Aufführung im Residenztheater zu Dresden |
*3., 4.Juli 1909 |
Besetzungsliste: | |
General a.D. Lange.
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Bruno Bellmann |
„Dresdner Volkszeitung” vom 2.Juli 1909:
Residenztheater. Sonnabend findet die Erstaufführung der Lustspielnovität „Der Kaisertoast” von Freiherr von Schlicht und Walter Turszinsky statt.
„Dresdner Nachrichten” vom 3.Juli 1909:
Residenztheater. Heute zum erstenmal „Der Kaisertoast”.
„Dresdner Nachrichten” vom 4.Juli 1909:
Wochenspielplan des Residenztheaters. Sonntag: „Der Kaisertoast”. Montag: „Alt-Heidelberg”. Dienstag: „Der Kaisertoast”. Mittwoch: „Zapfenstreich”. Donnerstag: „Der Kaisertoast”. Freitag: „Alt-Heidelberg”. Sonnabend: „Der Kaisertoast”.
„Dresdner Nachrichten” vom 5.Juli 1909:
Im Residenztheater fand am Sonnabend die Erstaufführung des Lustspiels von Schlicht und Turszinsky Der Kaisertoast statt. Das Stück will seiner ganzen Aufmachung nach nicht mit literarischen Werten gewogen, sondern als harm- und anspruchlose Abendunterhaltung genommen sein. Diesen Zweck erfüllt es auch ganz leidlich und hat dabei noch den Vorteil, daß man sich wegen abstoßender Zwei- und Eindeutigkeiten durchaus nicht vorsehen muß, daß es also durchaus familienmöglich ist. Heutzutage könnte man fast schon dieserhalb dazu kommen, das Stück gut zu finden. Das Stück führt uns in irgendeine kleine Garnison a.D., wo ein Herr Oberst nicht nur die erste Violine spielt, sondern mitunter auch aus der ersten Trompete schmettert und donnert. Welch ein Schrecken, als ein an Rang und Jahren ihm überlegener General a.D. sich auch noch in besagtem Pensionopolis niederläßt und für seine Person den Platz am Pult der ersten Violine des kleinstadtluftigen Konzerts beansprucht. Kaisers Geburtstag steht vor der Tür. Wer soll den Toast sprechen? Der Herr Oberst a.D. oder der Herr General a.D.? Ersterer hat das Geschäft schon seit sechs Jahren, will und kann um keinen Preis davon zurücktreten, lieber das leibhaftige Leben lassen. Und der Herr General a.D. hält es mit seiner ranglichen Würde durchaus unvereinbar, einem anderen den Vortritt zu lassen. Allerlei komische Händel ergeben sich aus diesem etwas ältlichen Hahnenkampf; die vermittelnde Rolle ist dem Neffen des Obersten zugedacht, der vom Onkel ein paar braune Lappen erhalten soll, wenn er ihm das Geschäft rettet. Endlich packt den General ein menschliches Rühren, er tritt zurück, und als nun der andere vorlegen soll, ist er stockheiser, so daß nun der hilfsbereite Neffe im Kreise der alten Herren toasten muß. Tableau, Vorhang. Außerdem werden in dem Stück noch drei Männer ans eheliche Kreuz genagelt. Das Lustspiel ist nach der bekannten Methode von Anno dazumal zurechtgezimmert, mit den ältesten Kalauern aufgeputzt, die heutzutage kaum mehr in Leutnantskreisen möglich sind. Da und dort glaubt man fast die selige Marlitt ihren Kopf mit einem sentimentalen Augenaufschlag zur Tür hereinstecken zu sehen. Am besten ist noch die Figur des Leutnants gezeichnet: ein Schlemmer, der für eine Gänseleberpastete das Recht seiner Erstgeburt verkaufen könnte und dem zarten Geschlecht stets mit der reifen Ruhe und Überlegenheit des Weltmannes gegenübertritt. Und als er endlich, wie's im Lustspiel ja immer notwendig ist, doch ins Garn geht, führt der Weg zu seinem Herzen selbstverständlich über den Magen. Wie das Stück, so das Spiel. Es wurde im großen Ganzen recht hübsch und unterhaltend agiert. Herr Opel gab den Leutnant recht sicher, gewandt und ansprechend, Herr Knaack hatte für den Exkomödianten und Wirt die richtigen Töne gefunden. Das alte Herrenkollegium war bei den Herren Braeuer, Fiering, Vogel, Olbrich, Christ, Janda und Bellmann gut aufgehoben; nur sollte letzterer darauf bedacht sein, seinen kleinen Zungenfehler in der Aussprache wegzubekommen. Gut angelegt, nur ein bißchen sehr theatralisch war Fräulein Münchheim als Oberstengattin; eine echte Berliner Pflanze war Fräulein Conrad, während Fräulein Breuer für die junge Witwe auch Töne warmer Herzlichkeit fand. Fräulein Raab war eine fesche und forsche Köchin, die den österreichischen Dialekt allerdings wohl nur vom Berliner Hörensagen her kannte. Über das Sprechen könnte überhaupt macherlei gesagt werden. An einer ordentlichen Bühne soll man nicht andauernd von einem Don Schuan reden; das beleidigt kultiviertere Ohren. Um kleinere Rollen machten sich noch Fräulein Birn (Pikkolo) und Herr Hellwig (Diener) verdient. Für die lebensvolle Regie zeichnete Herr Ignaz Janda. Das Werk fand dank der hübschen Aufführung freundlichsten Beifall.
H.D.
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© Karlheinz Everts