Von Freiherr von Schlicht
in: „Die Frau und ihre Zeit” Jahrgg. 1908, Heft 1, Seite 9 - 11,
in: „Björneborgs Tidning” vom 11.2.1921 und
in: „Die Frau und meine Frau”
„Die Fehler und die Schwächen eines Menschen sind seine Vorzüge” — mit vollkommenen Menschen zusammen zu leben und zu verkehren, ist das Langweiligste, was es gibt.
Kein geringerer als Oskar Wilde, der viel zu früh Verstorbene, hat diesen Ausspruch in seiner geistsprühenden Abhandlung „Über den Verfall der Lüge” getan, und wenn auch diese paradoxe Behauptung mit vollem Recht Widerspruch hervorruft , so enthält das Wort dennoch eine große Wahrheit. Auf die Männer paßt es weniger als auf die Frauen, aber auf die paßt es ausgezeichnet.
„Eine vollkommene Frau” — es gibt ein Lustspiel, das diesen Titel führt — gibt es aber auch im Leben vollkommene Frauen, und vor allen Dingen: „darf es die geben”?
Da gibt es nur eine Antwort: Die Fehler und die Schwächen eines Menschen sind seine Vorzüge.
Man denke sich eine Frau, die auf die Minute pünktlich ist, die ihren Mann nicht eine Stunde warten läßt, wenn sie zusammen auf eine Gesellschaft oder ins Theater gehen wollen — eine Frau, die ihrem Mann zuruft: „Bist du denn noch nicht fertig, ich warte schon seit einer halben Stunde” — eine Frau, die es nicht nötig hat, im letzten Augenblick noch etwas an der Toilette zu ändern, die nichts zu suchen braucht, weil sie alles zur Hand hat, die an der Haustüre nicht noch einmal umkehrt, weil es ihr eingefallen ist, daß sie ihre kleine Puderdose vergaß, und die das Mädchen nicht holen kann, weil die nicht weiß, wo sie liegt — man denke sich eine Frau, die ihren Mann in solchen Augenblicken nicht derartig in Verzweiflung bringt, daß er sich die Hände ringt und nicht begreift, wie er jemals hat heiraten können, daß er sich ruchloserweise wünscht, bald Witwer zu werden — man denke sich eine solche Frau, wenn man es kann. Ich kann sie mir nicht denken, will es auch nicht, denn eine solche Frau hätte aufgehört, eine Frau zu sein. Die Pünktlichkeit ist das Vorrecht der Normaluhren oder der Wachtmeister, nie und nimmer aber das der Frauen — was bei dem einen die Tugend ist, wäre bei dem anderen ein Laster.
Gibt es etwas Reizenderes und Anmutigeres als eine schöne Frau, die nicht weiß, was sie will? Die da mit ihrem Mann tausend Pläne für den Abend macht, die von jedem Vorschlag, den er macht, entzückt ist, die ihm jeden mit einem Kuß lohnt, die nach fünf Sekunden verwirft, was sie eben lobte, die da alle Restaurants aufzählte, in denen man hinterher essen könnte, und die doch nicht weiß, wo sie essen möchte. Und gibt es etwas Reizenderes als eine elegante Frau, die nach dem Theater zehnmal die Speisekarte studiert, die alle Namen der Gerichte immer wieder studiert und die dann endlich ihrem Mann sagt: „Bitte, such' du mir etwas aus — ich weiß nicht, was ich essen möchte.” Ist das Vertrauen, das die Frau da in ihren Mann setzt, nicht entzückend und rührend zugleich? „Ich weiß nicht, was ich essen möchte — aber du weißt es.”
Und man denke sich das Gegenteil: eine Frau, die ihrem Mann sagt: „Wir gehen heute Abend in das Residenztheater, essen hinterher da und da” und die dann dem Kellner, bevor er nach ihrem Wunsche fragt, erklärt: „Geben Sie mir ein Rebhuhn.” Das wäre die nüchternste Prosa, die es nur gibt und eine Frau, die als schön und elegant gelten will, muß immer von einem Hauch von Poesie umflossen sein.
