Aufführung im Stadttheater von Kiel am 23.September 1908 |
Besetzungsliste: | |
Der regierende Fürst von Totzau-Kremmingen |
Karl Rehder |
„Kieler Zeitung” vom 24.Sept. 1908:
Kieler Stadttheater.
Seine Hoheit von Frhrn. v. Schlicht und Turczinsky
Die Offizierskomödie unseres Landsmanns und seines Kompagnons, die am Mittwoch im Stadttheater ihre Kieler Erstaufführung erlebte, läßt an Naivität der Handlung und der Verbrauchtheit der Typen und des Witzes kaum etwas zu wünschen übrig. Daran ändern ein paar gelungene Episoden so wenig wie die an sich erfreuliche Tatsache, daß die Autoren ihrem Publikum schließlich drei verlobte Paare vorstellen können: nämlich zunächst — um die Paare nach ihrer sozialen Stellung aufzuzählen — Se. Hoheit den Erbprinzen Hans Albrecht, der, wegen früherer Extravaganzen in eine kleine Garnison strafversetzt, sich für die Verlobung mit einer hinter den Kulissen lebenden Prinzessin Olga vorbereiten soll, sich statt dessen aber in die Tochter seines Obersten, die niedliche Komtesse Dagmar, verliebt und, im übrigen ein tugendhafter Philister geworden, nach kurzem Sträuben fürstlichen Standesbewußtseins in rührender Schlußszene von seinem Herrn Papa die Einwilligung zur Mesalliance erhält. An zweiter Stelle empfehlen sich als Verlobte der prinzliche Adjutant Fedor von Stein, ein durch sein Verantwortlichkeitsgefühl und ein angebliches Magenleiden nervös gewordener Hauptmann, der im entscheidenden Moment nicht recht weiß, wie er eigentlich an die Schwelle des Eheglücks geraten ist, und Dagmars Cousine Baronin Constanze v. Scheideck, die Medizin studiert hat, aber ein frisches Mädel geblieben ist, und der man's daher einfach nicht glaubt, daß sie den Hauptmann, eine im Bausch und Bogen komische und auch wirklich erheiternde Figur, heiraten möchte. Das dritte Paar sind der prinzliche Bursche Kristian Tewsen, ein Hamburger, in dem die Autoren einen wirklichen Retter in der Not der Verflachung gefunden haben, und die gräfliche Zofe Nanny, die den Mann ihrer Zukunft mehr unter den Sternen als auf Erden sucht. Da sie aber weder den Erbprinzen, noch einen diesem nachspürenden Zeitungsreporter, vielleicht die unmöglichste Figur des Stückes, aus der selbst ein Herr Rossert nichts rechtes zu machen wußte, haben kann, begnügt sie sich mit dem Hamburger Jungen, wozu auch wir als Zuschauer der Herren v.Schlicht-Turczinsky uns allenfalls bereit erklärt hätten. Denn dieser Kristian, von Herrn Rumann echt hamburgisch im Ton dargestellt, und seine Nanny (Frieda Helm), sind so ziemlich die einzigen Figuren im Lustspiel, denen die Kraft zu interessieren schon von den Verfassern mitgegeben worden ist; bei allen anderen müssen's die jeweiligen Darsteller tun, die denn auch am Mittwoch den Beifall, den die Vorstellung fand, zum weit überwiegenden Teil auf ihr Konto schreiben dürfen. Unter der belebenden Spielleitung des Herrn Direktors Otto, der wieder drei hübsche Bühnenbilder, ein behagliches Interieur, ein majestätisches Waldinneres und eine überaus anheimelnde Villegiatur, stellte, verlief die Aufführung des Stückes, das übrigens den nicht zu verschweigenden Vorzug hat, daß der dritte Akt nach dem nüchternsten zweiten einen Aufschwung der Handlung bringt und somit das relativ lebhafteste Interesse des Zuschauers für den Schluß des Abends rettet, flott im Ensemble. Dazu taten die Herren Eckhof (Erbprinz), Rehder (regierender Fürst), Schumann (Oberst), Oppel (Baron v. Scheideck) und Dr. Senger (Hauptmann v. Stein), die Damen Gabrieli (Gräfin v. Wettborn), Thea Malten (Dagmar), Hilde Brand (Konstanze) sowie die bereits genannten Mitwirkenden mit Erfolg das Ihrige, um den bekannten Typen neue Farbe zu geben.
G.H.
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© Karlheinz Everts