„Das Liebesmanöver”

Lustspiel in drei Akten

von

Curt Kraatz und Freiherr von Schlicht

Gastspiel des Stralsunder Stadt-Theater-Ensembles
im Konzerthaus zu Greifswald

am 5.Okt.1904


Besetzungsliste:

von Velsen, Oberst eines Infanterie-Regimentes
Katharina, seine Frau
Elli, seine Tochter
von Velsen, Major a.D.
Leontine von Breitenbach
Cäcilie, ihre Tante
Ernst von Winterstein, Oberleutnant
Curt von Winterstein, Kadett
Exzellenz von Koßwitz
Dr. Erich von Osten
Schröder, Bursche bei Oberst von Velsen
Kapellmeister
Ordonnanz
Erster Soldat
Zweiter Soldat
Dritter Soldat
Spielleitung:

Ernst Reymer
Olga v.Castell
Grete Schulte
Otto Hunold
Jadwiga Roskowska
Frau Lucie Wossidlo
Ferdinand Kautsky

Herbert Langhofer
Ernst Hellbach

Alfred Otbert

Paul Cahnbley
Alfred Franz
Otto Neubauer


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„Greifswalder Zeitung” vom 7.Okt. 1904:

Greifswald, 5. Oktober. Das Theater hat sich wieder aufgetan. Nach einem langen heißen Sommer, der für unsere Stadt an Bühnengenüssen und Konzerten besonderer Art so arm war, wie selten einer seiner Vorgänger, ist Herr Direktor Treutler gestern abend zum erstenmal mit einem Teil seiner Mimen von Stralsund herübergekommen, um wieder das altgewohnte Verhältnis aufzurichten, das unsere Stadt mit der Nachbarstadt verbindet. Als erste Gabe genossen wir ein neueres „Lustspiel” von Kurt Kraatz und Freiherr von Schlicht mit dem Titel „Liebesmanöver”. So heißt das Stück — wir können wohl sagen, ohne besondere Beziehung zu seinem Inhalt. Das Thema Liebe fehlt ja in keinem Theaterstück. Nur weil es diesmal in militärischen Verhältnissen verhandelt wird, hat es den Namen Liebesmanöver bekommen. Das Lustspiel führt uns in die Kreise der „erstklassigen Menschen”. Ob Freiherr von Schlicht, alias Graf Baudissin, daran mitgearbeitet hat, bevor er seinen Skandalroman schrieb, wissen wir nicht. Sein Anteil an diesem Lustspiel ist jedenfalls eine dichterische Betätigung erfreulicherer Art als sein ominöser Roman. Die Hauptsache in den „Liebesmanövern” sind zwei Liebespaare und ihr selbstredend mit der Verlobung glücklich endendes Schicksal. Die Tochter des Obersten, dessen Sein oder Nichtsein vom Erfolg der Besichtigung seines Regiments durch die Exzellenz abhängt, hat eine „tiefe” Neigung zu einem über die maßen unbeholfenen Leutnant der Reserve gefaßt und bekommt ihn trotz seiner Gefährdung der Karriere seines Schwiegervaters, und ebenso glücklich ist eine andere Dame, die in dem Ideal eines aktiven Leutnants auch ihr Ideal sieht. Die wichtige Rolle des Helfers in allen Nöten spielt ein Major a. D., dem trotz öfterer Versicherung des Gegenteils noch sehr viel Lebensfreude in seinem unfreiwilligen Ruhestand verblieben ist. Die Komik des militärischen Nachwuchses bringt ein Kadett, die des Alters eine leider scheinbar unvermeidliche alte Jungfer in das Stück. Die Wohnung des Obersten bildet den Schauplatz der Handlung, die bisweilen zu burlesk ist für ein Lustspiel und für die Behausung eines Obersten. —

Unter den Darstellern, besonders unter den Damen, waren mehrere, die unser Publikum noch vom vorigen Winter kennt. Frl. Dettmann spielte mit erfreulicher Frische und mit gutem Ausdruck, Frl. von Castell und Frl. Wossidlo versahen ebenfalls mit Geschick ihre Rollen. Die neuen Kräfte, Frl. Grete Schulte, die an Stelle des auf dem Zettel verzeichneten Frl. Groß getreten war, und Frl. Riedel, machten einen recht vorteilhaften Eindruck. Die beiden dankbarsten Herrenpartien hatten Herr Hunold und Herr Hellbach. Beide ließen es nicht an Eifer fehlen und erregten viel Heiterkeit. Sie waren im Vorteil gegenüber den Herren Reymer (Oberst) und Kautsky (Oberleutnant v. Winterstein), die sich — ersterer mit mehr Erfolg als letzterer — mühten, aus den dürftig charakterisierten ernsten Rollen etwas zu machen.



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© Karlheinz Everts