Tat verzichten, wenn man sich beim „Bunten Rock” recht amüsieren will.

Und amüsiert hat sich das zahlreiche Publikum der Première, wie wir unseren Lesern schon in der Vornotiz unseres gestrigen Morgenblattes melden konnten. Regisseur Basil hatte diesen voraussichtlichen Kassenmagnet wirksam in Szene gesetzt und diesmal entsagungsvoll eine ziemlich undankbare Rolle, den gerissenen Berliner Assessor a.D. v.Gollwitz übernommen. Die ausschlaggebenden Hauptrollen liegen in den Händen Frl. Swobodas und der Herren Lützenkirchen, Waldau und Suske. Frl. Swoboda ist als deutsch radebrechende Amerikanerin Missis Anny Clarkson sehr gut und hatte großen Erfolg nicht nur mit drei hübschen Toiletten, sondern auch durch ihr munteres Spiel. Das Englische gelang ihr sogar noch besser als das etwas frei behandelte Englisch-Deutsch. In Herrn Lützenkirchen (Leutnant v.Hohenegg) hatte sie einen schneidigen und liebenswürdigen Partner. Hrn. Waldau kamen offensichtlich seine eigenen früheren militärischen Erfahrungen zu statten. Sein Freiwilliger war urkomisch. Hr. Suske bewegt sich mit bekanntem glücklichen Humor in einer Väterrolle. Zu nennen wären allenfalls noch Frl. Brünner als militärfromme Leutnantsschwester, Herr Gura als repräsentabler General und Herr König in einer seiner echten Sergeantenrollen.

Nach dem zweiten Akt, der der beste ist, war der Beifall am stärksten, im dritten war das Publikum schon zu sehr zu sich gekommen, aber jedenfalls hat unser Residenztheater im „Bunten Rock” auf einige Zeit wieder ein Zugstück gewonnen, das, weil ohne jede literarische Bedeutung, wir zwar lieber auf einer anderen Bühne sähen als auf unserer vornehmsten, das aber freilich auf keiner so gut gespielt würde. Die hundertmal wiederholte und am Ende doch aussichtslose Klage über die völlige Verschiebung der Aufgaben zwischen den Münchener Schauspielbühnen wollen wir heute nicht schon wieder zur Sprache bringen.


„Münchener Ratsch-Kathl”, Unterhaltungsblatt für gemüthlichen Verkehr vom 14.Okt 1903:

Kgl. Residenztheater

Aus der bekannten Berliner Lustspielfabrik von Franz von Schönthan und Frhr. v. Schlicht ist wieder eine neue Lieferung eingetroffen. Es ist wieder die bekannte, fleißig und nach bewährtem System hergestellte Ware, die man uns am Samstag unter dem Titel „Im bunten Rock” als dreiaktiges Lustspiel vorführte. Es sind meistens die alten Fabrikate unter Hinzufügung neuer Bestandteile. Der neue Bestandteil ist diesmal eine radebrechende Missis, um die herum man ein Stück fabrizierte. Eigentlich handelt es sich in dem Falle um eine Burleske, über die unsere Herren im „bunten Rocke” nicht gerade sehr erbaut sein werden. Man amüsierte sich geist- und harmlos ganz famos und bereitete dieser Novität eine ziemlich beifällige Aufname. Nur die Herren Offiziere zogen die Mäuler schief, ob der Verbalhornierung ihres Standes.

Auch das übrige Publikum zollte wohl mehr der prächtigen Darstellung, als dem nicht ganz einwandfreien Lustspiele seinen Beifall.

Fräulein Swoboda verstand es, eine so allerliebste „Missis Clarksen” [sic!] ins Treffen zu stellen, daß sogar der unwiderstehliche Leutnant des Herrn Lützenkirchen nicht ganz daneben bestand. Das aus verschiedenen Stücken bereits bekannte Troddelpaar (Vater und Sohn) Wiebrecht [sic!], wurde von den Herren Suske und Waldau köstlich dargestellt. In der Rolle des Assessor Gollwitz gefiel uns Herr Basil besser wie seit Langem. Die recht jämmerliche Figur des Regiments­kommandeurs Troßbach gelang Herrn Gura noch um einen Grad trauriger, als diese Rolle an sich schon ist. Als militärgeistig durchdrungene Heiratskandidatin „Betty von Hohenegg” war Fräulein Brünner etwas gar zu unscheinbar in der Erscheinung. In kleineren Rollen verdarben die Damen Werner, Rohde, Kolbe, Wimplinger und die Herren König, Schröder und Trautsch nichts. Die Inszenierung gab keinen direkten Anlaß zur Klage.


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© Karlheinz Everts