Lübecker Eisenbahn-Zeitung

Nr. 168 20. Juli 1893 Seite 2

Der kleine Conti

Von Freiherr von Schlicht

(Fortsetzung)

Anmerkung des Herausgebers:

Der Beginn dieser Kurzgeschichte konnte in dem Jahrgang 1893 der Lübecker Eisenbahn-Zeitung nicht aufgefunden werden.


Nur einen Ausweg haben wir, um zu Geld und dadurch zu Ansehen zu gelangen: eine reiche Heirath! Man nimmt es uns immer so übel und spricht beständig so wegwerfend davon, daß wir uns nur des Geldes wegen verheirathen, aber mit Unrecht. Nur aus Liebe zu heirathen, verbietet schon das Gesetz über das Kommißvermögen, über das so oft höhnisch die Nase gerümpft wird und doch ist selbst mancher reiche Kaufmann und Grundbesitzer nicht in der Lage, seiner Tochter „das lumpige Kommißvermögen”, fast siebzigtausend Mark baar, auszahlen zu können.

Also auch ich faßte eines Tages den Entschluß, mich zu verheirathen, mit wem war mir vorläufig ganz einerlei, die Hauptsache war natürlich, daß sie Geld hätte, wenigstens eine Viertelmillion, unter dem that ich es nicht. Ich ging auf Brautschau, aber vergebens, ich fand keine, die genug Gemüth, d.h. baar Geld gehabt hätte. Ich muß wohl gegen Freunde und auch gegen meine Mutter und deren Bekannte meine Absicht geäußert haben, genug, eines Tages bekam ich aus Berlin von einer mir vollständig unbekannten Dame einen Brief. In demselben theilte die Schreiberin mir mit, sie hätte gehört, daß ich mich mit Heirathsgedanken trüge, sie wäre in der glücklichen Lage, mir eine passende Partie, enormes Vermögen, nachweisen zu können. Ich möchte, falls es mir angenehm, mit ihr in Verbindung treten. Ich that's, obgleich nur ungern, denn der Gedanke, mein „Glück” einer bezahlten Heirathsvermittlerin verdanken zu müssen, war für mich nicht besonders verlockend. Nach etwa vierzehn Tagen hatte die gute Dame meine Neugier und meine Erwartungen so hoch gespannt, daß ich mir einen Urlaub nahm und nach Berlin fuhr. Ich ging sofort zu der Vermittlerin, die in einer der vornehmsten Straßen ein hochelegantes Parterre bewohnte. Ein Diener empfing mich und führte mich in den Salon der gnädigen Frau. Einen Augenblick später öffnete sich die Thür und herein rauschte in glänzender Toilette die Herrin des Hauses. Ich war verlegen, verwirrt, das konnte doch unmöglich die Briefstellerin sein, der ich für den Fall, daß meine Wünsche sich durch ihre Hülfe verwirklichten, 10 pCt. von der gesamten Mitgift meiner zukünftigen Frau hatte versprechen müssen?

„Mein lieber Graf,” begann die Dame das Gespräch, „ich bin erfreut, Sie bei mir zu sehen und hoffe bestimmt, daß meine Bemühungen für Sie von Erfolg gekrönt sein werden. Ich bitte, ein Mann wie Sie, Graf, jung, hübsch, Offizier, wie Sie mir schrieben ohne Schulden, da kann es doch nicht fehlen. Schon morgen werden Sie die junge Dame kennen lernen. Also nun sprechen Sie und handeln Sie genau nach meinen Worten:

Das junge Mädchen reitet jeden Morgen um 9 Uhr mit ihrer jüngeren Schwester im Grunewald. Bis zur Reitbahn, wo sie ihre, natürlich eigenen, Pferde besteigen, werden sie von ihrer Gesellschafterin, einer Frau v.M., begleitet. Durch die letztere wird die Heirath gemacht und wir beide haben einen näheren Plan berathen. Morgen früh, wenn die Damen sich zur Reitbahn begeben, werden Sie, Herr Graf, sich vor derselben im Gespräch mit einem Kameraden aufhalten. Die drei Damen kommen näher, Sie beachten dieselben garnicht, nur auf Frau v.M. - erkenntlich an schwarzer Sammetmantille und grauem Hut, werfen Sie einen forschenden Blick, der Allen auffallen muß. Sie lassen die Damen vorübergehen, aber nur wenige Schritte, lassen dann mit einem lauten vernehmlichen: 'Entschuldigen Sie bitte einen Augenblick, lieber Freund, aber ich glaube eine liebe alte Bekannte' - Ihren Kameraden stehen und stürzen hinterher:

'Nicht möglich, meine Gnädigste, Sie hier in Berlin?'

