Ihre erste Gesellschaft.

Humoreske von Graf Günther Rosenhagen.

In „Hamburger Fremdenblatt” vom 15.Dez. 1895
auch in: Ehestandshumoresken


Die Frau Assessor Maltzahn gab heute ihre erste Gesellschaft. Nach langen Debatten mit dem Gatten, ob man wirklich schon einladen müsse, ob man das Fest nicht noch einige Wochen hinausschieben könne, waren endlich die Einladungskarten geschrieben worden: „Herr und Frau Assessor Maltzahn geben sich die Ehre, Herrn und Frau So und So zu einem Mittagessen freundlichst einzuladen.” Wohl zwanzigmal waren diese Worte geschrieben worden, aber wohl Keiner von Allen, die die Karten empfingen, ahnte, wie viel Thränen bei dem Schreiben dieser Zeilen vergossen worden waren und zu welchen Auftritten es deswegen zwischen den Gatten gekommen war.

„Die Frau Etatsräthin Bergfeldt sollen wir auch einladen?” hatte Frau Anna gejammert, „nein, Das thue ich nicht, Du magst sagen, was Du willst. Sie ist bekannt wegen ihrer spitzen Zunge, und im Geiste sehe ich schon ihr moquantes Gesicht vor mit, wie sie sich im Stillen über Alles lustig macht, Alles bekrittelt, an Jedem etwas auszusetzen hat, wie ihr Nichts für ihren hochgeborenen Gaumen gut genug ist, wie sie an jeder Speise und an jedem Getränk, an der Tischordnung und an dem Tafelschmuck etwas auszusetzen hat. Späterhin, wenn ich und unsere Dienstboten mehr Routine für Gesellschaften erlangt haben, mag sie meinetwegen kommen, aber bei meiner ersten Gesellschaft nie und nimmermehr.”

„Du sprichst immer nur von Deiner ersten Gesellschaft, ich weiß garnicht, liebes Kind, wie Du zu dieser Bezeichnung kommst. Nach meiner Meinung gebe ich doch die Gesellschaft.”

Sie lachte laut auf, und ihr Ton klang etwas spöttisch, als sie entgegnete: „Du? Das ist mir neu, ich denke, Du bezahlst sie nur. Ich aber muß für alles Andere sorgen, ich muß kochen, den Tisch decken, Gläser und Teller bestimmen, die Blumen arrangiren und was sonst noch Alles dazu gehört. Ich sage Dir, ein Diner macht einer Hausfrau mehr Mühe und Arbeit, als Ihr Euch träumen laßt. Ich thue es ja gern und freudig, die Belohnung könntest Du mir aber zu Theil werden lassen, daß Du mich nicht zwingst, an meinem eigenen Tische mit Leuten zusammen zu sitzen, die mir nicht nur widerwärtig, sondern geradezu verhaßt sind.”

Er nannte sie kindlich und kindisch, sie ihn eigensinnig und unfreundlich, er sie albern und thöricht, sie ihn herzlos und streberhaft, daß er um die Gunst der alten Dame buhle, — er verbat sich solche Redensarten, sie behauptete, das Recht zu haben, frei und offen ihre Meinung sagen zu dürfen, er schlug drohend mit der Faust auf den Tisch und gebot Ruhe, sie verbat sich solch rohes Benehmen ihr gegenüber, und in dieser Stimmung schrieb er, um zu beweisen, daß er der Herr sei, die Einladung an die Frau Etatsräthin. Spät am Abend erst versöhnten sich die Gatten, wie sie sich schwuren, für immer, aber schon der nächste Tag, der die Zusage der alten Dame brachte, ließ den ehelichen Zwist von Neuem ausbrechen.

So wurden unter Weinen und Schluchzen Seitens der Frau und unter Schelten und Grollen des Ehemannes alle die tausend Vorbereitungen zu dem Diner getroffen, die erforderlich sind, wenn Alles „klappen” soll.

Um sechs Uhr waren die Gäste geladen, aber als der Assessor Nachmittags um die vierte Stunde von dem Gericht nach Hause kam, fand er seine junge Frau in ihrem Schlafzimmer auf der Chaiselongue ausgestreckt — in Thränen aufgelöst.

Besorgt trat er auf sie zu — jeglicher Zorn und Groll, den er noch in seinem Herzen hegte, war in diesem Augenblick verflogen, da er sein Weib, wie er vermuthete, leidend fand. Zärtlich legte er seine Hand auf ihren Scheitel und drückte einen Kuß auf ihre Stirn. „Aber Anna, Kind, was ist Dir?” fragte er theilnehmend.