Der Mann muß wissen, was er will — die Frau darf es nicht wissen. Jeder Gatte schilt im stillen auf seine Frau, wenn die ein Geschäft betritt, um dort etwas zu kaufen und doch sich nicht klar darüber ist, worin dieses „etwas” besteht. Sie geht von einem Tisch zum anderen, sie geht nach rechts und nach links, nach vorne und nach hinten, sie nimmt alles prüfend in die Hand, was ihr gefällt (und was gefällt ihr nicht?), sie fragt die Verkäuferin nach tausend Dingen und läßt sich zahllose Sachen zeigen, alles gefällt ihr, alles, und weil sie doch nicht alles behalten kann, nimmt sie gar nichts — sie will sich nochmals in Ruhe überlegen, sie kommt morgen wieder.
Der Mann sieht seine Frau verständnislos an — er versteht sie nicht. Aber er würde sie erst recht nicht verstehen, wenn sie zielbewußt in einen Laden träte, dort mit klaren, kurzen Worten sagte, was sie wünscht und in fünf Minuten vielleicht schon wieder auf der Straße stände. Er würde nicht nur daran irre werden, ob das seine Frau ist — ja noch mehr, er würde bezweifeln, daß das überhaupt eine Frau ist. Und wo der Zweifel einsetzt, hört der Glaube auf.
Wie oft bittet ein Mann seine Frau, sich ihm zulieb dies oder jenes abzugewöhnen. Nichts ist falscher, als wenn die Frau dann wirklich diese Bitte erfüllt — wie die Frau einen Teil ihrer Persönlichkeit aufgibt, wenn sie gewissermaßen ihre persönliche Note aufgibt, verliert sie dadurch mehr an Reiz und Anmut, als wenn ihre Haare anfangen grau zu werden.
Jede Frau muß für ihren Mann und natürlich auch für jeden anderen Herrn — aber für den eigenen Mann am meisten, ein Rätsel bleiben, das er beständig zu lösen versucht. Aber die Frau muß dafür sorgen, daß er niemals die Lösung findet — niemals. Die Lösung ist immer langweilig — das Rätsel bleibt immer interessant. Was wir ergründen wollen, beschäftigt uns tagaus, tagein — haben wir das Resultat unseres Grübelns gefunden, dann sind wir ärgerlich, daß wir uns damit solange aufgehalten haben. Nur, was wir nicht wissen, macht uns glücklich — und die Hoffnung und der Wunsch ist stets größer als die Erfüllung. Nicht aus Unbescheidenheit — sondern weil jede Erfüllung eines Wunsches uns den Wunsch selbst raubt. Wunschlos zu sein, ist der Tod.
Nichts ist falscher, als wenn eine Frau sagt: Ich gebe mich ganz so, wie ich bin. Es ist dann nur ein Glück, daß sie trotzdem ganz anders ist, als sie zu sein angibt. Der Frau ist die Verstellung angeboren — verstellt sie sich nicht, dann verstellt sie sich doppelt und dreifach, denn dann verleugnet sie ihre wahre Natur.
Der Mann muß wissen, was er sagt — die Frau darf es nicht wissen — sie darf auch kein Gedächtnis haben. Das Gespräch und das Plaudern einer Frau müssen dahinfließen wie das klare Wasser eines Waldbaches, das sich rechts und links einen Weg bahnt, über Stein und Geröll hinweghüpft, ohne darüber nachzudenken, ob es auch den kürzestem Weg rinnt. Eine Frau, die mit der scharfen Logik eines Volksredners die Konversation führen würde, würde dadurch nur erreichen, daß man ihr nicht mehr zuhört. Je kindlicher eine Frau geplaudert, desto reizender ist es — eine Frau, die Nietzsche versteht, die ihn wirklich versteht, nicht nur für ihn schwärmt, weil sie ihn nicht versteht, säße bald bei ihrem Five o'clock tea allein.
Sich mit einem Mann eingehend über ein Thema auszusprechen, ist anregend und nützlich. Eine Frau muß jedes Thema beherrschen, aber sie darf kein einziges verstehen — ihre Phantasie darf es ihr nicht erlauben, lange von denselben Dingen zu sprechen. Eine schöne, junge Frau hörte auf, schön und jung zu sein, und die Hauptsache: sie wäre nicht mehr begehrenswert, wenn sie auf einem Diner zwei Stunden lang über die Motive der Wagneroper spricht. Aber man wird nicht müde, ihr zuzuhören, wenn die Unterhaltung sprungweise von Wagner über Frühlingserwachen und der Lustigen Witwe zu dem Husarenfieber und von dann zu Schopenhauer und Oskar Blumenthal geht. Dann ist die Frau süß, reizend, charmant — sonst ist sie furchtbar.
