Im bunten Rock

Lustspiel in drei Akten

von

Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht


Aufführungen im Landes-Theater zu Linz

am

*29.Nov., 5., 10., 29.Dez. 1902, 18.Jan. 1903


Besetzungsliste:

Fabrikant Wiedebrecht.
Hans, sein Sohn.

Missis Anny Clarkson, seine Nichte.
Leutnant Victor von Hohenegg.
Betty von Hohenegg, dessen Schwester.
Paul von Gollwitz, Assessor a.D.
Exzellenz von Troßbach, Divisions-Kommandeur.
Justiz-Rath Rösler.
Sergeant Krause.
Susanne ) Zofen der Missis Clarkson
Jeanette )
Frau Bäckers, Wirtschafterin bei Wiedebrecht
Friedrich, Diener
Stubenmädchen
Minna, Köchin
Kutscher
Stalljunge
Gärtnerbursche
Jänicke, Soldat
Erster Soldat
Zweiter Soldat
Husar Christian, Bursche bei Hohenegg
Gärtner
Spielleitung:

Herr Georg Gädecke
Herr Karl Schroth
Herr Karl Waldschütz ab 5.12.1902
Frl. Minna Ostheim
Herr Alfred Viebach
Frl. Emilie Reimann
Herr Alfred Maurer
Herr Paul Birnbaum

Herr Louis Groß
Frl. Bertha Kursa
Frl. Rosa Krachler
Frl. Maria Lerach
Herr Wilhelm Schütz

Frl. Clara Delmar






Herr Otto Warbeck

Herr Karl Schroth


Linz-1.jpg

„Tages-Post (Linz)” vom 27.11.1902:

(Aus der Theaterkanzlei) wird uns geschrieben:
Samstag den 29. d.M. findet abends 7¼ Uhr die Erstaufführung der Lustspielnovität „Im bunten Rock” von Franz v. Schönthan und Freiherrn v. Schlicht statt; in der Besetzung dieser Neuheit mußte wegen einer Unpäßlichkeit des Herrn Waldschütz eine Aenderung vorgenommen werde; damit die Première nicht verschoben werden müsse, hat Herr Schroth in liebenswürdiger Weise die Rolle des Hans übernommen. —

„Tages-Post (Linz)” vom 2.12.1902:

Linz, 1.Dezember
Franz von Schönthan hat eine neue Lustspiel-Kompagniefirma gegründet, er hat sich mit dem Freiherrn von Schlicht vereinigt und beide haben als erste Probe ihrer gemeinsamen Arbeit das Lustspiel „Im bunten Rock” in die Welt gesendet, welches Samstag auf unserem Theater zum erstenmale aufgeführt wurde und sehr freundliche Aufnahme fand. Die neue Firma arbeitet nach bewährten Mustern. Dieses neueste Lustspiel haben wir eigentlich schon längst gesehen, es hieß damals „Der Veilchenfresser” oder „Krieg im Frieden” oder „Goldfische” oder noch anders. Es ist nämlich, wie übrigens sein Titel deutlich genug ankündigt, ein Militärlustspiel und diese Militärlustspiele haben alle eine außerordentliche Famiienähnlichkeit. Im Mittelpunkte steht als die Krone der Schöpfung der Leutnant, diesmal ein königlich preußischer Gardehusarenleutnant, also schon das Höchste der Gefühle. Dieser Lustspielleutnant, der mit allem reich gesegnet ist, was in den Augen junger Damen einen Vorzug bedeutet, gewinnt sich diesmal im Sturm das Herz, die Hand und die Dollars einer amerikanischen jungen Witwe und Millionärin. Neben diesem Götterleutnant erscheinen natürlich noch andere Gestalten „im bunten Rock” auf der Bühne, ein General, ein Sergeant, ein Einjährig-Freiwilliger, ein Offiziersbursche und eine ganze Abteilung Infanteristen. Das Zivil und der Halbsoldat, der Einjährige, haben vernehmlich das komische Element darzustellen, das ist schon so bei den Militärstücken. Neu ist in dem Stücke eigentlich gar nichts, jede Sitaution und fast jeder Scherz ist schon dagewesen und jede Figur ist ein alter Bekannter, aber die ganze Sache ist so gemütlich und dabei so heiter, daß sich das Publikum trotz einiger sich recht dehnender Stellen, an denen es gar nicht vorwärts gehen will, sehr gut unterhielt und sich durch das harmlose Stück in die beste Stimmung bringen ließ.

Gespielt wurde das Lustspiel sehr gut. Elegant, mit viel Schalkhaftigkeit, mit glücklicher Beherrschung der anglisierenden Sprechweise und in drei herrlichen Toiletten gab Fräulein Ostheim die schöne, junge und reiche Witwe, welche in Europa das höchste Glück findet, von einem Leutnant geliebt zu werden. Als Leutnant kam, sah und siegte Herr Viebach. Den Einjährig-Freiwilligen Hans Wiedebrecht, der so unglücklich ist, kein Talent für das edle Kriegshandwerk zu besitzen, aber — dem Zivil offenbar zum Trost — trotzdem ein reizendes Weibchen gewinnt, spielte Herr Schroth außerordentlich drollig und gab damit eine neue Probe seiner Vielseitigkeit. Herr Gädecke entwickelt sich immer mehr. Diesmal versuchte er sich mit Glück im Fache der humoristischen Väter. Fräulein Reimann gab das Offiziersmädel Betty, das, aus einer Offiziersfamilie stammend, in allen militärischen Dingen einschließlich dem Exerzierreglement und Aehnlichem bestens Bescheid weiß. Den „schnodderigen Ton”, den diese Figur erfordert, traf Fräulein Reimann freilich nicht, sondern suchte ihn durch allzu große Schärfe und Lautheit zu ersetzen. Vorzüglich war Herr Maurer als Allerweltsarrangeur Assessor v. Gollwitz. Herr Birnbaum als General hatte einen Helm und eine Uniform, die ihm nicht paßten, so daß er unfreiwillig komisch wirkte. Ehrenvolle Erwähnung verdienen noch Herr Groß, Fräulein Krachler und Fräulein Delmar. Mit der Regie hatte sich Herr Schroth große Mühe gegeben, es klappte aber auch alles mit militärischer Präzision. Das Publikum lachte viel und applaudierte viel, namentlich galt der Beifall Fräulein Ostheim und den Herren Schroth und Viebach.




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© Karlheinz Everts