„Seine Hoheit”

Lustspiel in drei Akten

von

Freiherr von Schlicht und Walter Turszinsky

Aufführung im Deutschen Stadttheater zu Riga am
(5.)/18., (7.)/20.Febr. 1908


Besetzungsliste:

Der regierende Fürst von Totzau-Kremmingen.
Seine Hoheit Erbprinz Hans Albrecht.
Oberst Graf von Wettborn, Kommandeur eines Infanterie-Regiments.
Mathilde, seine Frau.
Dagmar, beider Tochter.
Baron von Scheideck, Rittergutsbesitzer a.D., Bruder der Gräfin.
Konstanze, seine Tochter.
Hauptmann Fedor v. Stein, Adjutant des Erbprinzen.
Leutnant v. Dohlen, Adjutant des Grafen.
Martin Dietrich, Reporter.
Christian Tewsen, Bursche beim Erbprinzen.
Müller, Hausbursche.
Nanny, Zofe.
Bürgermeister.
Ein Stadtverordneter.
Zwei Ordonnanzen
Spielleitung:

Herr Vollmer
Herr Hagemann
Herr Fender
Frau Sachs
Frl. Henning
Herr Benthien
Frl. Kolmar
Herr Busch,
Herr Schlismann-Brandt
Herr Stegemann


Frl. Munkwitz





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„Rigasche Rundschau” vom 6.2.1908 [russ. Kalender ! = 19.2.1908 gregorian.Kalender]:

Deutsches Stadttheater.

Das deutsche Lustspiel vom schneidigen Husarenleutnant ist durch den Freiherrn von Schlicht (Graf Baudissin) um ein neues Exemplar „Seine Hoheit” bereichert worden. Der neue Gedanke des „Dichters” ist, an Stelle des einfachen Leutnants „von” einen wirklichen Erbprinzen zu setzen. Ein Gedanke, durch den das Werk mehr an Distinktion als an Humor gewonnen hat. Der Humor beschränkt sich auf den Einfall, durch einen Platzregen eine komische Situation zu schaffen, die vielen Zuschauern ein Lächeln, manchen sogar ein Lachen abnötigte. Im übrigen entsprach die Stimmung des Publikums dem vornehmen Milieu und Prinz und Komtesse konnten sich kriegen, ohne durch unangemessene Heiterkeits­ausbrüche inkommodiert zu werden.

Wenn die Vorstellung nicht ganz genußlos verlief, so haben wir das Herrn Hagemann zu verdanken, der in der frappant fein beobachteten und genial treffsicheren Wiedergabe seines Prinzenerziehers wiederum eine Probe seines köstlichen vielseitigen Talentes ablegte. Auch die Darbietungen der Damen Henning, Kolmar und Sachs und der Herren Fender, Rückert und Vollmer bewiesen, daß unsere Kräfte auf der Höhe eines guten Lustspielensembles stehen.

Es fehlt eben nur das gute Lustspiel. Wie wäre es mit dem „Biberpelz”?
Dr. P. Schiemann.


„Düna-Zeitung” vom 6./19.2.1908:

Stadttheater.Seine Hoheit” Lustspiel in 3 Akten von Freiherrn v. Schlicht und Walter Turszinsky. Rezept: Man nehme den Prinzen Karl Heinrich aus „Alt-Heidelberg”, versetze ihn wegen zu flotten Lebenswandels an den Schauplatz des „Husarenfiebers”, erhebe die „Käthi” zur Gräfin, füge aus den „Goldfischen” den Freiherrn v. Pöchlar-Benzberg als Heiratsvermittler hinzu, lasse ein „Fräulein Doktor” auftreten, verwässere den Dialog bis zum Salongespräch, übergieße das Ganze mit einer „Veilchenfresser-Sauce” und wenn es schön braun und knusperig ist, überziehe man es mit dem väterlichen Segen eines regierenden Fürsten als Glasur. Die Portion reicht für einen vergnügten Abend, an dem man zwar ein paar mal herzlich lacht, meist aber nur behaglich schmunzelt, denn sie sind wirklich alle „zu nett”, die Menschen in deren Mitte sich Seine Hoheit so wohl fühlt. Seine Hoheit selbst aber ist ein allerliebster Schwerenöter, von dem man von vornherein weiß, daß er alle Herzen bezaubern wird, namentlich das kleine Herzchen der Komtesse Dagmar. Daß auch die anderen heiratsfähigen und heiratslustigen jungen Mädchen bis hinab zur Zofe auf ihre Rechnung kommen, braucht nicht erst gesagt zu werden; „es soll wohl so sein” meint der Hamburger Offiziersbursche Seiner Hoheit und er hat Recht.