Man denke sich eine Frau, für die ein neuer Hut keine Sensation bedeutet, man denke sich eine Frau, die den ersten Hut, den sie aufprobiert, auch sofort kauft, die sich nicht fünfunddreißig zur Auswahl nach Hause schicken läßt und der es ganz einerlei ist, ob der Hut ihr etwas besser steht oder nicht.
Wo ist der Mann, der mit einer solchen Frau verheiratet sein möchte? Die Eitelkeit ist den Männern viel mehr angeboren als den Frauen — denen ist sie anerzogen vom Tage der Geburt an. Wir Männer machen die Frauen ist recht eitel, und sind sie es, dann schelten wir. Bei der eigenen Frau ist Eitelkeit unbegreiflich, bei anderen ist sie selbstverständlich. Eine Frau ist eitel, damit ihr Mann um ihren Besitz beneidet wird — hört sie auf, eitel zu sein, gräbt sie dem Glück ihrer Ehe das eigene Grab.
Frauen dürfen nicht rechnen können. Eine schöne Frau und überhaupt jede Frau, die am Golde hängt, die jeden Groschen dreimal umdreht, um ihn dann doch nicht auszugeben, deren höchstes Glück das Konto bei der Bank ist, — eine Frau, die jahraus, jahrein regelmäßig mit ihrem Wirtschaftsgeld auskommt, die sogar noch Ersparnisse macht, in deren Bücher eine Ordnung herrscht, als wäre sie vereidigter Bücherrevisor, eine Frau, die mit doppelter Buchführung arbeitet — praktisch mag das sein. Aber wo bleibt da der Reiz des Geständnisses: „Ich habe kein Geld mehr!?” Was ist entzückender, als wenn eine Frau ihrem Mann beichtet, daß das Geld trotz aller Sparsamkeit doch nicht gelangt hat, und gibt es etwas Reizenderes, als wenn eine Frau dadurch spart, daß sie nicht mit der Elektrischen fährt und die dann, weil sie den Groschen spart und in Kleinigkeiten so genau ist, allen Ernstes das Recht für sich in Anspruch nimmt, bei dem teuersten Modemagazin arbeiten lassen zu dürfen.
Tausend und abertausend Schwächen und Fehler einer Frau könnte ich doch aufzählen, und jede würde nur aufs neue beweisen, daß auch sie der Frau nur zum Vorzug gereicht.
Wären die Frauen vollkommen, so verlören sie allen Reiz, allen Charme, alle Anmut — sie würden aufhören, liebenswert zu sein, sie würden die nüchternsten, langweiligsten Wesen, die man sich nur denken könnte.
Die Fehler der Frauen sind ihre Vorzüge, und wenn das jemand nicht glaubt, wer es nicht verstehen kann, daß die Frauen so sind, wie sie Gott sei Dank sind, dann soll er an ein Wort denken, dass auch von Oskar Wilde stammt und das da lautet:
„Die Frauen sind nicht dazu da, um verstanden, sondern um geliebt zu werden.”
Eine Pressestimme dazu:
Von J.K.
in: „Salzburger Chronik” vom 25.1.1908
In einem Briefe aus Graz, den die „Chronik” anläßlich der gegen die wiederholten empörenden Gotteslästerungen in Graz gerichteten Frauendemonstration am 15.November 1907 veröffentlicht, heißt es: „Die Gegensätze berühren sich. Auf der einen Seite ein wüste antikatholische Agitation und Verhetzung der Bevölkerung und daneben ein erhebendes Festhalten an der katholischen Ueberzeugung. Besonders in der „Frauenwelt” macht sich eine scharfe Scheidung geltend und das katholische Lager ist stark besetzt.”
Die gründende Versammlung des katholischen Frauenbundes für das Herzogtum Salzburg bedeutet sicherlich auch nichts anderes, als einen Schritt nach vorwärts im katholischen Bewußtsein der hiesigen weiblichen Bewohner, sowie überhaupt in der sogenannten Frauenbewegung. Wenn die Aristokratie all ihr Wollen und Können tatkräftig einsetzt und es zugleich nicht fehlen läßt, alle Kreise der weiblichen Bevölkerung heranzuziehen und der Organisation aktiv und passiv einzugliedern, dann ist an einem Erfolg des Bundes, an einer Gesundung unserer sittlich-religiösen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu zweifeln. Vor allem möchte ich besonders lebhaft begrüßen, was P.Auracher am 20.d.M. so treffend betonte: „Die christlichen Frauen Salzburgs mögen von sich selbst erhaben denken!”
