Aufführung im Hoftheater zu Karlsruhe |
*1., 12., 23.März, 13., 23.April, 2.Mai, 27.Juni, 22.Okt. 1903, 16., 21.Dez. 1905, 13.Jan. 1906, 19.Sep., 2., 17.Okt.1916 |
Besetzungsliste: | ||||
März 1903 | Okt. 1903 | 1905/06 | 1916 | |
Fabrikant Wiedebrecht.
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Heinrich Reiff |
Heinrich Reiff |
Hugo Haßkerl |
Karl Dapper |
„Heidelberger Zeitung” vom 21.3.1903 |
„Heidelberger Zeitung” vom 28.2.1903 |
„Heidelberger Zeitung” vom 21.10.1903 |
„Badische Landeszeitung” vom 28.2.1903 |
„Badische Presse” vom 22.2.1903:
Großh. Hoftheater in Karlsruhe. Die Erstaufführung des neuen Lustspiels „Im bunten Rock” von Schönthan und Schlicht ist auf Sonntag den 1. März festgesetzt. Die Hauptrollen liegen in den Händen der Damen Podechtel und Müller, sowie der Herren Herz, Höcker, Reiff, Heinzel.
„Badische Presse” vom 3.3.1903:
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Karlsruhe, 2.März. Im Großh. Hoftheater klang die Fastnachtswoche gestern mit einem rechten Faschingsulk aus, der sich „Im bunten Rock”, Lustspiel in drei Akten von Franz von Schönthan und Frhrn. von Schlicht betitelte. Unter den Lustspielen, die Schönthan auf dem Gewissen hat, ist es jedenfalls das „schlichteste”, geradezu durchtränkt mit absoluter Harmlosigkeit und in seiner unglaublichen und unmöglichen Drastik sehr stark in das Gebiet des Schwankhaften herübergreifend. Dennoch aber war es wie anderwärts auch hier seines stürmischen Lacherfolges sicher. Da sind die drolligen Versuche, die der brave Papa Wiedebrecht macht, um seinem augenblicklich den Einjährigen-Dienst absolvierenden Söhnchen Hans erstlich den Dienst zu erleichtern und zum andern ihm die Hand der schwerreichen Cousine, der amerikanischen Witwe Missis Anna Clarkson, zu verschaffen; daneben reussiert das schneidige Drauflosgehen des Leutnants Viktor v. Hohenegg, der der hübschen, nach einem für ihren Möbelstil passenden Mann suchenden Amerikanerin beweisen will, daß ein courschneidender preußischer Leutnant es an Wirkung auf Damenherzen auch mit dem römischen Kolosseum bei Mondscheinbeleuchtung aufnimmt; dann der mit der Köchin Minna versprochene wackere Sergeant Krause, der im rechten Augenblick und auf rechte Weise beschwichtigt, auch Milde walten lassen kann, der unermüdliche Assessor v. Gollwitz, der wie der berühmte Herr v. Schirp sel. Anged. „alles macht”; die an das Glöckchen des Eremiten erinnernde Kußglocke der Zofe Jeanette, die glückliche Verlobung des Leutnant von Hohenegg mit der Amerikanerin und des Einjährigen Hans mit seiner Jugendfreundin, der militärisch so sehr erfahrenen Schwester des Leutnants, dazu das Manöverbild und zum Schluß die Militärkapelle, mit „unserm Boettge” an der Spitze, jubelnd begrüßt — ja, wem das nicht genug Angriffe auf das menschliche Zwerchfell sind, dem ist nicht zu helfen. Und trotz aller Unwahrscheinlichkeiten und Oberflächlichkeiten siegte somit das Lustspiel dank der reichen militärischen Unterstützung im Lachen des Publikums.
