Im bunten Rock

Lustspiel in drei Akten

von

Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht


Aufführungen im Stadt-Theater zu Graz

am

*27., 29.(abends), 30.(abends) Nov., 6., 8.(nachm.), 13., 26.(nachm.) Dez. 1902,
24.Jan., 16.Febr. 1903

Aufführungen im Theater am Franzensplatz

am

29.Dez. 1902, 4.(abends), 11.(abends) Jan., 5.Febr., 25.März, 15.Juni 1903
21., 24. März 1915


Besetzungsliste:

 1902/031915

Fabrikant Wiedebrecht.
Hans, sein Sohn.
Missis Anny Clarkson, seine Nichte.
Leutnant Victor von Hohenegg.
Betty von Hohenegg, dessen Schwester.
Paul von Gollwitz, Assessor a.D.
Exzellenz von Troßbach, Divisions-Kommandeur.
Justiz-Rath Rösler.
Sergeant Krause.
Susanne ) Zofen der Missis Clarkson
Jeanette )
Frau Bäckers, Wirtschafterin bei Wiedebrecht
Friedrich, Diener
Stubenmädchen
Minna, Köchin
Kutscher
Stalljunge
Gärtnerbursche
Jänicke, Soldat
Erster Soldat
Zweiter Soldat
Husar Christian, Bursche bei Hohenegg
Gärtner
Spielleitung:

Egon Hedeberg
Josef Halpern
Grethe Hertwig
Hans Marr
Marie Ferron
Anton Mödlinger
Albert Baxmann
Eduard Mebus
Franz Felix
Marie Lamberg
Tilly Newes
Maximiliane Bleibtreu
Friedrich Kompe
Marie Hell
Lina Smidt
Heinrich Krisch


Emil Guttmann


Walter Steinbeck

Eduard Mebus

Ferd. Mayrhofer
Hans Kainz
Wera Forst
Max Brückner
Annerl Schrötter
Oskar Beraun
Hans v. Pindo
M. Dobel-Lemarie
Karl Kneidinger
Paula Trieb
Marianne Erber
Elise Föhlich
Gilbert Mollik
Lisa Werne
Rely Riedner
Herber Spalke
kl. Ramisch
Hans Hahn
Georg Fischer
Emanuel Haller
Alexander Eberle
Afred Wehle

Max Brückner


„Der Humorist” vom 10.Dez. 1902:

Das dreiactige Lustspiel von Schönthan und Schlicht „Im bunten Rock” hat auch hier seine volle Schuldigkeit gethan und fand, hübsch inscenirt und gut geprobt, eine recht freundliche Aufnahme. Was Inhalt und und Mache betrifft, läßt es sich in die besseren Lustspiele dieser Art einreihen. Wer keine höheren Anforderungen an diese Gattung stellte, konnte sich ein paar Stunden ganz gut unterhalten.

Im Mittelpunkt der Handlung stand Frl. Hertwig als amerikanische Witwe und entledigte sich ihrer angenehmen Aufgabe mit feinem Geschmack und Geschick. Sie war in dieser Rolle die Liebenswürdigkeit selbst. Herr Marr gab den Leutnant v. Hohenegg mit jerner Schneidigkeit und Siegeszuversicht, die den „Unwiderstehlichen” so sehr kennzeichnet. Herr Hedeberg spielte den Fabrikanten Wiedebrecht mit der richtigen Behäbigkeit, Herr Halpern den Einjährigen und brachte mit seinem schüchternen Wesen die Lacher auf seine Seite. Herr Mödlinger war als Assessor mit der norddeutschen Sprechweise in einem kleinen Kampf, fand aber für seine Rolle alle komischen Züge. Herr Baxmann (v. Troßbach) und Herr Felix (Sergeant), wie die Damen Ferron (Betty) und Newes (Jeanette) fanden für ihre Aufgaben bald den richtigen Ton. So kam es, daß im Stück bald die rechte Stimmung lebendig wurde und bis zum Schluß anhielt.


„Bühne und Welt” 5. Jahrgg. 1902/03 S.348:

Graz. Einige Novitäten aus dem Monat November sind zu verzeichnen, die nicht ohne Wirkung blieben. So Dörmanns „Ledige Leute”, Hartlebens „Ein Ehrenwort”, Schönthan-Schlichts „Im bunten Rock”, worin besonders Fräulein Hertwig als Missis Clarkson hervortrat. . . .