Frau v.M. wird schon, sobald sie Ihrer ansichtig geworden, zu den jungen Mädchen gesagt haben: 'Ich müßte mich sehr irren, wenn das nicht Graf Teut wäre.'

Nach der Begrüßung werden Sie vorgestellt und um Erlaubniß bitten, die Damen begleiten zu dürfen. Sie werden von der Zeit sprechen, die Sie angeblich im Hause der Frau v.M. vor vielen Jahren als Pensionär dort verlebt haben. Sie werden sich nach allen möglichen und unmöglichen Menschen erkundigen, besonders nach dem Sohn der Frau v.M., der jetzt Offizier ist; mit einem Wort, Sie werden thun, als wenn Sie sich seit Jahren kennen. Sagen Sie wirklich einmal eine Dummheit, so schadet das, falls sie mit der nöthigen Dreistigkeit vorgebracht wird, gar nichts.”

Ich war erstaunt über den fein angelegten Plan. Auf solche Art und Weise zu einer Frau zu kommen, hatte ich früher nicht für möglich gehalten.

„Und dann, meine Gnädige?”

„Ja, mein lieber Herr Graf, das Weitere ist dann Ihre Sache. Ich kann nicht mehr thun, als Ihnen die Wege ebnen; die Dame in Sie verliebt machen, um ihre Hand anhalten, das müssen Sie allein. Nun gehen Sie mit Gott, und morgen Mittag bitte ich Sie sofort zu mir zu kommen, um über den Erfolg Ihrer ersten Begegnung zu berichten.”

„Noch Eins,” fragte ich, „weiß die junge Dame etwas von diesem Intriguenspiel, ahnt sie, auf welche Weise sie verkauft und verhandelt wird?”

Entsetzt sah die Gnädige mich an:

„Aber Herr Graf! Natürlich hat das Fräulein keine Ahnung. Nun aber bitte ich Sie , mich gütigst entschuldigen zu wollen, noch andere Kavaliere warten meiner.”

Eine Verbeugung, die auf jedem Hofball Furore gemacht hätte, dann war ich in Gnaden entlassen.

Noch nie in meinem Leben habe ich in einer Nacht so gräßlich geträumt, wie in der folgenden und noch nie hat mir mein Herz so heftig und unruhig geschlagen, wie an jenem Morgen, da ich unter allen möglichen Vorwänden einen Kameraden bewogen hatte, mich zu begleiten und der Dinge harrte, die da kommen sollten. Eine Viertelstunde verging und die Ungeduld des Freundes, dem ich an jenem Morgen entschieden höchst sonderbar vorgekommen sein muß, war schon nicht mehr zu zügeln, da tauchten endlich zwei junge Mädchen auf in den schwarzen langen Reitkleidern, den hohen Hut auf dem Kopf, die leichte Gerte in der Hand, begleitet von einer älteren, sehr hübsch und vornehm aussehenden Dame. Ich dachte, mein Herz würde aufhören zu schlagen. War es Angst oder Furcht vor einem Ungewissen, Undefinirbaren, war es das schlechte Gewissen, ich weiß es nicht. Ich erkannte die schwarze Sammtmantille und den grauen Hut - sie waren es. Nur Muth! Die Damen gingen an mir vorüber, in heiterem Gespräch, zwei jugendliche frische Gesichter, nicht gerade schön, aber sehr niedlich, hohe schlanke Figur und last not least kleine schmale Füße in sehr eleganten hohen Lackstiefeln. Ich warf meinen befohlenen Blick, der Allen auffallen sollte; noch heute ist es mir ein Räthsel, wo ich den Muth hergenommen habe, überhaupt hochzusehen, aber es glückte wider Erwarten, denn ich sah wie die beiden Jüngeren sich, fragend und anscheinen verwundert, der Älteren zuwandten.