Die Aufführung unter Herrn Direktor Hanckes Regie ließ an stimmungsvoller Frische nichts zu wünschen übrig. Figuren, wie dieser Fabrikant Wiedebrecht, hat Herr Reiff schon häufiger zur Belustigung aller auszugestalten gewußt. So blieb ihm auch diesmal der Erfolg treu. Herr Heinzel gab den Sohn und Einjährigen sehr gut. Mit sympathischer Keckheit war der Leutnant Hohenegg des Herrn Herz angefüllt und nicht wenig wirksam der bärbeißige Unteroffizier des Herrn Kempf. Den Gollwitz gab Herr Höcker, als General fand Herr Mark sich von Heiterkeit begrüßt, den Burschen Christian gab Herr Hallego sehr lustig. Unter den Damen wußte Frl. Podechtel mit ihrer Amerikanerin rechte Freude zu machen. Man kann freilich über das Amerikanisch-Deutsche etwas im Zweifel sein, aber Frl. Podechtel wußte ihre Rolle mit soviel Anmut und Chic und so sicher und überlegen durchzuführen, daß sie ihres Partners würdig war. Ein famoses Soldatenmädel war Frl. Müller als Leutnantsschwester und Offizierstochter in ihrer Herzigkeit und Frische. Eine drollige Küchenfee gab Frl. Genter mit viel Geschick und auch Frl. Mahn machte als augenklappernde Jeanette ihre Sache gut. Frl. Wolf als Wirtschafterin und Frl. Mencke als Zofe Susanne seien, um den Reigen zu füllen, gleichfalls noch erwähnt.
„Karlsruher Zeitung” vom 4.3.1903:
(Großherzogliches Hoftheater.) Das dreiaktige Lustspiel „Im bunten Rock” von Fr. v. Schönthan und Frhrn. v. Schlicht ist bisher die erfolgreichste Komödie der Saison. Das ist zwar für die Saison keine Ehre, aber schließlich auch keine Schande. Das sehr verbreitete Bedürfnis nach harmlosester Heiterkeit darf auch gelegentlich von der Bühne aus befriedigt werden. So wenig originelle Erfindung man dieser derb zusammengezimmerten Dramatisierung einer höchst bescheidenen Militärhumoreske auch nachsagen kann, es steckt doch darin eine überraschend große Portion wirksamster Komik, die der routinierten Bühnenkenntnis der Autoren alle Ehre macht und das oben erwähnte Bedürfnis aufs Erfolgreichste auslöst. Im dicht besetzten Zuschauerraum hörte das Lachen gar nicht auf und wer sich gründlich ausgelacht hat, ist selbstverständlich in beifallsfreudiger Stimmung, so hatte das Stück wie überall, wo es bisher aufgeführt wurde, auch am letzten Sonntag in unserem Hoftheater eine glänzende Aufnahme zu verzeichnen. —
Die bekannte schwerreiche amerikanische Missis ist bei ihrem Onkel, Fabrikant Wiedebrecht, in Berlin zu Besuche und wird von allen Seiten umschwärmt. Natürlich trägt ein schneidiger Kavallerieleutnant, von Hohenegg, den Sieg davon. Der Sohn des Hauses, zurzeit Einjähriger, für den sich der Vater um die reiche Witwe bemüht, fällt gänzlich ab, und besinnt sich wieder auf seine alte Neigung zu der sehr militärtüchtigen Betty von Hohenegg, des besagten Leutnants Schwester. Das ist unter allerhand lustigem Beiwerk der Kern der beiden ersten Akte, dem dritten bleibt es vorbehalten, uns einige militärische Tableaus vorzuführen, u. a. eine vom Einjährigen Wiedebrecht schlecht kommandierte Feldwache und zum Schluß die Militärkapelle unter Führung eines Kapellmeisters in Böttgemaske (stürmischer Beifall). Abgesehen von etwas mangelhafter Rollenkenntnis einzelner Mitwirkender wurde frisch und flott gespielt. Fräulein Podechtel war eine sehr chice Missis Anna, die ihr amerikanisch-deutsch so nett und anregend sprach, daß talentvolle Damen aus dem Publikum bereits in der ersten Pause tadellose Nachahmungen lieferten. Herrn Herz kam in der Rolle des Leutnants von Hohenegg sein prächtiges Temperament wieder sehr zu statten, und Herr Reiff (Fabrikant Wiedebrecht), sowie Herr Höcker (von Gollwitz) waren als erfolglose Heiratsvermittler jeder in seiner Art, ganz in ihrem Element. Herr Heinzel war ein hilfloser Einjähriger von durchschlagender Komik und Fräulein Müller als Betty konnte auch beim trockenen Deklamieren von Militärreglements ihre liebenswürdige Anmut nicht verleugnen. Von den Darstellern der kleineren Rollen ist noch Fräulein Mahn als fesche Zofe besonders zu erwähnen.
„Badischer Beobachter” vom 3.3.1903:
Theater Konzerte, Kunst und Wissenschaft.