Sie sah ihn aus thränenfeuchten Augen traurig an: „Ach, Otto, ich habe solche entsetzliche Angst.”

„Aber, liebes Kind,” schalt er, „wer wird denn am hellen lichten Tage so furchtsam sein? Hast Du schon mal gehört, daß Nachmittags um vier Uhr eingebrochen worden ist?”

Fast unwillig unterbrach sie ihn: „Du willst mich nicht verstehen, nicht deshalb fürchte ich mich — ich habe solche entsetzliche Angst vor der Gesellschaft.”

„Aber, Anna, Kind, wie kann man nur wegen solcher Sache in Aufregung gerathen! Ich verstehe Dich wirklich nicht.”

„Von Deinem Standpunkt aus, hast Du Recht,” entgegnete sie, „denke an die Worte, die ich vor einigen Tagen zu Dir sprach: Du brauchst Dich um Nichts zu kümmern, als um den Wein und die Cigarren, und ob diese gut sind, hängt nicht von Deinem Willen und Deinem Können, sondern lediglich von Deiner geringeren oder größeren Freigiebigkeit ab. Ich aber werde von unseren Gästen für Alles verantwortlich gemacht, für die Suppe, für den Fisch, kurz, für jedes Gericht, das auf den Tisch kommt, und für die Bedienung, da darst Du Dich nicht wundern, wenn ich erregt und ängstlich bin.”

„Aber Liebling, so beruhige Dich doch,” bat er, als er sah, daß die Augen seiner jungen Frau sich von Neuem mit Thränen füllten, „paß nur auf, es wird schon Alles gut gehen, die Kochfrau und der Lohndiener haben ja die nöthige Uebung und Du hast den Letzteren außerdem ja so gut instruirt, daß irgend ein faux pas völlig ausgeschlossen ist.”

„Glaubst Du das wirklich?” fragte sie freudig erregt, und als er mit einem „gewiß, gewiß” antwortete, fuhr sie fort: „Ich weiß auch nicht, wie die Furcht mich so hat angreifen können — auf die Leute kann man sich ja verlassen — aber ich kann es mir nicht erklären, den ganzen Tag über habe ich schon das Gefühl, als wenn es heute Abend ein Unglück gibt — sag' mir, daß ich thöricht bin, solche albernen Gedanken zu haben, warum soll es nicht bei uns ebenso gut gehen wie bei den anderen Menschen?”

„Das möchte ich auch wissen,” lachte er, „nun aber Liebling, wird es Zeit, daß Du an Deine Toilette gehst — in einer Stunde, so lange brauchst Du wohl, hole ich Dich hier ab, dann können unsere Gäste meinetwegen kommen.”

Mit dem Glockenschlag sechs Uhr rollte der erste Wagen vor, dem die Frau Etatsräthin entstieg. Sie kam absichtlich etwas früh, sie wollte sehen, wie sie, als die Erste, empfangen würde, ob die Frau des Hauses noch mit Vorbereitungen für die Gesellschaft beschäftigt wäre, oder ob sie ruhig und gefaßt ihre Gäste schon im Salon erwarte.

„Die gnädige Frau ist wohl noch in der Küche?” fragte sie den Lohndiener, als dieser die Thür öffnete. „Ich komme etwas zu früh.”

Da aber kam schon Frau Anna ihr entgegen, lieblich anzusehen in dem schlichten weißen Kleide, von dem sich als einziger Schmuck ein Veilchenstrauß abhob, äußerlich heiter und glückstrahlend, in ihrem Innern aber außer sich vor Wuth über die Worte der Etatsräthin, die sie wohl vernommen und deren Fortsetzung sie durch ihr Erscheinen verhindern wollte.

„Ach, meine gnädige Frau, wie freundlich, daß gerade Sie die Erste sind!”

Frau Anna half ihrem Besuch ablegen und führte ihn dann in den Salon, von dessen Decke ein mächtiger Kronleuchter sein helles Licht verbreitete.

„Sie wohnen wirklich sehr hübsch, meine Liebe,” begann die alte Dame, ihre Blicke prüfend durch das mit behaglicher Eleganz eingerichtete Zimmer schweifen lassend, „wirklich sehr hübsch, meine Liebe — chic und vornehm und doch nicht so entsetzlich modern, wie heutzutage die meisten jungen Ehepaare, die sich ihre Einrichtung hier Alle bei einem und demselben Tapezierer bestellen und ihre Wünsche ganz dem Geschmack des sogenannten Künstlers unterordnen.”