„Bitte, lieber Freund, verzeihen Sie einen Augenblick -”

Nun war ich auch schon dran: „Wie, meine Gnädigste, Sie hier in Berlin?”

Lieber Freund, ich gebe Dir die Versicherung, bei der guten Frau v.M. könnten alle Charakterdarsteller, Intriguanten und Schurken Privatstunde nehmen. Nicht ein Muskel zuckte in ihrem Gesichte, mit keiner Miene verrieth sie die Unruhe, die doch wohl auch in ihrem Innern vorging.

„Sie Herr Graf, nicht möglich -” und eine halbe Minute war ich vorgestellt und in ein Gespräch verwickelt, gab Auskunft über Menschen, von deren Existenz ich bis zu dieser Stunde überhaupt noch nicht die leiseste Ahnung gehabt hatte und ritt eine Viertelstunde später mit den beiden Damen in Begleitung eines Stallmeisters im Grunewald spazieren. Frau v.M. sah mich starr an, als ich mich in den Sattel schwang, für so frech und unverschämt hatte sie mich denn doch wohl nicht gehalten und dieses Vorgehen entsprach anscheinend nicht ganz ihren Intentionen, aber das war mir einerlei, vier Tage Urlaub hatte ich nur, die mußten ausgenutzt werden.

Noch an demselben Nachmittage machte ich bei dem Vater der jungen Dame, dem Kommerzienrath F. meinen Besuch. Man fand es selbstverständlich, daß ich Frau v.M. aufsuchte und mich dem Vater vorstellte. Ich ließ alle Funken meines Geistes sprühen, ich bemühte mich, liebenswürdig zu sein, ich erzählte viel und mit Humor und war, was bekanntlich unter Umständen sehr hoch angerechnet wird, ein aufmerksamer Zuhörer. Ich beschäftigte mich hauptsächlich mit der Älteren, meiner jetzigen Frau, wußte ich doch von der Vermittlerin, daß der Alte seine Töchter streng nach der Anciennitätsliste unter die Haube bringen wollte. Als ich mich nach etwa einer Stunde erhob, hatte ich die Erlaubniß, am nächsten Morgen wieder mit den Damen reiten zu dürfen und eine Einladung für den nächstfolgenden Tag zum Souper. Wer war glücklicher als ich? Als ich abends in mein Hotel zurückkehrte, fand ich einen Rohrpostbrief der Frau v.M. vor: „Die jungen Mädchen bitten mich, Ihnen mitzutheilen, daß sie morgen früh verhindert sind, den verabredeten Spazierritt mit Ihnen zu unternehmen, hoffen aber bestimmt, Sie auf dem Souper zu sehen.” Unmöglich, sollte ich ganze vierundzwanzig Stunden verlieren?

(Schluß folgt.)


Lübecker Eisenbahn-Zeitung

Nr. 169 21. Juli 1893 Seite 2

Der kleine Conti

Von Freiherr von Schlicht

(Schluß)

Nein, ich brauchte mich nicht zu ängstigen. Frau v.M., die Erzieherin der jungen Damen bekam ja, falls die Partie zu Stande käme, auch ihre Prozente und für Geld thun die Menschen bekanntlich viel, manche sogar Alles. Früh Morgens erhielt ich ein Telegramm: „Heute Mittag zwölf Uhr sind wir bei Kempinski. Da sein, nichts verrathen.” Etwa um 12.31 Uhr betrat ich das wie immer von Gästen überfüllte Restaurant; ich bemerkte sofort die Familie F., that aber natürlich, als wenn ich sie nicht gesehen hätte. Ich war in Uniform und wurde daher von den befrackten Jünglingen vor allen Anderen ausgezeichnet.

„Aber Kellner, irgendwo muß doch noch ein Platz für mich sein.” Laut und vernehmlich hatte ich gesprochen, da klopfte mich eine Hand auf den Rücken: „Wollen Sie nicht bei uns Platz nehmen, Herr Graf?”

