Die Erinnerungsfeier in Eckernförde.

Bericht von Freiherrn von Schlicht.
in: „Leipziger Illustrirte Zeitung” vom 13.04.1899


In der Geschichte des Schleswig-holsteinischen Feldzuges von 1849 erstrahlt hell neben der Erstürmung der Düppeler Schanzen durch Sachsen und Baiern (13. April) der ruhmvolle Tag von Eckernförde, der 5. April, an dem einige deutsche Strandbatterien einen glänzenden Sieg über ein starkes dänisches Geschwader davontrugen, das, vom Kapitän Paludan befehligt, aus dem Linienschiff Christian VIII., der Fregatte Gefion und den Dampfern Hekla und Geyser mit zusammen 160 Geschützen bestand.

Die beiden deutschen Batterien waren mit zehn schweren Geschützen armirt und standen unter dem Befehl des Hauptmanns Jungmann. In der achten Morgenstunde eröffneten die dänischen Schiffe das Feuer auf die Nordbatterie, die als Antwort glühende Kugeln versandte. Fünf Stunden nach Beginn des Kampfes brach an Bord des „Christian VIII.” Feuer aus. Der Trotz des dänischen Geschwaderchefs führte zum ergebnißlosen Abbruch der alsbald eingeleiteten Verhandlungen und zur Wiederaufnahme des Kampfes, der in der sechsten Nachmittagstunde mit Uebergabe des „Gefion” beendet wurde. Eine halbe Stunde später strich auch „Christian VIII.” die Flagge, flog aber während der Ausschiffung seiner Mannschaften in die Luft, da das noch immer auf dem Schiffe wüthende Feuer die Pulverkammer erreicht hatte. Damit war der von den Dänen geplante Landungsversuch bei Eckernförde gründlich vereitelt, denn die von den Kriegsschiffen geleiteten drei Transportfahrzeuge mit Infanterie hatten lange vor Beendigung des Kampfes das Weite gesucht.

Am 5. April d. J. waren seit jenem denkwürdigen Tag fünfzig Jahre verflossen, und seit Wochen hatte die Stadt Eckernförde die umfassendsten Vorbereitungen zu einer glänzenden Feier getroffen. Es gab keine Straße, die nicht an beiden Seiten mit lebenden Tannenbäumen bepflanzt war und dadurch ein ungemein freundliches Bild bot. Die Festlichkeit selbst begann mit einer Feier am Grabe Preußer's, des Helden, der bei der Rettung der Feinde seinen Tod fand. Bei dem Grabdenkmal, das festlich geschmückt war, sind die Holz- und Eisentheile sowie die auf dem Grabe ruhende Kanone dem Kriegsschiff Christian VIII. entnommen. Die Gedenktafel trägt die Worte: „Hier ruht Ludwig Theodor v. Preußer, der seinen Tod am 5. April 1849 bei Rettung überwundener Feinde fand.” An der Gedenkfeier am Grabe Preußer's betheiligten sich außer dem Oberpräsidenten v. Köller auch die Offiziere und Mannschaften des auf Befehl des Kaisers schon am 4. April in Eckernförde eingetroffenen Panzergeschwaders. Die Offiziere legten sowol am Grabe Preußer's als auch auf dem Grabe der Dänen, in dem hundert Gefallene ruhen, einen Kranz nieder.

Das Hauptereigniß der Feier bildete der glänzende Festzug, dessen Vorbeimarsch ohne jede Stockung fast dreiviertel Stunde dauerte. In vier großen Hauptgruppen veranschaulichte der Zug die Entstehung und Entwicklung der Stadt von der Gründung bis auf den heutigen Tag.

In der zweiten Gruppe marschirte die eckernförder Fischerzunft, prächtige Gestalten, in Oelrock und Südwester, die Thonpfeife im Mund (s. die Abbildung). Auf dem Festwagen befand sich ein Boot mit zwei überhängenden Netzen, dessen Bord Netze knüpfende Fischerinnen zierten.

Die dritte Gruppe versinnbildlichte den denkwürdigen Sieg bei Eckernförde. Auf einem Festwagen mit blau-weiß-rothen Draperien gelangte die Süderschanze, die vor fünfzig Jahren von Theodor Preußer vertheidigt wurde, zur Darstellung (s. die Abbildung). Von der Schanze herab wehte die schwarz-roth-goldene Flagge. Kanoniere in ihren alten historischen Uniformen, in der Rechten die Lunte, hantierten an den Geschützen, die aus der Schanze hervorragten. Die Geschütze waren dieselben, die vor fünfzig Jahren den glänzenden Sieg herbeiführten.

Mit stürmischem Jubel wurde in der vierten Gruppe die Germania (s. die Abbildung) begrüßt, die auf einem mit schwarz-weiß-rother Draperie geschmücktem Festwagen thronte. Auf dem Haupt hielt sie die Kaiserkrone, in der erhobenen Rechten das Reichsschwert. Der Schild, der den Reichsadler trug, war von einem Lorbeerkranz umschlungen. Durch dieses Bild sollte die Vereinigung Schleswig-Holsteins mit dem durch die glorreichen Siege von 1864, 66 und 70/71 wiederaufgerichteten Deutschen Reiche zur Darstellung gebracht werden.

v. Schlicht


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© Karlheinz Everts