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Grazer Tagblatt vom 27.11.1902
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Grazer Tagblatt vom 29.12.1902
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Grazer Tagblatt vom 24.1.1903

„Grazer Tagblatt” vom 26.11.1902:

(Grazer Theater.) Im Stadttheater geht heute im Abonnement zum erstenmale in dieser Spielzeit Richard Wagners Musikdrama „Der fliegende Holländer” in Szene. Morgen findet die erstaufführung des neuen Lustspieles „Im bunten Rock” von Franz v. Schönthan und Freiherrn v. Schlicht Statt (Serie IV, rote Karten); die Neuheit, die gegenwärtig den Spielplan des Deutschen Volkstheaters in Wien beherrscht, hat folgende Besetzung: Wiedebrecht, Herr Hedeberg; Hans, Herr Halpern; Anna Clarkson, Fräulein Hertwig; Viktor v. Hohenegg, Herr Marr; Betty v. Hohenegg, Fräulein Ferron; Paul v. Gollwitz, Herr Mödlinger; v. Troßbach, Herr Baxmann; Jusitzrat Rößler, Herr Mebus; Sergeant Krause, Herr Felix;Susanne, Fräulein M.Lamberg; Jeanette, Fräulein Newes; Frau Bäckers, Fräulein Bleibtreu; Friedrich, Herr Kompe. Die Regie führt Herr Mebus. Der Kartenverkauf beginnt heute an der Tageskasse des Stadttheaters, Gleisdorfergasse Nr. 10.

„Grazer Tagblatt” vom 27.11.1902:

(Grazer Theater.) Im Stadttheater geht heute das neue dreiaktige Lustspiel „Im bunten Rock” von Franz v. Schönthan und Freiherrn v. Schlicht zum erstenmal in Szene (Serie IV, rote Karten); das lustige Soldatenstück, das u.a. im letzten Akte ein lustiges Manövertreiben mit der obligaten Regimentsmusik bringt, geht gegenwärtig in Wien, Berlin und anderen Bühnen mit großem Erfolge über die Bretter. Hier werde die Neuheit von Herrn Mebus vorbereitet.

„Grazer Tagblatt” vom 28.11.1902:

Theater.

(Stadttheater.) Aus der Kinderzeit, aus der Kinderzeit . . . . Vor dreißig und mehr Jahren kamen — wenn ich nicht irre, mit Mosers „Veilchenfresser” — die Leutnants-Schwänke in Schwung. Ein deutsches Soldaten­lustspiel, ein wirkliches, charakteristisches, hatten wir schon hundert Jahre früher, ist aber bis auf den heutigen Tag ziemlich allein geblieben. Die Leutnants-Schwänke, ob sie nun „Krieg im Frieden” „Reiff-Reifflingen”, „Goldfische”, „Auf Strafurlaub”, „Das Heiratsnest” (eine österreichische Ausgabe) oder, wie gestern, „Im bunten Rock” heißen, unterscheiden sich voneinander ungefähr wie die Offiziers-Uniformen verschiedener Regimenter derselben Armee. Gründlicher nicht! Der Schwadroneur und Herzensbrecher, den wir mindestens seit dem ältesten Jahrgange der „Fliegenden Blätter” nach dem unveränderten Schnitte seines harmlos-oberflächlichen Humors kennen, der Abgott der Backfische, wird fast jedesmal von einer jungen Witwe gezähmt; meist ist die Bändigerin eine exotische, regelmäßig eine reiche Dame, einmal kommt sie von der Pußta, diesmal vom Wilden Westen. Schneidigkeit, die sich verliebt und rührsam gebärdet, dann unterm Appell des Dienstes wieder stramm emporrichtet (das ist die „dramatische Entwicklung” vom ersten bis zum letzten dieser Schwänke), ist für das weibliche Publikum immer eine sehr nette Sache. Man hat keinen Grund, sich gegen die Empfänglichkeit, die gestern auch dem jüngsten Theater-Leutnant eine freundliche Aufnahme bereitete, zu ereifern. Sehr zweckmäßig finde ich es in diesem falle, daß die Theaterkanzlei — was, ehe man das Stück sah, für einen Anachronismus der Reklame gelten konnte — angekündigt hatte: „Im letzten Akte kommt die Regimentsmusik.” Das ist in der Tat einer der Höhepunkte des „Lustspiels”. Ein paar wirklich heitere Manöverszenen gerade dieses Aktes sollen nicht vergessen werden. Das übrige ist ein Potpourri aus älteren Offiziers-Schwänken und wiegt nicht eine der in Hartlebens Offiziers-Tragödie „Rosenmontag” eingestreuten fröhlichen Szenen, die voll charakteristischen Humors sind, auf. Die Leiden des Einjährig-Freiwilligen unter den Abrichterhänden des Unteroffiziers sind beispielsweise im „Veilchenfresser” viel drolliger gegeben, und daß in dem neuen Stücke der Sergeant in den Salon und mitten in die Ballgesellschaft tritt, um sein Opfer zum Strafrapport zu holen, ist gerade kein beneidenswerter Einfall. Er kommt auch nur einem Theater-Unteroffizier! Fast hätte ich versäumt, die Dichter zu nennen: es sind natürlich ihrer zwei: Franz v. Schönthan, der als Postillon schon lange dieselbe Straße fährt, wenn auch seine Passagiere nicht immer zweifärbig Tuch tragen, und ein neuer Rekrut in der Kompagnie Moser, Schönthan, Kadelburg, Blumenthal, Davis etc., Herr Baron v. Schlicht. Die süßlichen Liebeserklärungen des Leutnants tragen das ureigene Gepräge des falschen Renaissancelers Schönthan, von den munteren Soldatenbildern darf vielleicht, so viel von ihnen zu Althergebrachtem neu zugegeben ist, auf Schlichts Konto geschrieben werden. Als Schlicht ohne Schönthan Humoresken herausgab, hat er ja Humor gezeigt! Zum Schlusse: Einige im vollen Hause — als Genius loci war der Landeskommandierende zur Stelle — mögen sich schon streckenweise gelangweilt haben, aber im allgemeinen gab's harmlose Heiterkeit und Beifall. Fräulein Hertwig spielte die amerikanische Zähmerin des gar nicht sehr widerspenstigen Leutnants in guter Laune, die nur zuweilen zu stark nachdrückte, Herr Marr war als Kavallerie-Offizier voll Schneid und Elegance und hat es gewiß auch diesseits der Rampe manchem militärfrommen Mädchenherzen angetan. Im Ballsaale schrie Herr Marr zu laut. Oder sollte der angenehme Sprechton im Stadttheater geopfert werden müssen? Sehr gut eignete sich, auch mit seiner Statur, Herr Halpern für das Einjährig-Freiwilliglein. Fräulein Newes war charmant als küssendes französische Zöfchen. Fräulein Ferron gab die Offizierstochter mit frischem Humor. Nur sollte sie bedenken, daß der soldatische Geist in dem Frauenzimmerchen minder rauhe Forman anzunehmen hat. Je zierlicher und manierlicher, desto possierlicher! Die Herren Hedeberg, Mödlinger, Baxmann und Felix waren mit fröhlichem Eifer beim Spiele.
Hermann Kienzl.