Karlsruhe, 2. März.
Großh. Hoftheater. Der Sonntag brachte wieder einmla eine Novität: „Im bunten Rock”, Lustspiel in drei Akten von Franz v. Schönthan und Frhrn. v. Schlicht. Es ist niemals schwerer, sich kurz zu fassen, als wenn man nichts zu sagen hat. Das fühlt der Kritiker, wenn er sich über das Schönthan'sche Stück aussprechen soll. Was soll man tun, Schönthan, den Hauptmacher des Ganzen, tadeln ob der Unwahrscheinlichkeiten der Handlung und Plattheit des Dialoges? Das wäre unnütz, denn Schönthan ist nicht mehr zu ändern, und so wie er ist, nimmt ihn das Publikum lachend an. Das Stück loben? Das wäre eine Verleugnung des kritischen Gewissens, denn dieses Stück ist kein Stück, am allerwenigsten ein Lustspiel, sondern eine tolle, karnevalistisch beseelte Posse, das Pendant zum „Krieg im Frieden”, das für die hinter uns liegende Karnevalswoche die Glanznummer gebildet hätte.
Nachdem die Kritik sich also gegen die Qualifikation dieser Novität ausgesprochen, darf sie sich ihres richterlichen Amtes begeben und es dann der blosen Berichterstattung überlassen zu sagen: Man hat da einen Abend hindurch herzlich gelacht, ein Spaß jagt den anderen, neue Spässe wechseln mit alten ab, die Heiterkeit erklärt sich in Permanenz und wenn der Zuhörer den geringsten Anlauf nimmt, nachzudenken, so kommt der Dichter mit irgend einem neuen Ulk daher und bringt Einen rasch von der Idee ab, in diesem Stücke nach Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit, nach Lebenswahrheit und Glaubwürdigkeit zu fahnden. Ein Husarenleutnant, der einer reichen amerikanischen Missis Herz im Sturm erobert, der obligate Sergeant und dessen Köchin, ein militärisches Manöver, ein ziemlich fauler Einjährig-Freiwilliger etc. sind lose, zusammenhängende(1) Episoden, die kein organisches Ganze bilden, aber das Publikum unterhalten, wie sie das solidest gefügte Lustspiel es nicht in höherem Grade vermöchte. Deßhalb heißt es hier für die Kritik die Segel streichen und dem Publikum nicht die Freude an dem harmlosen Scherze vergällen. Für unsere Schauspieler, die aus dem Eigenen zu geben vermochten, war hier eine günstige Gelegenheit, sie brauchten nicht mit gebundener Marschroute gehen und wenn ihr Talent auch einmal einen kleinen Purzelbaum machte, so war das keineswegs ein Malheur.
Gestern stand die Darstellung wirklich höher als die Aufgabe, und die Regie hat sich in erster Reihe durch das einheitliche Zusammenwirken Aller ein Lob erworben. Die Darsteller waren alle, was die Hauptrollen betrifft, vortrefflich, und Fräulein Potechtel [sic! D.Hrsgb.] hat uns mit ihrer Missis „Anna Clarkson” [sic! D.Hrsgb.] aufs angenehmste überrascht, die „freie Amerikanerin”, die sich aber doch trotz der Allüren ihres Vaterlandes mit Liebenswürdigkeit und Grazie bewegt, gelang ihr sehr gut, Anmut und gefällige Erscheinung unterstützten diese Eigenschaften und ihr gewandtes vornehmes Spiel, ihr englisch sprach sie tadellos. Herr Herz spielte den Husarenleutnant v. Hohenegg köstlich, mit vielen Nüancen und bewahrte ihm stets eine natürliche Noblesse. Eine echt Reiff'sche Gestalt, wie sie nur dieser Künstler zu schaffen versteht, war der urgelungene Fabrikant Wiedebrecht, während der „vielseitige” Assessor v. Gollwitz in Herrn Höcker den feinkomischsten Vertreter hatte. Eine anmutige mit beherzter Initiative ins Zeug gehende „Betty v. Hohenegg” gab Fräulein Müller; sie wußte das „kleine niedliche Befehlbuch”, das etwas gar auffällig im „Exerzizienreglement” zu Hause war, geschickt zu charakterisieren (wenn von charakterisieren überhaupt gesprochen werden kann). Ausgezeichnet wie immer in solchen Rollen war Herr Heinzel mit seinem „Einjährigen” und der „Sergeant” des Herrn Kempf entsprach der Wirklichkeit vollauf und erregte viel Heiterkeit, wie auch der „gefällige” General des Herrn Mark; die Nebenrollen wren gut besetzt und das gutgestimmte Publikum ließ es an Beifall nicht fehlen.
