Aufführungen im Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater zu Berlin
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Besetzungsliste: | |
Der regierende Fürst von Totzau-Kremmingen |
Heinz Schmidt |
„Kleines Journal”, Berlin, 16.Nov. 1908:
Freiherr v. Schlicht und Walter Turszinsky, die Autoren des Lustspiels „Seine Hoheit”, das am Freitag seine Erstaufführung erlebte, haben technisches Geschick und hin und wieder einen guten Einfall bekundet. Das reicht zur Fabrikation eines Kassenstückes, das die Herren voraussichtlich liefern wollten, nicht ganz aus, aber das gutgelaunte Publikum applaudierte, und so fand das Werk eine im ganzen sehr freundliche Aufnahme. „Seine Hoheit” ist ein kleiner Erbprinz, der es in der Residenz ein wenig gar zu toll getrieben hat, und zur Strafe in ein Infanterie-Regiment in der Provinz versetzt wird. Dort lernt er die Tochter seines Obersten kennen und lieben, und sein Vater, der Fürst, segnet zur allgemeinen Überraschung den Bund. Die Handlung ist, wie man sieht, gewiß ein wenig dürftig, und die verschiedenen komischen Figuren erscheinen etwas abgenutzt, aber zuweilen gibt es doch einen guten Scherz, der zum frohen Lachen zwingt. Die Aufführung war weniger gut, als man es an dieser Stätte gewöhnt ist: nur Herr Baselt schien ganz auf der Höhe, und auch Fräulein Lafrenz war recht natürlich und erzielte komische Wirkungen.
„Bühne und Welt” 11. Jahrgg. 1908/09 Seite 215:
Von der Soldateska des dreißigjährigen Krieges, wo es so derb natürwüchsig und lärmvoll zugeht, versetzt uns das Lustspiel „Seine Hoheit” in das gesittetere Milieu des modernen Soldatenstandes. Das Friedrich-Wilhelmstädtische Schauspielhaus hat mit diesem Stücke der Herren von Schlicht und Walter Turszinsky einen überaus glücklichen Griff getan, wenn man den kräftigen Beifall des zahlreich erschienenen Publikums als Gradmesser für die inneren Qaulitäten des Lustspiels gelten lassen will. Aber wenn auch die Handlung verhältnismäßig nur mager ist und die Szenen und Typen nicht funkelnagelneu sind, so muß doch das unleugbare Geschick anerkannt werden, mit dem es die beiden Kompagnons verstanden haben, die zum Teil bewährten Schwankfiguren in lustigen Gruppierungen und überraschenden Szenen auf die Beine zu bringen. An einigen aktuellen Winken und Bezügen auf unsere Hofluft atmenden Kreise fehlte es auch nicht, und, da neben einigen älteren auch recht viel neue und gute Scherze und Späßchen eigeflochten waren, so fanden die Verfasser mit Recht die Lacher auf ihrer Seite, trotzdem das Tempo mitunter weniger schleppend sein konnte und einige Darsteller den Text ihrer Rolle nicht sicher genug beherrschten. Gefährlich wurde nur die völlig verzeichnete Figur eines Reporters, und es ist der diskreten und behutsamen Komik des Herrn Baselt zuzuschreiben, daß diese Karrikatur einigermaßen glaubhaft wirkte und den Auftritten, in denen er, zum Glück immer nur vorübergehend, erschien, nicht den Garaus machte. Wo haben nur die Herren von Schlicht und Walter Turszinsky, die doch beide dem Journalismus nicht ferne stehen, das Vorbild zu dieser Figur hergenommen? Durch solchen Reporter ließe sich doch wirklich nicht einmal das erbärmlichste Winkelblatt bedienen. Auch die übrigen Darsteller taten alles zum Gelingen, so daß sie ein ausdrückliches Kollektivlob verdienen; neben Herrn Sarnow als flotten schneidigen Erbprinzen Hans Albrecht von Totzau-Kemmingen tat sich besonders Helene Lafrenz hervor, die als verliebtes Dienstmädchen ihre Rolle in das höhere Soubrettenfach erhob.
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© Karlheinz Everts