Seine Hoheit

Lustspiel in drei Akten

von

Freiherr von Schlicht und Walter Turszinsky

Aufführung am
25.,26.,28. Dez. 1907, 3., 10.Jan. 1908
im Stadt-Theater zu Brünn.


Besetzungsliste:

Der regierende Fürst von Totzau-Kremmingen.
Seine Hoheit Erbprinz Hans Albrecht.
Oberst Graf von Wettborn, Kommandeur eines Infanterie-Regiments.
Mathilde, seine Frau.
Dagmar, beider Tochter.
Baron von Scheideck, Rittergutsbesitzer a.D., Bruder der Gräfin.
Konstanze, seine Tochter.
Hauptmann Fedor v. Stein, Adjutant des Erbprinzen.
Leutnant v. Dohlen, Adjutant des Grafen.
Ellen Gilewska, Schauspielerin
Martin Dietrich, Reporter.
Christian Tewsen, Bursche beim Erbprinzen.
Müller, Hausbursche.
Nanny, Zofe.
Bürgermeister.
Ein Stadtverordneter.
Ordonnanz
Spielleitung:

Herr Biegler
Herr Bowacz
Herr Moser
Frl. Robe
Frl. Michalek
Herr Teller
Frl. Hrubesch
Herr Strauß
Herr Haber
Frl. Szakolczai
Herr Müller
Herr Hancke
Herr Maluschinsky
Frl. Schilhofer
Herr Eisner
Herr Bernthal
Herr Riedl
Karl v. Maixdorff


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„Brünner Tagesbote” vom 25.12.1907
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„Brünner Tagesbote” vom 10.1.1908

„Brünner Tagesbote” vom 27.Dez. 1907:

Brünner Stadttheater. Der Ruf nach dem deutschen Lustspiel ist in der letzten Zeit immer lauter geworden. Er drückt eine der großen Sehnsüchte der Theaterleitungen aus. Man möchte die Tage des „Veilchenfressers”, des „Krieg im Frieden” wiederkehren sehen. Ein leichtes Liebesgeplänkel, eine kleine, rasch beigelegte Herzensintrige, zum guten Ende drei oder vier Verlobungen, ein sanftes, gleitendes Geplätscher. Aber, es scheint, als sei das Lustspiel tot. Die Zeit gehört der Komödie und dem Schwank. Die heitere Muse schießt entweder mit spitzen Pfeilen oder sie schürzt das Kleid bis zum Knie und stürzt sich in einen Wirrwarr toller Szenen. Die harmlose Welt des Lustspiels ist untergegangen. Hauptmanns „Biberpelz”, Thomas „Lokalbahn”, die Komödien Wildes und Shaws weisen die eine Linie der Entwicklung, der französische Schwank und seine deutschen Verwandten beherrschen die Niederungen. Aber die Autoren haben den Ruf vernommen und mühen sich um die Erfüllung der Sehnsucht. Es kommt nicht viel Gutes dabei heraus. Zumeist Ungeheuerlichkeiten, wie dieses Lustspiel „Sein Prinzeßchen” von Schätzler-Parasini, das wir vor einigen Jahren über uns ergehen lassen mußten. Ein Monstrum, ein Alpdrücken. „Seine Hoheit” ist aus einem redlichen Streben heraus entstanden. Freiherr v. Schlicht, der Erfahrene, der Kenner des Militärmilieus, und der junge, ungemein tüchtige Schriftseller Walter Turszynski haben sich zu diesem Stück vereinigt. Es ist ein Versuch, dem viel Sympathisches anhaftet. Ein wenig vom Tempo und Rhythmus des so erfolgreichen „Husarenfiebers” ist in dem neuen Lustspiel drinn. Ein erster Akt voll Verve und Geschmeidigkeit erweckt Hoffnungen. Da ist eine Reihe von Szenen, die Walzertakt in sich haben: leichtes Geplänkel, Herzensintrigen, die sich anspinnen, Verlobungen, die sich vorbereiten. Vertraute Stimmungen klingen an. Die folgenden Akte erreichen die Höhe des ersten nicht. Und gegen Schluß wird ein wenig „Alt-Heidelberg” beigemischt. „Alt-Heidelberg” mit glücklichem Ausgang, wie es sich für das Lustspiel schickt. Der regierende Fürst läßt sich erweichen. Schließlich ist die Komtesse Dagmar v. Wettborn keine Kellnerin, und der Erbprinz begeht mit ihr keine umstürzende Mesallianz. Und der Fürst von Totzau-Kremmingen hat ja selbst ihre Mutter einst geliebt. Und ein alter Champagner-Onkel ist als guter Geist auch noch da. Eine gute Figur ist der hypochondrische Adjutant seiner Hoheit und ein lustiges Motiv bringt seine Partnerin, die Medizin studierende Komtesse Konstanze, deren Weg zu seinem Herzen durch seinen leidenden Magen geht. Die drastische Komik der Szenen des geschickten Reporters Dietrich blieb nicht ohne Wirkung. —