(1) Gemeint ist hier doch bestimmt: „unzusammenhängende Episoden” [D.Hrsgb.]
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„Badische Landeszeitung” vom 2.3.1903:
Theater und Musik.
Großh. Hoftheater. „Im bunten Rock”. Zum ersten Male. Das auswärts schon mit Erfolg gegeben Lustspiel von Franz v. Schönthan und Freiherrn v. Schlicht, beides Namen, die in der heiteren Litteratur ihren Klang haben, erlebte auch hier bei seiner Erstaufführung gestern abend im Hoftheater eine außergewöhnlich freundliche Aufnahme. Das Stückchen ist mit Geschick gemacht und wenn es auch mit den für Lustspiele scheinbar unvermeidlichen deis ex machina [sic! D.Hrsgb.] en gros arbeitet, so erfreut es doch durch eine gewisse Leichtigkeit der Entwicklung, die einem die gute Laune immer wieder auffrischt. Nur der letzte Akt steht in einem zu losen Verbande mit seinen Vorgängern. Die Handlung erreicht mit der Umarmung des Paares, des Leutnants und der Amerikanerin, ihren Schluß, und es erscheint unverständlich, wie der biedere alte Wiedebrecht überhaupt noch an die Verwirklichung seines Heiratsplanes denken kann. In der Pause nach dem zweiten Akte begann denn auch in den Gängen ein neues Gesellschaftsscherzspiel: „Was bringt der dritte Akt?” Man zerbrach sich die verschiedensten Köpfe, bis eine schwarze Schöne in unserem Kreise, die den Liebesanzeichen offenbar mit schärferem Auge gefolgt war, fand, daß ja der edle Hans seine Betty noch nicht habe. Und so wars denn auch. Das und die famose Felddienstübung, die uns wie eine selbständige Humoreske Schlichts vorkam, bildeten den letzten Akt. Die reichlichen militärischen Einzelheiten, teils jung, teils alt, brachten eine vorzügliche Stimmung ins Haus, sowohl bei Militär, als auch Zivil und Reserve. Wie mancher mag bei den Verfehlungen des armen Einjährigen daran gedacht habe, als er „treu gedient hat seine Zeit” und sich an Pointen gefreut haben, die dem um diese Note ärmeren Zivilisten entgingen. Darin lag einerseits der große Beifall, andererseits aber die Schwäche des Stückes, denn über einen Situationswitz kam es nicht hinaus und litterarisch bedeutet es wohl wenig. Ein bisl Leutnantstypus, komischer alter Herr und eine amerikanische Extravaganz auf der einen Seite und für die Kenner noch ein wenig Kommiserinnerung, damit ist das Werkchen erschöpft. Lustig blieb es aber nichtsdestoweniger und zum Lachen war es ganz geeignet. Das Spiel war trotz einiger Unsicherheiten des Gedächtnisses ein flottes. Herr Herz als Leutnant v. Hohenegg voll Charme und Lebenslust, und Herr Reiff als der alte Wiedebrecht waren sehr gute Leistungen. Der „traurige Einjährige” des Herrn Heinzel gefiel uns ausgezeichnet und Fräul. Podechtels reizvolle Mrs. Clarkson zeigte uns die Künstlerin in ihrem besten Lichte. Bis auf das Englische. Noch zu erwähnen wäre Herrn Höckers guter Gollwitz; Fräul. Müllers Rolle, das dramatisierte Exerzierreglement, lag ihr eigentlich nicht recht. Die übrigen Partien lagen in guten Händen, bei Frln. Mahns verlockender Jeanette allerdings auf gutem Munde. Mit Regimentsmusik — Boettge gut imitiert an der Spitze — schloß der Abend und als wir draußen in dichten Mengen heimgingen, marschierten die Grenadiere, die soeben drinnen Komödie gespielt hatten, im Tritt, feldmarschmäßig, mit staubbedeckten Stiefeln an uns vorüber, „Augen rechts!”, Offiziere, Einjährige und Zivil. Das Stück spielte weiter.