Was mich dazu bewogen hat, „dieses erhebende Selbstbewußtsein des Frauengeschlechtes” anzuregen, ist eine Zeitschrift, welche mir dieser Tage von einer hochachtbaren Dame übermittelt wurde und die in den sogenannten „besseren” Kreisen ziemlich Anklang findet. Sie führt den Titel: „Die Frau und ihre Zeit”, redigiert von Arthur Brehmer, aus der Verlagsanstalt „Buntdruck”, Berlin.
Die in Papier, Druck und Zeichnungen elegant ausgestattete Monatsschrift bringt u.a. einen Artikel von Freiherr von Schlicht „Die Frau”. Ich weiß nicht, ob man bei einem schreibenden Freiherrn einen anderen Maßstab der Kritik anwenden muß, als bei anderen Schriftstellern, aber trotz aller „freiherrlichen” Nachsicht übersteigt doch dieses dargebotene Zeug die Grenzen jeglichen Rechtes. Einige Stichproben werden uns nicht Lügen strafen.
Nach der Anführung eines philosophischen Axioms von Oskar Wilde (in dessen Abhandlung „Ueber den Verfall der Lüge”): „Die Fehler und Schwächen eines Menschen sind seine Vorzüge” heißt es: „Mit einem vollkommenen Menschen zu leben und zu verkehren ist das Langweiligste, was es gibt.” Also: je unvollkommener der Mensch, umso interessanter der Verkehr mit ihm. Auf die Frage nach einer vollkommenen Frau gibt es wieder nur eine Antwort: „Die Fehler und Schwächen eines Menschen sind seine Vorzüge.” Also: die fehlerhafteste und schwächlichste Frau ist die vorzüglichste nach dem sonderbaren Geschmacke des Freiherrn von Schlicht.
Doch noch „schlichter” erscheint uns die Behauptung: „Es gibt nichts Reizenderes als eine schöne Frau, die nicht weiß, was sie will, die mit ihrem Manne tausend Pläne macht — die nach fünf Sekunden verwirft, was sie eben lobte. Die Pünktlichkeit ist das Vorrecht der Normaluhren oder der Wachtmeister, nie und nimmer aber der Frauen, was bei dem einen (z.B. die Pünktlichkeit beim Wachtmeister) Tugend ist, ist bei den anderen Laster!” — Und doch kann ich mir keine Frau, kein vernünftiges weibliches Wesen vorstellen, das ein nützliches Glied der menschlichen Gesellschaft, sei es als Mutter, oder als Hausfrau, als Dienstbote, als Aerztin, Lehrerin usw. ohne Pünktlichkeit sein könnte!
Gerade „ritterlich” denkt der Freiherr v. Schlicht auch nicht, wenn er meint: „Der Frau ist die Verstellung angeboren, verstellt sie sich nicht, dann verstellt sie sich doppelt und dreifach (sehr weise!), denn sie verleugnet ihre wahre Natur.” Es hat einmal einer das Wort geprägt: „Schwachheit, dein Name ist Weib!” Jetzt aber ein neues Wort zu bilden: „Weib, dein Name ist Verstellung!”, geht nicht an, das weisen wir energisch zurück, auch dann, ja gerade umso mehr, wenn diese Takt- oder Geschmacklosigkeit einer derartigen Herabsetzung des Frauen-Charakters ein „schlichter” Freiherr begeht.
Doch es kommt noch schöner: „Der Mann muß wissen, was er sagt, die Frau darf es nicht wissen, sie darf auch kein Gedächtnis haben . . . Eine Frau muß jedes Thema beherrschen, aber sie darf keines verstehen.” — Das ist doch meines Dafürhaltens Harems-Moral, was der Verfasser des berüchtigten „Frauenartikels” noch deutlicher zu verstehen gibt, indem er Oskar Wildes Auspruch zitiert: „Die Frauen sind nicht da, um verstanden, sondern um geliebt zu werden.” — Dazu ist wahrlich ein Kommentar überflüssig. Also: vollkommene Frauen verlieren nach Schlicht allen Reiz, alle Anmut, sie hören auf liebenswürdig zu sein, sie würden die nüchternsten, langweiligsten Wesen, die man sich denken kann.