Die alte Dame sprach anscheinend ihre innerste Ueberzeugung aus, Frau Annas Stirn glättete sich mehr und mehr und gleich darauf machte der Eintritt ihres Gatten dem Tête-à-tête ein Ende. Nun fuhr auch ein Wagen nach dem anderen vor, das Zimmer füllte sich mit Gästen, man begrüßte sich, schüttelte die Hände, als hätte man sich nicht gestern Abend, sondern vor Jahr und Tag zum letzten Mal gesehen und erwartete sehnsüchtig die Meldung: „Es ist servirt.””

Um ein Viertel nach 6 Uhr erschien der letzte Gast und unmittelbar nach ihm trat der Lohndiener in das Zimmer. Einen Augenblick drohte Anna das Herz vor Angst stehen zu bleiben: wenn wenigstens die Suppe nicht angebrannt war — aber schnell faßte sie sich und winkte ihrem Gatten mit den Augen.

„Meine gnädige Frau, darf ich um die Ehre bitten?”

„Ah, Sie selbst, Herr Assessor, wie charmant,” und die Frau Etatsräthin rauschte am Arme des Hausherrn vorbei und die anderen Paare folgten.

„Himmel, erbarme dich meiner,” betete Frau Anna noch einmal inbrünstig leise vor sich hin, dann nahm man an der mit vielem Geschmack geschmückten Tafel Platz.

Die Sorgen der Hausfrau erwiesen sich als unnöthig, die Kochfrau hatte sich selbst übertroffen, die Weine waren ausgezeichnet, der Lohndiener servirte mit der größten Ruhe und Geschicklichkeit und bald herrschte eine muntere, fröhliche Stimmung. Man bewunderte laut das hübsche kleine Häuschen, das doch endlich mal etwas Anderes sei wie diese ewigen Miethsetagen, wo man nur Streit und Aerger mit dem Hauswirth und den anderen Miethern habe; man erzählte sich allerlei lustige, wahre und erfundene Geschichten, die darauf Bezug hatten, man lachte und amüsirte sich köstlich. Am vergnügtesten war die Frau Etatsräthin, der Hausherr schien sie ausgezeichnet zu unterhalten, sie war in der besten Laune und bewunderte im Stillen die Frau des Hauses, die mit einer Ruhe und Sicherheit ihren Pflichten nachkam, als habe sie täglich eine Gesellschaft.

Nach drei Stunden erhob man sich vom Tisch, und mit einem leisen „Gott sei Dank” drückte Frau Anna ihrem Gatten die Hand, als man sich gegenseitig „gesegnete Mahlzeit” wünschte. Nun war ja das Schlimmste überstanden, sie war ja wirklich zu albern gewesen, sich so zu ängstigen.

Die Herren zogen sich in das Nebenzimmer zurück, um dem Genuß der Cigarre huldigen zu können, während die Damen sich im Salon niederließen, um bei der Tasse Mokka die übliche Unterhaltung über kleine Kinder, Dienstboten und die neuesten Moden aufzunehmen. Im Grunde gleicht doch eine Gesellschaft auf das Haar der anderen: dieselben Menschen und dasselbe Gesprächsthema, nur daß man das eine Mal auf rothen, das nächste Mal auf grünen Sammtstühlen sitzt.

Die Unterhaltung war im besten Gange; eine Dame hatte soeben ihre Ansichten über den Soxhlet-Apparat, den sie für sehr unpraktisch hielt, geäußert und die Frau Etatsräthin strahlte vor Vergnügen, daß sie Gelegenheit hatte, ihre Weisheit leuchten zu lassen und die jüngeren zu belehren, daß nur das Alter das Recht habe, über derart wichtige Dinge ein Urtheil zu fällen. Sie sprach mit ihrer ganzen Schärfe und Beredsamkeit, aber plötzlich flossen ihr die Worte langsamer von den Lippen, scharf und unausgesetzt starrte sie auf einen Punct, sie beugte sich weit vor, ihr Gesicht ward fahl und blaß, ihre Nase wurde spitzer, die Augen schienen aus ihren Höhlen treten zu wollen und plötzlich sank sie mit einem gellenden Aufschrei in ihren Stuhl zurück.

