Aufführung im Leipziger Schauspielhaus |
26.Dez. 1905 |
Aufführung im Theater am Thomasring zu Leipzig |
29., 30.Dez. 1905, 3., 19.Jan. 1906 |
Besetzungsliste: | ||
26.Dez.1905 | 3.Jan. 1906 | |
Baron von Grabow auf Grabowsee, Rittergutsbesitzer
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Carl Sick |
Carl Sick |
„Leipziger Tageblatt” vom 27.12.1905:
„Der Humorist” vom 1.Jan. 1906:
Leipziger Theaternachrichten.
. . . . Hingegen stand auf unserem Weihnachtswunschzettel für das Schauspielhaus eine wertvolle literarische Gabe; doch auch da gab es billige Ware. Momentunterhaltungskost für gedankenlose Leichtlebigkeit. „Im Notquartier” von Schlicht und Gordon. Der Inhalt? — gibt es nicht. Aufbau? — gibt es nicht. Form? — gibt es nicht. Das Autorenpaar nennt es in einsichtsvoller Bescheidenheit „ein Manöverbild”. Aber auch das ist es nicht. Denn unter Manöverbild denkt sich doch jedermann irgend etwas aus dem Berufsleben, aus der Tätigkeit des Militärs; im Notquartier aber wird immer nur gegessen, geschlafen und gekalauert. Das ganze Stück spielt sich in einem Gutshauszimmer ab. Da wimmeln Offiziere und Soldaten die schwere Menge herum; ein Gutsbesitzer, behaftet mit einer Tochter, Nichte, der üblichen jungen Possenwitwe, von welcher man lange nicht weiß, von wannen sie kam und schließlich auch nicht, was sie sollte und wollte; ein gräflicher Husarenoberleutnant und deus ex machina, ein bürgerlicher Infanterieleutnant, der auf den seltenen Namen Müller hören mußte, auf daß zu den seltenen Müllerspäßen Anlaß geschaffen wurde und welcher die adelige Nichte sofort und fortgesetzt freit, aber sie erst, obwohl sich nicht das geringste Hindernis ergibt, zum Schluß unter melodramatischer Begleitung kriegt; zwei — die Schablone erfordert höchtens einen — also zwei Fähnriche, einen verliebten und einen gefräßigen. Das alles von Fanfaren, Manövermusik, polnischen Dialektanklängen begleitet; mit einer neuen Figur — hört, hört! — einem schwarzen Offiziersburschen, einem entthronten Fürstensohn, ausgestattet und noch mehr des gewalttätigen, aber wirkungslosen.
Die Darsteller taten, was sie konnten und dem Publikum taten sie — leid, um im Tone von Schlicht und Gordon zu sprechen. Und noch etwas tut das Publikum, es freut sich auf eine ernst zu nehmende nächste Novität, denn das Schauspielhaus hat wiederholt den Befähigungsnachweis fördernder, nachhaltiger Tätigkeit erbracht, kürzlich erst durch vortreffliche Aufführungen der „Weber” und „Einsame Menschen”.
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© Karlheinz Everts