Daß solches Zeug geschrieben wird, nimmt in unserem Zeitalter nicht wunder; nur könnte man Optimist genug sein und glauben, daß derartige Geistesprodukte ungelesen blieben! Aber gerade in der Frauenwelt scheint es Mode geworden zu sein, unsinnnige Dinge sich anzueignen, sich ihnen anzupassen und selbst dafür zu schwärmen, mit Verzicht auf Frauenwürde und Frauenrechte. Oskar von Wilde mit seinem verblüffenden, der Augenblicksverwirrung dienenden Stile, der Verfasser der „Salome”, ist kein passender Ratgeber gesund denkender Frauen, wenn wir ihm auch das nicht nachtragen wollen, daß er von 1895 bis 1897 wegen widernatürlicher Unzucht im Zuchthause saß.
Selbst die Geschichte richtet eine solche Weltanschauung, in der dem Weibe nur Fühlen und Empfinden zugestanden und nur die Aufgabe eingeräumt wird, dem Manne zum Zeitvertreib zu dienen. Die Klugheit und die Manneskraft einer Judith, die Weisheit eine Katharina von Siena, eine Theresia von Jesu bis zur katholischen Gräfin Butler-Heimhausen in Bayern, welche seit 1854 mit unermüdlicher Energie an dem Gebiete weiblicher, volkswirtschaftlicher Fürsorge arbeitete: alle diese Faktoren zeigen, daß die Frau das „Thema” nicht bloß beherrscht, sondern auch versteht, worüber sich auch jeder vorurteilsfreie Mann überzeugen konnte, der das Glück hatte, die soliden Ausführungen der Frau Dr. Ammann aus München zu verfolgen.
Es mag (leider Gottes!) Frauen geben, die sich wirklich „liebenswürdig” vorkommen, wenn sie niemals „pünktlich” sind, die ihre Lebensaufgabe auf Roß und Automobil, im Theater und Ballsälen zu lösen vermeinen, Frauen, die auch gewisse Herren im Sinne des „frauenartikelnden” Freiherrn von Schlicht durchaus „interessieren, amüsieren”, weil sie nicht „langweilig” sind. Uns kommt aber jene Frau groß vor, die sich bemüht, mitzuarbeiten „an der Hebung der Stellung der Frau durch bessere Bildung”, mitzuarbeiten nach dem Wunsche unseres Oberhirten: „Helfen Sie mir, daß die Diözese und die Stadt der christlichen Weltanschauung und Zucht erhalten wird.”
Wenn die katholische Frauenorganisation dieses Ziel erreichen will, so muß jede einzelne Frau gemeinsam mit dem Manne arbeiten an der bestmöglichen Lösung aller Fragen, welche Familie, Gemeinde, Staat und Gesellschaft beschäftigen. Und in diesem Sinne finde ich in dem Fortschritte der „Frauenfrage” eine Förderung zur möglichst vollendeten Auslösung der Veranlagung des Weibes für die leiblich-geistige, oder reingeistige Mutterschaft! Aus dieser Mütterlichkeit aber kam (nach Hasse: „Wesen, Wollen und Wirken der Frau”, Hochland 1906 p.213 f.) der erwachende soziale Sinn. Man darf es sagen: die große Gewissenserweckung ist zumeist eine Frauentat, das ewig grüne Blatt im Ruhmeskranz der Frau des 19. Jahrhunderts . . . Durch Auswahl und Erfüllung sozialer Aufgaben hat die Frau darauf hingearbeitet, Zusammenhänge zu schaffen überall dort, wo das moderne Leben trennt und auseinanderreißt: das ist der besondere und zeitgemäße Dienst, den die Frau der Kultur zu leisten hat.”
Möge der 20.Jänner dieses Jahres auch für die christlichen Frauen und Mädchen Salzburgs ohne Unterschied des Standes ein ewig grünes Blatt im Ruhmeskranze der Frauen Salzburgs im Jubiläumsjahre werden!
„Björneborgs Tidning” vom 11.2.1921: