Der Wohltätigkeitsbazar in Dresden 10. bis 12.Febr. 1900

Unter dem Protectorat der Königin Carola wurde in den Tagen vom 10. bis 12. Februar im Städtischen Ausstellungspalast zu Dresden zum besten verschiedener dresdener Kinderhospitäler ein großartiger Wohlthätigkeitsbazar veranstaltet, der in großem und vornehmstem Stil ins Werk gesetzt worden war, und dessen Eröffnung im Beisein des königlichen Hauses erfolgte.

Die weiten Hallen des Ausstellungspalastes waren durch die Kunst des Hoftheatermeisters Rieck in wahrhaft glänzender Weise ausgeschmückt worden. Der Hauptsaal stellte den Meeresgrund dar. Aus Klippen und Felsriffen, die von Wasserpflanzen und Polypen besetzt waren, erhob sich der Rumpf eines Wracks, dessen zertrümmerte Wanten einen Einblick in den lebhaften Postverkehr gestatteten, der sich hier installirt hatte. Die Nebenräume veranschaulichten in sinniger Weise verschiedene Küstenländer. Dieser Staffage hatten die zahlreichen Damen, die sich als Verkäuferinnen in den Dienst der Wohlthätigkeit gestellt, ihre glänzenden Costüme angepaßt. Besonders schön waren die ferbenprächtigen Gewänder der Verkäuferinnen an den drei Tischen der Königin: im ersten Zelt herrschten schimmernde Perlen (s. die Abbildung), im zweiten und dritten schöne Schwedinnen und Norwegerinnen. Die Damen der Offiziere des Schützenregiments waren in kostbarer finnischer Tracht erschienen. An die Märchen von „Tausen und Einer Nacht” erinnerte der Saal „Indien”. Dunkeläugige Spanierinnen und Araberinnen, Bewohnerinnen der Bretagne, Madeiras und ....., Griechenlands und der Türkei, Japans und Hollands erregten Sehnsucht nach ihren Heimatländern, und Italiens schöne Kinder unter dem persönlichen Protectorat der Prinzessin Johann Georg, besiegten den Widerstand der verschlossensten Herzen. Glitzernde Seesterne, schillernde Wassertropfen, hellleuchtender Bernstein, zarte Seerosen, duftige Anemonen und Iris erzählten ebenso von der Wundern des Meeres wie Najaden, Wellen und Korallen. Leichtbeschwingte Seemöven bewegten sich friedlich in einem Element mit silberschuppigen Fischlein. Schlanke Libellen gaukelten umher und wetteiferten in Grazie mit den lieblichen Töchtern des kalten Dänemarks. Und wer sich an der Schönheit, die ihn umgab, nicht satt, sondern hungerig gesehen hatte, fand an den reichen Buffets vollauf Gelegenheit, den Appetit zu befriedigen.

Eine zahllose Menschenmenge füllte beständig die weiten Räume. Die zum Theil sehr werthvollen Verkaufsgegenstände fanden reißenden Absatz und führten dem edeln Zweck des Unternehmens weit über hunderttausend Mark zu.

Am 15. Februar fand die dankenswerthe Veranstaltung durch einen Subskriptionsball ihren Abschluß. König und Königin beehrten den Ball mit ihrer Gegenwart, wie denn überhaupt die Mitglieder des Hofes ihr lebhaftes Interesse für das der Wohlthätigkeit gewidmete großartige Werk durch wiederholten Besuch und zahlreiche Einkäufe bethätigten.

Graf v. Baudissin
(Frhr. v. Schlicht)



Die „Dresdner Nachrichten” schreiben am 24.2.1900:

Dem vergangenen Wohlthätigkeitsbazar für die leidende Kinderwelt Dresdens im Städtischen Ausstellungspalast widmet Graf v. Baudissin in der letzten Nummer der vortrefflich redigirten „Illustrirten Zeitung” (Verlag v, J.Z.Weber, Leipzig) einen fesselnd geschriebenen Artikel, der auf das Reichste illustrirt ist. Die ausgezeichneten Original-Zeichnungen rühren von Emil Limmer her, der bekanntlich seit Jahren sein Domizil in Dresden hat und zu den ersten künstlerischen Kräften dieser Leipziger Wochenschrift gehört. Mit dem ihm eigenen Scharfblick hat Limmer aus dem umfangreichen, stets bewegten Bilde eine Reihe der fesselndsten Scenen mit seinem fleißigen Griffel festgehalten und damit eine künstlerisch werthvolle Erinnerung an die festlichen Tage vom 10. bis 13. Februar in den Blättern der „Illustrirten Zeitung” niedergelegt. So sieht man auf dem einen Bilde Ihre Majestät die Königin Carola vor der Grotte der Wassertropfen gerade im Gespräch mit Frau Gräfin Einsiedel, während auf einem anderen König Albert dem indischen Verkaufsstand seinen Besuch abstattet, an dem Frau Kommerzienrath Victor Hahn und Frl. Ritter in ihren prachtvoll phantastischen Kostümen zu bemerken sind. Das Buffet der Frau Kriegsminister Excellenz v. d. Planitz, an dem man im Vordergund die reizvole Erscheinung der Gräfin Schall sieht, ist ebenso wie die Grotte der Perlen, an der Frau Prinzessin Johann Georg gerade ihre Einkäufe macht, in Einzeldarstellung festgehalten. Zu einem malerischen Bilde hat das vor dem Eingang des Bazars liegende Schiffswrack Limmer ein dankbares Sujet gegeben, das zugleich das bunte farbenreiche Leben und Treiben des Festplatzes auf's Beste wiedergiebt. Von einzelnen Erscheinungen aus der glanzvoll vertretenen Damenwelt weist der Bilderzyklus die Gräfin Hohenau und Frl. Serda vom Königl. Hofschauspiel auf, Diese in dem originellen Kostüm Neu-Japans, Jene in der kleidsamen neu-türkischen Tracht.



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© Karlheinz Everts