„Grazer Tagblatt” vom 28.11.1902:

Doppel-Gastspiel der Frau Helene Odilon und des Herrn Franz Tewele vom Deutschen Volkstheater in Wien.

(Stadttheater.) Den lyrischen Duft sucht sie nicht mehr, der sie umfloß, als sie noch François Coppées „Fremden” im „Berliner Theater” spielte, und auch der sorglos singenden „Haubenlerche”, dem schüchternen Bendix'schen „Aschenbrödel” — jenen Rollen, mit denen Helene Odilon im Jahre 1891 ihren Einzug auf der Wiener Bühne hielt, deren beherrschende Diva sie heute ist — ist ihr Leben und Lust sprühendes Vollweibtum unähnlich geworden, wie eine prangende Purpurrose der niedlichen Knospe. Alle starken Rasseeigenschaften des schönen, gesunden Weibes haben sich entwickelt, und lachende Koketterie gibt das Siegel. Diese Natur ist ihre Kunst, eine nicht allzu weite, nicht sehr tiefe, aber sieghafte Kunst.
Und Tewele — — es fällt redlich schwer, ein tertium comparationis zwischen der blühenden Frau und dem alten Komiker zu finden. Alt? Da haben wir die Gemeinschaft: die den Geburtsschein verlachende Jugend des Temperamentes! In seinem Triumphe über Zeit und Alter ist Tewele geradezu ein Phänomen, ein lebendiges Wunder, eine Sehenswürdigkeit besonders für die ehrwürdigen, weißhaarigen Zuschauer, denen der Name Tewele lustige Jugenderinnerungen bedeutet. Man sagt, er sei mit einigen zwanzig Jahren geradeso übermütig, sprudelnd und gelenkig gewesen, wie heute mit . . . mit . . . Jahrzehnte kann auch auch Referent denken, wenn er bezeugt: Tewele verändert sich nicht. Nicht im Guten und nicht im Schlimmen. Er schlägt immer noch mit jedem zweiten Worte über die Stränge — denn er verdoppelt den Text seiner Rolle — und gewinnt, wenn man ihm nicht unvorsichtigerweise dichterische Absichten, die einige Rücksicht verdienen, anvertraut, immer wieder die volle Verzeihung der Lacher. Und wer unter seinen Zuschauern gehörte nicht zu dieser Gemeinde? Mit einem Freibriefe ausgestattet, nach dem auf der modernen Bühne kaum einer sonst die Hand ausstrecken darf, ist er eine letzte, nicht uninteressante Überlieferung der historischen Wiener Stegreifkomödie auf dem Hohen Markte. In seinen Adern wird's nie ruhig und träge werden, denn was dort fließt, soll ja gar nicht Blut, soll Quecksilber sein.
Frau Odilon und Herr Tewele waren es, die gestern trotz des bitterkalten Wintertages das Publikum in hellen Scharen ins Theater riefen. Auch manche, die sich schon einmal über die Albernheit des abgespielten Schönthan-Schlicht'schen Soldatenschwankes „Im bunten Rock” geärgert hatten, kamen zu den Gästen und hatten es nicht zu bereuen. Diese Miß Clarkson der Odilon hat einen Glanz der frischen Laune, der es doch glauben läßt, daß sich der Herr Leutnant nicht in die Millionen aus Amerika verliebt habe. Auf der Höhe ihres feurigen Humors steht ihr Schick — und ihre Kunst sich zu kleiden. Den verbummelten Assessor stattet Tewele mit mehr Bummelwitz aus, als der Anspruch der Figur, halbwegs für wirklich oder möglich zu gelten, verträgt. Was tut's? Schon die Herren Schönthan und Schlicht waren in diesem Anspruche überaus bescheiden, aber nicht ihr Assessor, sondern der des Herrn Tewele erschüttert das Zwerchfell. —
Frau Odilon und Herr Tewele wurden oft dankbar hervorgerufen.
Hermann Kienzl.