„Heidelberger Zeitung” vom 21.12.1905 |
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„Karlsruher Tagblatt” vom 16.12.1905 4.Blatt |
„Karlsruher Tagblatt” vom 21.12.1905 3.Blatt |
„Karlsruher Tagblatt” vom 13.1.1906 2.Blatt |
„Badische Landeszeitung” vom 19.9.1916 |
„Badische Presse” vom 19.9.1916 |
„Karlsruher Tagblatt” vom 19.9.1916 |
„Karlsruher Tagblatt” vom 18.9.1916:
Vom Theaterbureau wird uns geschrieben:
In dem Lustspiel „Im bunten Rock” von Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht, welches am Dienstag, den 19.September, neu einstudiert zur Aufführung kommt, wirken in Hauptrollen die Damen Noorman und Holm und die Herren Dapper, Müller, Becker, Höcker, Paschen, Gemmecke mit. Spielleitung Fritz Herz. Beginn der Vorstellung sieben einhalb Uhr.
„Badische Presse” vom 20.9.1916:
Karlsruhe, 20. Sept. In dem Schönthan-Schlicht'schen Lustspiel „Im bunten Rock” begrüßte man gestern im Hoftheater einen alten, vergnügten Bekannten. In den lang dahin geschwundenen Friedenstagen gehörten Lustspiele aus dem Soldatenleben, in welche Unglücksfälle des Herzens und des militärischen Dienstes sich im lustigen Durcheinander bis zur endlichen Zufriedenstellung der Vorgesetzten und der Brautpaare aufhäuften, zu den beliebtesten Werken dramatischer harmloser Unterhaltungsliteratur. Auch gestern rief die heitere Geschichte von den Nöten des Einjährig-Freiwilligen Wiedebrecht und dem Herzensschicksal des kecken Schwerenöters Leutnant von Hohenegg und seiner angebeteten amerikanischen Millionärswitwe Missis Clarkson mit all den drolligen Zwischenfällen viel heitere Stimmung hervor. Als dann zum Schluß alle aus dem „Wurschtkessel” des Manövers bei Neubabelsberg glücklich heraus waren und die Soldaten unter klingendem Spiel fröhlichen Gesichts über die Bühne zogen, mußte das allerdings unter den Zuschauern vielfach wie eine heimliche Pein berühren und es war dann wie ein banges Weiterschauen über die Heimkehr der Soldaten von der Bühne hinaus zur fernfernen Heimkehr unserer Tapferen aus dem harten Kriege selbst.
Den großen Herzensbrecher Leutnant v. Hardegg [sic! D.Hrsgb.] gab Herr Becker mit viel Frische und prächtigem Humor, sodaß es kaum störte, daß seine an sich famose Erscheinung für diese Windhund-Rolle eigentlich etwas zu schwer war. Als Einjähriger Wiedebrecht gab Herr Müller eine sehr niedliche und lustige Figur ab; sein biederer Vater wurde von Herrn Dapper mit bekannter drastischer Wirkungsart gezeichnet. Sehr gewandt und von unbekümmertem Leichtsinn war Herrn Höckers Allerweltsassessor v.Gollwitz. Herr Paschen war ein würdiger Divisionskommandeur und Herr Gemmecke in seinr dienstlichen Strammheit und seinem lebhaften Liebesgabenbedürfnis ein vortrefflicher Sergeant. Von den Damen trat Frl. Noorman als amerikanische Missis schon durch ihre schicken Kostüme hervor, aber nicht minder durch ihr wohltuend sicheres Spiel. Als kleine Betty von Hohenegg war Frl. Holm ein hübsches, keckes Ding und auch die beiden Zofen Susanne und Jeanette fanden in Frl. Mayer und Frl. Müller anmutig-reizvolle Vertreterinnen. Fr. Genter endlich wußte als Köchin Minna sich wirksam durchzusetzen. Die Gesellschaftsszenen und militärischen Episoden gingen so flott, daß sie, wie die übrige Gesamtaufführung dem Regisseur des Abends, Herrn Herz, alle Ehre machten. Das Publikum wurde des Lachens und des Beifalls nicht müde.
„Karlsruher Tagblatt” vom 21.9.1916:
Das Soldatenlustspiel von Schlicht und Schönthan, das vor vielen anderen ähnlichen Erzeugnissen den Vorzug hat, einen wirklichen Militär in dem Freiherrn von Schlicht zum Mitverfasser zu haben, und sich dadurch gerade in bezug auf das Militärische über den sonst in diesem Falle stets zutage tretenden oft läppischen Dilettantismus erhebt, wurde am Dienstag in einer im ganzen anerkennenswerten Inszenierung wieder in den Spielplan aufgenommen. Das Stück hat seinerzeit, vor etwa 12-14 Jahren, im Königlichen Schauspielhause in Berlin mit Vilma von Mayburg in der Rolle der Amerikanerin einen großen Erfolg gehabt und seine Wiederaufführung rechtfertigt sich, wie gesagt, gerade durch den echten militärischen Humor, der durch alle drei Akte immer wieder von neuem aufblüht und der auch jetzt wieder von dem ja zu großen Teil militärischen Publikum mit Verständnis aufgenommen und belacht wurde.
Eine flotte Inszenierung und eine durchgängig lobenswerte Darstellung geben einen Fingerzeig in der Richtung, daß das Großh. Hoftheater hier ein Gebiet hat, das mit Erfolg weiter gepflegt werden kann, zumal da jetzt durch den Eintritt des Herrn Paul Becker in das Ensemble auch im Lustspiel eine bisher sehr hinderliche Lücke ausgefüllt worden ist. Herr Becker ist als Darsteller des unternehmenden Leutnants zwar etwas schwer, aber doch sehr sympathisch in seiner ganzen Art, so daß er vom Publikum lebhaft beklatscht wurde. Nicht einverstanden waren wir mit Herrn Paul Müller als Einjähriger. Es fehlt ihm für die Darstellung dieser Rolle zu sehr das Jugendliche. Ganz besonders hervorgehoben zu werden verdient Hedwig Holm in der Rolle der Schwester des Leutnants, in der sie ihr frisches, burschikoses Temperament erfolgreich zur Geltung bringen konnte. Das Zusammenspiel und die Regie hatten einen frischen Zug, was gerade beim Lustspiel gegen manche frühere Aufführung sich angenehm bemerkbar machte.
„Badische Landeszeitung” vom 20.9.1916:
Großh. Hoftheater Karlsruhe. Unsere Hofbühne brachte gestern abend das ältere, bekannte Lustspiel „Im bunten Rock” von Schönthan und Frhr. v. Schlicht. Es ist sehr leichte und künstlerisch anspruchslose Ware, die da geboten wird. Der Dialog ist mit Geist und Witz nicht gerade überladen, dafür ist aber die Handlung von der Liebesgeschichte der amerikanischen Kupferkönig-Witwe u. dem schneidigen Berliner Husarenleutnant recht geschickt ersonnen u. aufgebaut. Die Theaterbesucher unterhielten sich auf jeden Fall aufs beste bei dem flotten Soldatenstück. Herr Herz hatte sich mit der Einstudierung sichtlich große Mühe gegeben. Der effektvolle Schluß, bei dem sich ein kleines Stück Manöver auf der Bühne abspielt, war ihm besonders gut gelungen. Frl. Noorman gab die amerikanische Millionärin mit großer Bühnengewandtheit und bestrickender Anmut. Herr Paul Becker war als Leutnant von Hohenegg nicht ganz an seinem Platz. Man sollte unseren jungen Heldendarsteller nicht in solchen Rollen herausstellen, besonders nicht zu Anfang, wo er sich seine Stellung bei Publikum und Presse erst schaffen soll. Er war für diese Rolle, die Herr Lüttjohann oder Herr Essek viel besser herausgebracht hätten, etwas zu schwer; seiner Darstellung fehlte die elegante Leichtigkeit. Herr Dapper spielte zum so und so vielten Male einen Berliner Fabrikanten nach bekannter Schablone. Sehr nett war Herr Müller als Fabrikantensohn und Einjähriger und ganz famos gab Frl. Holm das fesche Offiziersmädel. Herr Höcker stellte als vielseitiger Assessor a.D. wohl die beste Gestalt des Abends auf die Bühne. Alle übrigen kleinen Rollen waren gut besetzt.
„Badische Landeszeitung” vom 2.10.1916 |
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„Badische Presse” vom 17.10.1916 |
„Badische Landeszeitung” vom 17.10.1916 |
„Karlsruher Tagblatt” vom 17.10.1916 |
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© Karlheinz Everts