Ich spielte mit vollendeter Meisterschaft den völlig Erstaunten, auf das freudigste Überraschten: „Ich muß tausendmal um Entschuldigung bitten, daß ich Sie übersah, aber diese Fülle.” - Wenige Minuten später schlemmte ich auf Kosten des Alten Sekt und Austern, und das Vergnügen, einen Offizier an seinem Tisch zu haben, ließ er sich recht viel kosten. Nun, ich will mich kurz fassen. In der oben geschilderten Weise ging es drei Tage, wir trafen uns überall, natürlich immer „zufällig”, im Theater, im zoologischen Garten und selbst bei Buffalo Bill. Der letzte Tag war gekommen, der entscheidende Schritt mußte unternommen werden. In tadellos neuer Uniform fuhr ich zu der Villa hinaus, um meinen Abschiedsbesuch zu machen. Frau von M., von meinem Kommen unterrichtet, war mit der Jüngeren spazieren gegangen; so wurde ich von der Älteren allein empfangen. Sie war sehr überrascht; ich hatte ihr absichtlich verschwiegen,daß mein Aufenthalt nur ein kurzer war. Ich sprach von dem Trennungsschmerz, den gemeinsam verlebten Stunden und nach einer halben Stunde war das Unglaubliche geschehen: ich war verlobt. Der Vater war mir sicher. Ich hatte ihn durch meine Reden und Lobeserhebungen, die seinem Stolz schmeichelten, so für mich eingenommen, daß er mich mit offenen Armen empfing. Ich gab ihm Aufklärung über meine finanzielle Lage, sagte, daß ich arm sei wie eine Kirchenmaus, erklärte mich aber bereit, falls er es wünsche, sofort meinen Abschied einzureichen, ich wollte dann versuchen, durch meiner Hände Arbeit den Lebensunterhalt zu erwerben. Da kam ich aber schön an. Was ich mir wohl dächte, ob ich eine Ahnung hätte, wie reich er sei? Zwei Millionen bekäme jede Tochter gleich mit und wenn er später einmal die Augen zumache, würde noch ebensoviel für Jede da sein. Selbstverständlich sollte ich Offizier bleiben, ein großes Haus machen und repräsentieren, ich als Graf wäre doch dazu die geeignete Persönlichkeit.

Noch an demselben Abend fuhr ich in die Garnison zurück und meldete dem Kommandeur meine Verlobung. Erstaunt schüttelte er den Kopf: „Ich fürchte, Sie werden bei Ihrer Jugend den Schritt später noch bereuen, hoffentlich ist wenigstens die pekuniäre Seite geregelt. Wie viel erhält Ihr Fräulein Braut?”

„Achtzigtausend Mark, Herr Oberst.”

„Aber mein Lieber, verzeihen Sie, wenn ich es Ihnen sage, das ist ja nur wenig mehr als das Kommißvermögen; wie wollen Sie davon leben?”

„Der Herr Oberst haben mich nicht ganz richtig verstanden, ich meinte selbstverständlich achtzigtausend Mark jährlich.”

„Ah, das ist etwas ganz anderes, da gratulire ich Ihnen herzlich.”

Mit einem freundlichen Händedruck wurde ich verabschiedet, - natürlich, ich war ja zweifacher Millionär. Auch mich hatte der Gedanke, in kurzer Zeit über solche Summen verfügen zu können, verwirrt und ließ mich fast vergessen, daß ich gleichzeitig mit dem Gelde auch eine Frau bekommen würde. Würde ich mit ihr glücklich werden, liebte ich sie? Ich wußte es nicht, aber ich hoffte es. Aber selbst, wenn Manches anders wird, als du dir denkst, tröstete ich mich, wird der Reichthum dir über alles Andere hinweghelfen.

Die Hochzeit sollte bald stattfinden; worauf wollten wir noch warten? Der Konsens traf ein; mein Schwiegervater in spe kam hierher, kaufte für uns das Haus, richtete es ein wie Du es hier siehst, stellte mir die schönsten, vor allen Dingen aber die theuersten Pferde und Wagen in den Stall, schickte ganze Kisten der schönsten Weine für den Keller und als das Haus gefüllt war, wurde die Hochzeit mit gräflich-kommerzienhaftem Pomp gefeiert.