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„Grazer Tagblatt” vom 21.3.1915:

Grazer Bühnen. Das Schauspielhaus bringt heute mit Wera Forst eine Neueinstudierung des Lustspieles „Im bunten Rock”. Das humorvolle Bühnenwerk der erfolgreichen Schriftsteller Schönthan und v.Schlicht hat hier schon oft belustigt und bietet auch den Darstellern dankbare Rollen.

„Grazer Tagblatt” vom 22.3.1915:

(Schauspielhaus). Neueinstudierung von Franz v. Schönthans und Freih. v. Schlichts Lustspiel „Im bunten Rock” am 21. März 1915.—

Das gemeinsame Werk eines Tantièmenkönigs und eines Militärhumoristen müßte wie so viele seinesgleichen von Rechts wegen eine „Mache in drei Aufzügen” heißen, und der Kritiker würde dann recht gern von einer „geschickten Mache” sprechen, während er der Herabsetzung des Begriffes Lustspiel entschieden ablehnend begegnen muß; da und dort schiebt sich ein gut lustspielmäßiger Auftritt ein, dazwischen aber liegt stets ein weites Feld teils annehmbarer, teils auch herzlich öder Mache. Fabrikware zu augenblicklichem Massenumsatz, aber von anno dazumal. An der Wiederaufnahme in den Spielplan ist wohl Wera Forst schuld; sie verstand es aber auch, mit diesem Griff in eine verstaubte Lade wenigstens teilweise zu versöhnen. Mit der Missis Anny Clarkson befand sie sich wieder ganz in ihrem Element, und wer sie einmal darin gesehen hat, wird jede erneute Gelegenheit mit Freuden begrüßen. Ein entschiedener Fehlgriff waren nur die hochmodernen Toiletten, denn das Stück ist in der Gegenwart unmöglich und wird überhaupt gleich allen seines Schlages nur erträglich, wenn man es in seine Entstehungszeit zurückspielt. Auch die übrige Aufführung gab dem Stück im allgemeinen mehr, als es verdient. Dies gilt in erster Linie von Max Brückners schneidigem Leutnant v.Hohenegg, von Anna Schrötter als seine Schwester, von Ferdinand Maierhofer als Wiedebrecht, von Hans Kainz als dessen Sohn und von Oskar Beraun als Paul v.Gollwitz, aber auch von allen Darstellern der kleineren Rollen, von welchen noch Hans v.Pindo und Karl Kneidinger hervorgehoben seien. Hinsichtlich des Fundus in unserem alten Schauspielhause muß man gegenwärtig wohl alle weitergehenden frommen Wünsche unterdrücken, wenn aber in einem Stück so viel duftige Blumengrüße vorkommen wie in diesem, so dürften sie doch nicht so deutlich die Spuren langjähriger treuer Dienste an den Tag legen.
E.R.v.D.

„Grazer Tagblatt” vom 24.3.1915:

Grazer Bühnen. Im Schauspielhaus wird heute das Lustspiel „Im bunten Rock” wiederholt, das auch heuer wieder einen vollen Heiterkeitserfolg errang. Frl. Wera Forst glänzte wieder durch Erscheinung, Laune u.s.w.



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© Karlheinz Everts