Corso-Café
Bielefeld


„Allg. Zeitung für Westfalen” vom 2.12.1924

Die „Westfälischen Neuesten Nachrichten” melden am 3.12.1914:

Kleinkunstbühne Corso-Café. Auch das Dezember-Programm ist mit großem Geschick zusammengestellt und versteht durchaus, das Publikum zu fesseln. Zunächst tanzt Vera Deara einen Spitzentanz, ein Intermezzo, und läßt ihrem tänzerischen Temperament die Zügel schießen. Den Leuten gefällt sie ganz ausnehmend, der Beifall ist vollauf verdient. Claire Becker, die Liedersängerin, imponiert durch den Umfang und die Höhe ihrer Stimme. Sie singt Lieder aus Opern von Meyerbeer, Puccini und zum Schluß die Tarantella aus Millöckers Operette „Gasparone”, und gerade hier entfaltet sie ihr reiches Können und beweist sie ihre seelische Ausdrucksfähigkeit. Freiherr von Schlicht, dessen Gastspiel bis zum 7. Dezember läuft, übt wohl die größte Anziehungskraft auf das Publikum aus, ein Zeichen, daß seine vielen Bücher ihn bekannt gemacht haben. Aus diesen Büchern liest er vor. Er steht vor uns als Schriftsteller — wie er selbst sagt — nicht als Vortragskünstler, aber seine feine und natürliche Art des Vortrags und seine lebenswahren, humoristisch-satirisch gehaltenen Plaudereien machen ihn uns lieb und wert. Hans Jürgen aus Bremen, Stimmungssänger und Conferencier, bringt wirklich Stimmung in die Bude, zwingt zum Lachen. Otto Torwa, ein musikalischer Pierrot, macht sehr hübsche Sachen, die das Publikum staunen lassen.


Die „Westfälische Zeitung” meldet am 4.12.1924:

Frhr. von Schlicht im Corso-Kabarett.

Im Corso ist Freiherr von Schlicht, der einst so vielgelesene Militärhumorist, der mit seinen frischen Vorträgen dem Kabarett eine sehr ansprechende, originelle Note gibt. Es ist bewundernswürdig, wie dieser 67jährige alte Herr, der Not der Zeit gehorchend, seit 2 Jahren durch die deutschen Städte reist und mit unverwüstlichem Humor sich durchsetzt. Ist er auch in Hannover vor einiger Zeit bei Betreten eines allzuglatten Podiums hintübergestürzt und hat Verletzungen davongetragen, andern Tages steht er unbekümmert wieder seinen Mann, läßt sich nichts anmerken und spricht. Anmutig weiß er immer von den Vorzügen und den kleinen Schwächen des schönen Geschlechts zu plaudern, und seine großen, schwarzen Augen lachen, wenn er erklärt, daß eine vollkommene Frau eine gehörige Portion Unvollkommenheit haben muß.

Aber auch die übrigen Mitwirkenden wissen angenehm zu unterhalten. Die graziöse Vera Deara gibt Tanzphantasien, wofür allerdings das nüchterne schmale Podium nicht ausreicht. Claire Becker wartet mit Liedern auf, die glücklicherweise flachen Kabarettjargon vermissen lassen. Ein musikalischer Pierrot Otto Torwa versteht allerliebste Laute seinem Spazierstock zu entlocken und Hans Jürgen als Konfenzier sein Publikum in angeregter Stimmung zu halten.


Die „Volkswacht” schreibt am 4.12.1924:

Corso-Café. Das Kabarett-Programm des Corso-Cafés (Bahnhofstraße) für den Anfang Dezember ist sehr abwechslungsreich. Der Stimmungssänger Hans Jürgen, ein Holsteiner, ist nicht nur Ansager allein, sondern trägt auch frivole Couplets geschickt vor. Dera Diara, eine junge Tanzkünstlerin, ist ferner zu sehen. Eine nicht unbegabte Liedersängerin, Claire Becker, trägt mit Geschmack Opernbruchstücke vor. Vom 2. bis 7. Dezember ist außerdem auf dem Kabarett-Podium des Corso-Cafés der bekannte Schriftsteller Freiherr v. Schlicht (Baudissin) zu Gast. Er liest aus seinem Kabarett-Buch in schlichter und doch herzlicher Art kleine Erzählungen vor. Der musikalische Pierrot, Otto Torwa setzt das Publikum mit seinen grotesken Instrumenten in Bewunderung. In der wertvollen Kabarett-Kapelle residiert jetzt am Flügel der in Bielefeld nicht unbekannte Paul Fohrmann.


zurück zur

Schlicht-Seite
© Karlheinz Everts