„Um Gottes Willen, gnädige Frau, was ist Ihnen?”

Frau Anna war die Erste, die sich von ihrem Schreck erholte und der alten Dame zu Hülfe kam, sie benetzte ihr Taschentuch mit Wasser und rieb die Stirn der Unglücklichen, während die anderen Damen starr vor Entsetzen dasaßen. Sollte die Frau Etatsräthin plötzlich einen Schlaganfall bekommen haben — schrecklich, daß man so etwas auch mit ansehen mußte, dazu war man doch schließlich nicht eingeladen!

„Aber, gnädige Frau, so kommen Sie doch zu sich,” bat Frau Anna, vor Angst fast vergehend, „o bitte, liebe, gnädige Frau, schlagen Sie doch die Augen wieder auf.”

Endlich öffneten sich die Lider, aber nur, um sich gleich darauf, nachdem die Frau Etatsräthin abermals einen gellenden Schrei ausgestoßen hatte, von Neuem zu schließen. Und dieses Mal schrie die alte Dame nicht allein, ein junges Mädchen zeterte plötzlich so gellend, so markerschütternd, daß Frau Anna in einen Thränenstrom ausbrach und sich rathlos umsah.

„Aber, meine Damen, ist ein Unglück geschehen?”

Der Hausherr war mit den übrigen Herren in das Zimmer getreten und verwundert blickten alle auf die sonderbare Scene.

Frau Anna flog auf ihren Gatten zu: „Hilf mir — die Frau Etatsräthin stirbt mir unter den Händen — schicke sofort zum Arzt.”

Eine halbe Minute später lief das Dienstmädchen zu einem in der Nähe wohnenden Doctor und von Neuem beschäftigten sich die Damen um die Ohnmächtige.

„Aber Anna, wie ist denn Das nur möglich?” fragte der Hausherr, „ich stehe vor einem Räthsel, vorhin war die gnädige Frau doch noch so frisch und munter, wie ich sie seit Langem nicht sah.”

Da gellte von Neuem ein Schrei durch das Zimmer: „Ha — da, da,” und eine zitternde Hand wies auf einen großen Frosch, der mitten im Zimmer saß und mit seinen Augen verwundert die komische Umgebung musterte.

Aller Augen richteten sich dorthin, und mit einem Schrei des Entsetzens fuhren die Damen von ihren Plätzen in die Höhe, flüchteten sich in die Ecke des Zimmers und stiegen auf eine Chaiselongue.

„Aber, meine Damen,” bat der Hausherr, während die übrigen Herren ihre Heiterkeit nicht bezwingen konnten, „wie wird man sich durch ein solch' unschuldiges Thier so in Schrecken versetzen lassen?”

Er rief den Lohndiener: „Tragen Sie den Frosch da bitte in den Garten hinaus, er scheint mir mit der Feuerung aus dem Keller hierher getragen zu sein.”

Aber der Lohndiener stand und rührte sich nicht, während der Frosch vor Vergnügen einen Sprung vorwärts machte gerade in der Richtung auf die Damen und ein neuer Schrei ertönte aus dem Munde der Geängstigten.

„Nun?” fragte der Hausherr mit scharfer Betonung. „Sie haben mich wohl nicht verstanden? Tragen Sie den Frosch in den Garten!”

Aber die Hand des Lohndieners streckte sich nicht aus: „Ich bitte sehr um Verzeihung, Herr Assessor, aber es ist mir unmöglich, einen Frosch kann ich nicht anfassen.”

„Feigling,” brummte der Hausherr und sah unschlüssig vor sich hin.

„Aber so trag Du ihn doch selbst hinaus,” bat Frau Anna.

Aber auch die Hand des Herrn Assessors rührte sich nicht, er war gewiß kein Feigling, jeder Zeit hatte er auf der Mensur seinen Mann gestanden, aber einen Frosch anfassen? Ein solches unappetitliches, grünes, dickes Thier mit den widerlichen Füßen in die Hand zu nehmen? Nein, das brachte er nicht fertig.

Die Sache wurde immer unangenehmer, der Frosch hatte einen neuen Sprung vorwärts gemacht und saß nun auf dem seidenen, durchsichtigen Strumpf der immer noch ohnmächtigen Frau Etatsräthin. Ein energisches Händeklatschen vermochte ihn nicht zu verjagen und verzweifelt rang Frau Anna die Hände.