„Ist sie nicht schön, meine Gräfin Tochter?” hörte ich auf dem Diner meinen Schwiegervater mit lauter Stimme zu einem seiner Gäste sagen und diese Frage führte mir mehr als alle bisherigen Reflexionen und stillen Betrachtungen vor Augen, was ich gethan, weswegen ich geheirathet und weswegen ich mit meiner Werbung nicht abgewiesen war.

Wir gingen auf Reisen, die Hochzeitsreise, die vielgepriesene Honigzeit begann, aber nie in meinem Leben bin ich so unglücklich gewesen wie in jener Zeit, da wir von Land zu Land, von Stadt zu Stadt zogen.

Ich drängte nach Hause, in den eigenen vier Wänden, in der Thätigkeit, bei meinen Büchern, so hoffte ich, würde ich glücklich werden.

Wir fuhren heim. Aber das Glück, das ich erwartete, fand ich nicht. Ich hatte geglaubt, im Dienst würde sich nun, da ich reich war, Manches für mich ändern, aber ich hatte mich sehr geirrt. Im Gegentheil, man schien zu fürchten, daß ich jetzt, wo ich es nicht mehr nöthig hatte, meinen Dienst nicht mit dem nöthigen Eifer thun würde. Die Vorgesetzten beobachteten mich, das merkte ich gar bald, mehr denn je und man zeigte großes Erstaunen, wenn ich bei einer sich bietenden Gelegenheit Etwas leistete, das Beifall und Anerkennung fand. So war es außer dem Hause und im Hause? Lieber Freund, da kam der schlimmste Feind, gegen den nach meiner Meinung nichts hilft, nicht einmal Millionen. Die Langeweile. Meine Frau langweilte mich, für nichts hat sie Interesse außer für die neueste Modenummer, nur mit einem Menschen auf der Welt unterhält sie sich gern, das ist ihre Schneiderin, mit der sie sogar telephonisch verbunden ist.

Ich hoffte weiter und dachte, wenn der Himmel uns ein Kind bescheert, dann wird, dann muß doch Alles anders werden. Eine Zeitlang glaubte ich, daß meine Wünsche sich erfüllen würden. In der Zeit war ich freundlicher gegen meine Frau, und eines Abends, wir saßen im traulichen Boudoir und sprachen von dem Beginn unserer Liebe, übermannte mich mein schlechtes Gewissen, ich fiel meiner Frau zu Füßen und gestand ihr Alles. Ich schämte mich unsagbar, ich besaß nicht den Muth, sie anzusehen. Mit Abscheu stieß sie mich zurück.

„Verzeih,” bat ich, „was ich gethan, will ich sühnen, ich gebe Dich frei, wenn Du es wünschest, mehr kann Du nicht fordern und verlangen.”

Sie lachte laut auf: „Und nennst Du das eine Strafe für Dich, daß Du Dich vor einer Frau befreist, die Dich verachtet? Wäre das nicht vielmehr ein Glück, eine Belohnung für Dich? Nein, Du bleibst bei mir und ich bei Dir, vor der Welt bleiben wir was wir waren, aber zwischen uns Beiden ist mit heute Alles aus.” -

Und so, lieber Freund, ist es geblieben bis auf den heutigen Tag und wird so bleiben, so lange wir leben. Aber das Kind, von dem ich Alles erhoffte, starb nach kurzer Zeit, und so haben wir nichts, das uns versöhnt, uns vereint. Oft habe ich schon daran gedacht, diesem wenig erfreulichen Dasein ein Ende zu bereiten und mir auf diese Weise Freiheit von den goldenen Fesseln zu verschaffen. Aber nach meiner Meinung ist Selbstmord immer Feigheit. Ich habe den Fall, der jetzt eingetreten ist, vor meiner Hochzeit in Erwägung gezogen, ich habe selbst auf die Gefahr hin, unglücklich zu werden, geheirathet, mir war Alles einerlei, wenn ich nur Geld bekäme. Das habe ich. Ich habe erreicht, wonach ich strebte, habe ich nun das Recht, mich zu beklagen und unzufrieden zu sein? -

Der kleine Conti schwieg und schaute still vor sich hin. Ich erhob mich und verließ den Freund, denn weder ich noch irgend Jemand konnte ihm Antwort geben auf seine Frage, noch ihm das Glück, das er verscherzt hatte, verschaffen.


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© Karlheinz Everts