Im bunten Rock

Lustspiel in drei Akten

von

Franz von Schönthan und Freiherr von Schlicht


Aufführung im Stadt-Theater zu Czernowitz

am

3., 4., 7.Okt. 1903, 30.1.1905, 19.12.1906 (Benefiz Edgar)


Besetzungsliste:

 19031906

Fabrikant Wiedebrecht.
Hans, sein Sohn.
Missis Anny Clarkson, seine Nichte.
Leutnant Victor von Hohenegg.
Betty von Hohenegg, dessen Schwester.
Paul von Gollwitz, Assessor a.D.
Exzellenz von Troßbach, Divisions-Kommandeur.
Justiz-Rath Rösler.
Sergeant Krause.
Susanne ) Zofen der Missis Clarkson
Jeanette )
Frau Bäckers, Wirtschafterin bei Wiedebrecht
Friedrich, Diener
Stubenmädchen
Minna, Köchin
Kutscher
Stalljunge
Gärtnerbursche
Jänicke, Soldat
Erster Soldat
Zweiter Soldat
Husar Christian, Bursche bei Hohenegg
Gärtner
Spielleitung:

Karl Göttler
Herr Huttig
Herma Stoll
Herr Berndt
Marie Schaffenberger
Heinrich de Carro
Josef Sußmann

Alexander Fischer
Frl. Reich
Johanna Salzmann
Frau Mila Ernst


Emmy Rolle



Franz Wender




Josef Sußmann

Herr Stärk
Herr Stengel
Frl. v. Beauval
Herr Kammauf
Frl. Dellarmi
Herr Berg

















Heinrich Edgar


„Bukowinaer Rundschau” vom 3.Okt. 1903:

Theaternachricht. Heute Samstag findet die Eröffnungsvorstellung statt und gelangt zur Aufführung „Im bunten Rock”, Lustspiel in drei Aufzügen von Franz von Schönthan und Frhrn. v. Schlicht. Am deutschen Volkstheater in Wien mit größtem Erfolge gegeben. Inszenirt vom Regisseur Josef Sußmann. Sonntag den 4. Oktober d.J. Festvorstellung anläßlich des Namensfestes unseres Kaisers Festouverture. Sodann zum zweitenmale „Im bunten Rock”.

„Bukowinaer Rundschau” vom 6.Okt. 1903:

Saisonpremiere! Der Czernowitzer – blasirte Großstädter vom Scheitel bis zur Zehe – vermag doch nicht die Erregung ganz zu verbergen, in die ihn dies Wort versetzt. Es liegt in ihm etwas wie eine lockende Ahnung der kleinen, aber köstlichen Sensationen, die uns das Theater zu bringen pflegt, dies Theater, das wir so oft bitter schmähten, weil wir's im Grunde gar so sehr lieben. Denn man fühlt es, daß unser Theater, abgesehen von der Culturmission und den künstlerischen Zwecken, die es erfüllen soll und schlecht und recht auch erfüllt, unleugbar einen bedeutenden, wenn nicht den einzigen Brennpukt des träge pulsirenden, gesellschaftlichen Lebens unserer Stadt bildet. Und wenn es auch im Laufe der Saison uns manchmal enttäuscht und das Publikum sich an ihm noch öfter versündigt, die Monate der theaterlosen Sommerzeit machen dies Alles vergessen. Wenn dann unser altes Theater, alljährlich stets von Neuem zum Tode verurteilt und wieder begnadigt, seine Pförtchen von Neuem öffnet, füllen die Czernowitzer willig seine bescheidenen Räume, die bei all ihrer schmucklosen, sagen wir, Schlichtheit, für den Czernowitzer doch einen eigentümlichen Reiz der wohlvertrauten Behaglichkeit haben. Und auch am Samstag, dem Eröffnungsabende der heurigen Theatersaison, waren alle Habitues vollzählig erschienen; die Damen, im Bewußtsein, die Toilettenrevue, die sie untereinander vornehmen sollten, nicht fürchten zu müssen, die Herren im Gesichte einen sonderbar gemischten Ausdruck, der ebensogut Begeisterungswilligkeit, wie Neigung zur kritischen Strenge zu verraten schien. Doch schwand erfreulicherweise gar bald die finstere Radamanthys-Furche aus dem Angesichte der Zuschauer, um befriedigten Mienen Platz zu machen.