Gespielt wurde wieder mit voller Hingebung an die gute Sache, sodaß wir in dieser Beziehung eigentlich nichts zu erinnern hätten. Nur Herrn Hagemann möchten wir davor warnen, seiner Darstellung des übergewissenhaften und überängstlichen Adjutanten den kleinen Stich ins Einfältige zu geben, der ihr anhaftete, und Herrn Fender davor, im Eifer der Aktion in den Typus zurückzufallen, den er so virtuos darzustellen versteht, der aber doch nicht ganz für ein vertrauliches Zwiegespräch mit regierenden Fürsten geeignet ist. Die Bonner „Borussia” ist etwas wählerisch in der Aufnahme ihrer Korpsbrüder und das muß man ihren „alten Herren” doch auch etwas anmerken.

Auf dem Theaterzettel war die Tochter dieses alten Herren, das Fräulein Doktor, von Frl. Henning sehr sympathisch dargestellt, als „beider Tochter” aufgeführt. Sollte eine dazu gehörige Mutter ohne jeden Schaden für das Stück als unbesetzbar gestrichen worden sein oder sollte es sich nur um einen Druckfehler handeln?

Wir können zum Schluß versichern, daß Seine Hoheit in weiten Kreisen seiner kleinen Garnisonstadt sehr beliebt war, vielleicht gelingt es Seiner Hoheit, sich diese Beliebtheit auch in Riga zu erringen.

Aus dem Bureau des Stadttheaters wird uns mitgeteilt:

Die reizende Lustspielneuheit „Seine Hoheit” von Freiherrn v. Schlicht und Walter Turszinsky wird am Donnerstag, Abonnement A. 34, zum ersten Mal wiederholt.

„Rigasche Zeitung” vom 6.2./19.2.1908:

Stadttheater. Daß Erbprinzen, wie die alten Götter, vom Olymp herabsteigen und sich zu den gewöhnlichen Sterblichen gesellen; ist seit „Alt-Heidelberg” auch auf den Brettern, die die Welt bedeuten; nichts Ungewöhnliches mehr; aber es mag seine Annehmlichkeiten haben, sich für ein Billiges ohne weitere Schwierigkeiten plötzlich in die Gesellschaft mehr oder weniger hoher Herren versetzt zu fühlen, die „so menschlich” mit unser Einem verkehren, daß man schier das Gruseln lernen könnte. Freiherr v. Schlicht ist so liebenswürdig gewesen, dem Publikum in seinem neuen Lustspiel „Seine Hoheit” dies Vergnügen zu bereiten. Das Stück weist eine geschickte Mache, einen leichtflüssigen Dialog und einen ansprechenden, freilich im großen Ganzen ziemlich seichten Humor auf und wurde denn auch beifällig aufgenommen. Viel mehr ist über das Stück und das Spiel der Damen Sachs, Henning, Kolmar und Munkwitz und der Herren Vollmer, Hagemann, Fender, Benthien, Busch, Schlismann-Brandt und Stegemann nichts zu sagen. Es war alles „sehr nett” — auch der wirkliche Regen, der in jeder Hinsicht erfrischend wirkte.


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© Karlheinz Everts