In der tüchtigen Aufführung, der die Leitung des Herrn Direktors von Maixdorff einen prächtigen Zusammenhalt und Rahmen gab, fand das Stück eine freundliche Aufnahme. Frl Michalek gab als Komtesse Dagmar eine warmherzige, junge Dame von guter Erziehung, eine selbst einem Erbprinzen nicht unwürdige Braut. Den liebenswürdigen junegn Prinzen, der zum Exil verdammt worden ist, wußte Herr Bowacz sympathisch darzustellen. Seine Persönlichkeit wirkt durch sich selbst auf seine Umgebung und zwingt zu williger Unterwerfung. Herr Strauß leistete als Adjutant diesem freundlichen Einfluß den hartnäckigen Widerstand eines Magenleidenden und wußte den Umriß des allzu gewissenhaften Offiziers mit geschickter Hand zu zeichnen. Seine brave Helferin, Frl. Hrubesch, war mit aller ganzen Freundlichkeit um ihn bemüht und strahlte die suggestive Wirkung einer tüchtigen Ärztin aus. Eine der besten Gestalten schuf Herr Teller in seinem Baron v. Scheidek, einem jener jovialen alten Herren von unversiegbarer Lebenslust, deren Laune sich niemand entziehen kann. Die Szene mit dem Fürsten (Herr Biegler) gehört, soweit es ihn anging, zu den gelungensten des Abends. Als Reporter konnte Herr Müller seine Neigung zu drastischen Wirkungen entfalten. Dem gräflich Wettbornschen Haus stand Frl. Robe mit Eleganz und Anmut vor und in seinen Gesinderegionen tummelten sich Frl. Schilhofer und Herr Hancke als munteres Liebespaar. Frl. Szakolczai war eine Schlange, deren Verführungskünste vollen Glauben finden durften.


„Deutsches Nordmährerblatt” vom 29.Dez. 1907:

Brünner Stadttheater.

„Seine Hoheit”, Lustspiel von Freiherrn v. Schlicht und Walter Turszinsky, aufgeführt am 25. d.M.
Erbprinz Hans Albrecht begeht allerlei tolle Streiche mit der holden Weiblichkeit und muß daher zur Strafe in eine kleine Garnison, um sich dortselbst seine früheren Tollheiten aus dem Kopfe zu schlagen und um sich auf seine vom Vater gewollte Verlobung vorzubereiten. Doch zur Liebe läßt sich auch Hans Albrecht nicht zwingen und so sucht er sich denn in seinem Exil seine eigene Braut. Großer Kampf mit dem Vater, doch schließlich sagt dieser Ja und Amen zu der Herzenswahl seines Sohnes.
Herr Bowacz wußte dem Prinzen Hans Albrecht munteres Leben zu geben. Sein Liebchen Dagmar wurde von Fräulein Michalek in echt jugendlicher Verliebtheit dargestellt. Herr Biegler war ein aristokratischer regierender Fürst von Totzau-Kremmingen, Herr Moser dagegen ein etwas unbeholfener Oberst Wettborn, ebenso Fräulein Robe eine zu steife Frau Oberst. Dagegen brachte vorzüglichen Humor Herr Teller durch seinen Baron v. Scheidek auf die Bühne. Fräulein Hrubesch (Konstanze) benahm sich als ein echter männlicher Bruder Studio, der immer Rat weiß. In kleineren Rollen boten prächtige Leistungen: Herr Strauß (Hauptmann Stein), Fräulein Szakolczai (Schauspielerin) und Herr Müller (Reporter). Das Stück wurde mit viel Beifall aufgenommen.


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© Karlheinz Everts