Denn der erste Wurf ist der Theaterleitung, wie dem debutierenden Lustspielensemble durchaus gelungen. Allerdings vermag eine Eröffnungsvorstellung nicht die zuverlässigste Grundlage für eine abschliessende Wertung und Einschätzung der einzelnen künstlerischen Leistungen zu bieten. Vieles Gute ist auf Rechnung der sorgfältigsten Einstudirung, manche Mängel in der Gesammtdarstellung der noch nicht begründeten Harmonie unter den Mitspielern zu Lasten zu schreiben. Auch wird man den ersten Eindruck gewiß überprüfen müssen, wenn schwerere, künstlerische Aufgaben den Darstellern geboten sein werden. Solche fand das neue Ensemble gewiß in nur sehr bescheidenem Maße in dem „Salonlustspiel” „Im bunten Rock” von Schönthan und Schlicht. Eine alte, guteingeführte Firma, eine solide Marke, wohlbekannte und beliebte dramatische Etiquetten! Der unwiderstehliche, preußische Lieutenant, der die Dollarmillionärswitwe, gut gerechnet in acht Tagen „nimmt”, ein Einjähriger von herzgewinnender Täppigkeit, der einen naiven Tausendsassa, nach einigen knabenhaften Herzensirrungen, im letzten Acte richtig kriegt, ein recht beschränkter Fabrikant und komischer Papa und so fort, das ganze wohlbekannte Inventar des gut deutschen, bürgerlichen Lustspieles, in dem es natürlich von Adeligen wimmeln muß! Dies Alles findet man, allerdings in lustiger und bühnenwirksamer Verkettung auch in „Im bunten Rock”. Dessen anspruchslosen, aber recht unterhaltenden Inhalt läßt man gerne vor sich auf der Bühne vorbeigleiten, wiedererzählen soll man ihn nicht. Die Epik fiele hierbei gar zu dünn aus.

Immerhin fand dies lustige Soldatenlustspiel eine um so beifälligere Aufnahme, als es den Darstellern Gelegenheit bot, sich durchwegs aufs Sympathischeste einzuführen. Dies gilt – wenn wir den Damen den Vortritt lassen – in erster Reihe von Frl. Stoll und Frl. Schaffenberger. Erstere spielte die amerikanische Millionärswitwe mit viel Verve und überwand auch mit Geschick die Schwierigkeit der anglisirenden Aussprache, auf deren Conto wir auch den etwas minandirenden Ton Frl. Stoll's setzen wollen. Frl. Schaffenberg, eine noch wirklich sehr jugendliche Naive, nahm um so rascher das Publikum für sich ein, als sie mit einem lieblichen Wesen ein sicheres, gewandtes Spiel zu verbinden versteht. Von den Darstellern dürfte Herr De Caro einen ganz besonderen Gewinn für unser Theater bedeuten. Er stattete eine episodenhafte Rolle mit köstlichem Humor aus und erinnert in seiner ansprechenden Komik in angenehmster Weise an Tewele. Auch Hr. Huttig führte sich als schüchterner Liebhaber auf's Beste ein und Herr Berndt, der Liebhaber, riß zwar nicht hin, doch berührte er durch Wärme des Tones auf's Sympathischeste. Hr. Göttler endlich, bei uns in bestem Angedenken, bezwang uns bald durch seine trockene, wirksame Komik. So gab's denn auch reichen Beifall bei offener Szene und bei jedem Aktschlusse vom bestgelaunten Premierenpublikum. Omen sit!

Theaternachricht. Mittwoch 7. Oktober wird die mit glänzendem Erfolge gegebene Novität „Im bunten Rock” zum drittenmale als I. Abonnements-Vorstellung wiederholt.


„Bukowinaer Post” vom 1.Okt. 1903:

Theaterrepertoire. Am 3. Oktober wird die neue Saison mit dem Lustspiel: „Im bunten Rock” eröffnet. Sonntag: „Im bunten Rock”. Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen.

„Bukowinaer Post” vom 4.Oktober 1903:

Theaternachrichten: Heute Sonntag Festvorstellung anläßlich des Namenstages des Kaisers: Jubelouvertüre, hierauf die Novität: „Im bunten Rock” zum zweitenmale.

„Bukowinaer Post” vom 6.Oktober 1903:

Theater.

Mit dem Lustspiel „Im bunten Rock” von Franz v. Schönthan und Freiherr v. Schlicht wurde am 3.Oktober die Theatersaison eröffnet und unter günstigen Auspizien. Denn die Darstellung war es, welche siegte, nicht das Stück. „Im bunten Rock” ist ein Schablonenlustspiel von der Art, wie sie in den achtziger Jahren von Blumenthal, Kadelburg und den diversen Nachahmern jahraus, jahrein geboten wurden. Es fehlt darin weder der unwiderstehliche Lieutenant, noch die dreifach unterstrichene Witwe: schön, geistreich und reich, alles im Superlative; noch der Backfisch, der zur unrechten Zeit spricht, sich und andere verrät und die doch ihren Hans bekommt etc. Aber alles von dem öfteren Gebrauche abgeblasst, ohne jeden neuen Anstrich. Man kennt all die Leute, weiß genau, was sie tun und sprechen werden und wird darin nicht einmal durch einen neuen Witz oder eine neue Situation angenehm enttäuscht. Wenn das Publikum, welches das festlich beleuchtete Haus bis aufs letzte Plätzchen füllte, sich trotzdem sehr gut unterhielt, wenn helle Lachsalven einen Erfolg verkündeten, so ist dies das Verdienst der Darstellenden. Er ist umso höher anzuschlagen, als ein neues Ensemble einem neuen Publikum gegenüberstand. Die Witwe mit der vorerwähnten glänzenden Ausstattung des Schicksals, diesmal war es eine Amerikanerin Clarkson, spielte Frl. Stoll. Sie hielt das Stück. Frl. Stoll brachte den englisch-deutschen Dialekt mit einer natürlichen Sicherheit, sie fand den richtigen Ton, der alles von der lustigen Seite nehmenden, siegessicheren verwöhnten Frau, hielt ihn den ganzen Abend fest und bot eine durchaus befriedigende Leistung, welche auf ebensoviel Fähigkeit als Routine schließen läßt. Der erobernde Lieutenant fand in Herrn Berndt einen etwas zaghaften Darsteller. War es Lampenfieber oder fehlt diesem Herrn überhaupt der warme Ton des Helden, das wird erst die Folge zeigen. Herr Göttler, als Fabrikant Wiedebrecht, eine Figur aus „Ihr Korporal”, ist uns bekannt. Sein behäbiger Humor wirkt erwärmend. Als „Hans” führte sich Herr Huttig, ebenso Frl. Schaffenberger als Betty in einer günstigen Weise ein. Für den Allerweltsfreund Gollwitz fand Herr De Caro nicht allein eine charakteristische Maske, sondern auch eine charakteristische Darstellung. Das war eine Figur, sicher gezeichnet und gespielt. In Episodenrollen machten sich bemerkbar: Herr Sußmann, ein lieber, alter Bekannter, der auch die Regie mit sicherer Hand führte, und der sich für das exakte, gerunde Zusammenspiel ein besonderes Kompliment verdiente, eine zweite Bekannte, Fr. Ernst (Wirtschafterin), die auch in gutem Angedenken steht, Herr Fischer (Sergeant), Frl. Salzmann. Hält das Ensemble, was es in der ersten Vorstellung versprochen, dann dürfen wir gute Lustspielaufführungen gewärtigen.

Theaternachricht. Mittwoch gelangt als I. Vorstellung im Dispariabonnement die mit glänzendem Erfolge gegebene Novität „Im bunten Rock” zum 3. Male zur Aufführung.


„Sport & Salon” vom 17.Okt.1903:

Mit dem Lustspiel von Schönthan und Schlicht „Im bunten Rock”, das vom Publikum freundlich aufgenommen, von der Kritik jedoch fast einstimmig abfällig beurteilt wurde, setzte am 3. Oktober die Theatersaison in Czernowitz unter der Leitung Müller und Kuhn ein.


„Czernowitzer Allgemeine zeitung” vom 29.1.1905:

Deutsches Theater Ein Ensemble zumeist reichsdeutscher Schauspieler brachte gestern im großen Musikvereinssaale Beyerleins militärisches Schauspiel „Zapfenstreich” zur Aufführung. Morgen findet im Musikvereinssaale eine Aufführung des Lustspieles „Im bunten Rock” von Freiherrn von Schlicht statt. Karten im Vorverkauf in der Musikalienhandlung Rosenzweig.


„Bukowinaer Post” vom 18.Dez. 1906:

Benefiz Edgar. Mittwoch geht zum Vorteil des an unserer Bühne engagierten Regisseurs Heinrich Edgar, Freiherr von Schlicht's dreiaktiges militärisches Lustspiel „Im bunten Rock” in Szene. Ueberdies wird sich die neuengagierte Salondame Frl. Erika v. Beauval als Miß Clarkson zum erstenmal unserem Publikum vorstellen. Herr Edgar ist ein feinfühlender tüchtiger Regisseur, der oft schon Proben dieser seiner Kunst bei uns abgelegt hat. Da das harmlose Lustspiel, das in erster Besetzung aufgeführt werden wird, ein köstliches Amusement bildet, steht zu erwarten, daß aus diesem Grunde wie nicht minder als Unterstützung des braven, tüchtigen Regisseurs und auch verwendbaren Schauspielers das Haus gut besucht sein wird.


„Czernowitzer Allgemeine Zeitung” vom 21.Dez. 1906:

Theater, Kunst und Literatur.

Czernowitz, 20. Dezember.

„Im bunten Rock”. (Lustspiel von Franz von Schönthan und Frh. v. Schlicht.) Ein Debüt. Das flotte Werk der Kompanie Schönthan & Schlicht, das erfreulicherweise dem Konversations­lustspiel näher steht als der traditionellen, banalen Leutnantsposse, sollte uns die Bekanntschaft der lang ersehnten, schmerzlich vermißten neuen Salondame vermitteln. Man darf nach diesem Debut zwar noch nicht jubeln, aber man kann doch hoffen. Frl. v. Beauval zeigte in der Rolle der Mistreß Clarkson vor allem anerkennenswerte Routine, ließ auch Charme und Eleganz nicht vermissen. Ein recht hübsches Organ, dessen Ausdrucksfähigkeit und Tragkraft gestern freilich nicht voll erprobt werden konnte, eine angenehme Erscheinung und sicheres Spiel lassen den ersten Eindruck günstig erscheinen. Aber es ist eben nur der erste, nicht ein entscheidender Eindruck, und da die Künstlerin in ihrer gestrigen Rolle durchaus nicht eine vollwertige Probe ihres Könnens ablegen konnte, so muß mit dem Urteil zurückgehalten werden. Vor allem hat Fräulein von Beauval erst zu erweisen, ob ihre Sprechtechnik den Anforderungen ihres Faches gewachsen ist und ob sie besonders im modernen Schauspiel Frl. Nedelko ersetzen kann. Herr Kammauf fühlte sich in seiner Leutnantsrolle pudelwohl. Solche flott angelegte, frische Gestalten, schneidige Draufgeher, denen alle Philosophie und alle Meditation Hekuba ist, versteht er vorzüglich zu zeichnen. Frl. Dellarmi hob als resches „ärarisches Mädel” durch ihr lebendiges, humorvolles Spiel, bestens unterstützt durch ihre jugendfrische Erscheinung, ihre Rolle über das Niveau der schablonenhaften Lustspielfigur empor und stellte ein Backfischchen von Fleisch und Blut und schlagendem Temperament auf die Bühne. Herr Stärk zeigte wieder einmal, daß er jeden Platz auszufüllen versteht, auch humoristische Väterrollen, die bei der im Repertoire herrschenden Stagnation leider allgemach für ihn zum einzigen Feld der Betätigung zu werden drohen. Die Herren Stengel und Berg fielen durch die flache, farblose Gestaltung ihrer nicht undankbaren Rolle auf. Herr Edgar hatte so wenig Gelegenheit, hervorzutreten, daß man fast vergaß, daß der Abend seinem Benefize galt. Die Vorstellung war im Ganzen befriedigend, nur der zweite und dritte Akt hätten ein lebhafteres Tempo vertragen.


„Bukowinaer Post” vom 23.Dez. 1906

Theater.

„Im bunten Rock”. (Lustspiel von Franz von Schönthan und Frh. v. Schlicht.) In diesem harmlosen Lustspiel debutierte vergangenen Mittwoch Frl. von Beauval als Miß Clarkson. Die Dame verfügt über eine für ihr Fach unerläßliche Charme, Liebenswürdigkeit und Bühnenroutine; was Sprache und Organ anbetrifft, wird die Debutantin wohl eine andere Rolle, in der sie sich nicht mit so viel Mühe ein englisch-deutsches Kauderwelsch zurechtlegen muß, als Prüfstein gelten lassen. Auch die übrigen Darsteller boten nur Gutes. Herr Stärk unterhielt mit seinem trockenen Humor, Herr Kammauf war ein sympathischer welterobernder preußischer Leutnant, Frl. Dellarmi ein herziges Soldaten­närrchen. Von Herrn Berg hatten wir nach seinem lustigen Pepi Freisinger [„Zwei glückliche Tage” am 4.10.1906. D.Hrsgb.] mehr Humor und Agilität erwartet. Das Tempo war flott. Man amüsierte sich.



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© Karlheinz Everts