„Aber kann denn keiner von den übrigen Herren das Thier anfassen?” Flehentlich klang ihre Stimme und fragend sah einer den anderen an, aber es meldete sich Keiner.

Da fühlte die Hausfrau plötzlich Heldenmuth, sie bückte sich, ergriff den Frosch und schleuderte ihn aber gleich darauf, als das Thier zu zappeln begann, laut aufkreischend durch das Gemach, zufällig mitten unter die Damen.

Kreischend fuhren sie auseinander, und fast bewußtlos sank eine Dame, die den Frosch gerade in das Gesicht bekommen hatte, in sich zusammen. Ein unbeschreibliches Durcheinander entstand, die Damen drängten zum Zimmer hinaus und riefen nach ihren Männern, die jungen Mädchen flüchteten zu den jungen Herren. Frau Anna stand blaß und zitternd mitten im Zimmer, während der Hausherr rathlos um sich blickte.

In diesem Augenblick der höchsten Verwirrung erschien der Lohndiener im Zimmer, in der rechten Hand einen Holzpantoffel, den er sich vom Mädchen geliehen hatte, um den Frosch todtzuschlagen. Aber dagegen protestirte die Hausfrau; sie konnte kein Blut sehen, besonders nicht auf ihrem schönen Teppich, der dann für immer verdorben sein würde; nein, nein, nicht todtschlagen, und warum auch? Den todten Frosch würde eben so wenig einer anfassen, wie den lebenden.

„Aber man kann ihn dann auf einer Schaufel forttragen, wenn er todt ist.”

„Warum nicht auch, wenn er lebendig ist?” Wie ein Zauberwort wirkte diese Bemerkung, wie hatte man nur nicht gleich darauf kommen können? Abermals verschwand der Lohndiener, um gleich darauf wieder auf der Bildfläche zu erscheinen, in der Linken eine kleine Schaufel, in der Rechten einen Handbesen haltend. Aber der Frosch, die Absicht des Befrackten erratend, schien nicht geneigt, sich ohne Weiteres fangen zu lassen, ein paarmal sprang er noch, alle Kräfte zusammennehmend, in hohen Sätzen herum, bis List und Tücke endlich den Sieg davontrugen und er auf der Schaufel, von dem Handbesen an weiterem Hüpfen verhindert, zur Thür hinausgetragen ward.

Erleichtert athmete der Hausherr auf, und dankbar blickte Frau Anna zum Himmel.

Da öffnete die Frau Etatsräthin die Augen: „Ist er fort?” fragte sie mit tonloser Stimme, und dann bat sie: „Bitte einen Wagen, aber sofort, mir ist so schlecht.”

Das Dienstmädchen, das unverrichteter Sache vom Arzt zurückgekommen war, wurde fortgeschickt, und nachdem die Frau Etatsräthin gefahren war, fanden plötzlich Alle, daß es die höchste Zeit sei, nach Hause zu gehen, nur die jungen Herren blieben noch ein Viertelstündchen sitzen.

Als der Herr Assessor, nachdem seine Gäste ihn verlassen, das Schlafzimmer betrat, fand er seine Gattin, wie am Nachmittag, in Thränen aufgelöst auf der Chaiselongue liegen. „Sagt' ich es nicht, daß es heute ein Unglück geben würde?” jammerte sie: „Das ist nun das Resultat unserer ersten Gesellschaft, die so viel Arbeit, so viel Geld gekostet hat! In der ganzen Stadt wird darüber gesprochen werden, an den Zorn der Etatsräthin wage ich überhaupt garnicht zu denken, und doch müssen wir uns mit ihr versöhnen, wenn sie uns nicht in Verruf bringen und nicht für immer gesellschaftlich unmöglich machen will.”

„Aber liebes Kind,” bat er, „wer wird sich denn durch einen solchen, wenn auch unangenehmen kleinen Zwischenfall so in Aufregung versetzen lassen. Alles war schön und ausgezeichnet zubereitet und Alles so trefflich angeordnet, daß ich überall nur Worte des Lobes und der Anerkennung über Deine erste Gesellschaft hörte.”

„Meine erste Gesellschaft?” erwiderte sie, „ach Otto, waren wir thöricht darüber zu streiten, ob dies meine oder Deine erste Gesellschaft sei &mdash, nenne Du sie fortan, ohne meinen Widerspruch zu fürchten, Deine erste, ich aber, ich nenne sie meine letzte.”


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