Besetzungsliste: | |
von Velsen, Oberst eines Infanterie-Regimentes
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„Znaimer Wochenblatt” vom 25.Sep. 1909:
Stadt-Theater. Unter der neuen Direktion der Frau Marie Leopold wird am 2. Okt. l.J. die Saison 1909/10 am Stadtthetaer mit der Novität: „Liebes-Manöver”, Lustspiel in drei Akten von Kurt Kraatz und Freiherr von Schlicht eingeleitet.
„Znaimer Wochenblatt” vom 6.Okt. 1909:
Stadttheater.
Samstag, den 2. Oktober 1909, wurde unser Musentempel unter einer neuen Direktion, welcher von Klagenfurt her ein sehr guter Ruf vorausging, wieder eröffnet und hoffen wir mit allen Theaterfreunden, daß der Besuch fortdauernd ein guter sei und die schlecht besuchten Vorstellungen zu den Seltenheiten gehören. Der Direktion M. Leopold wünschen alle Freunde des Theaters das beste Gedeihen. —
Die Eröffnungsvorstellung brachte uns schon eine Novität und zwar: „Liebes-Manöver”, ein Lustspiel in drei Aufzügen von Kurt Kraatz und Freih. v. Schlicht. Vorerst Fest-Ouverture, dirigiert von Herrn Musikdirektor Welik. Das sehr gut besuchte Haus spendete dem Dirigenten lebhaften Beifall.
Der Inhalt des Lustspieles ist kurz gefaßt folgender: Des Obersten v. Velsen einziges Töchterlein Elli ist verliebt in einen Reserveoffizier, der zwar ein großer Gelehrter, aber kein Militär ist. Es soll Papas Geburtstag gefeiert werden und kommt deshalb auch eine Kousine Ellis, Leontine von Breitenbach, zu Besuch, um bei lebenden Bildern, die zu Ehren des Geburtstagskindes dargestellt werden sollen, mitzuwirken. Der Adjutant des Obersten, Ernst von Winterstein, für den sich Leontine interessiert und welcher ihr in der Residenz die größten Aufmerksamkeiten erwiesen, wird von Tante Zäzilie bei Leontine beschuldigt, eine Frau und Kind zu erhalten, denen er noch von der Garnison, wo er gegenwärtig sei, Geld schicke. Oberleutnant v. Winterstein hat einen Bruder, den Kadetten Kurt v. Winterstein, der sich ungeheuer wichtig dünkt, zu allem Unsinn aufgelegt und daher aber mit rührender Liebe an seinem Bruder hängt. Elli, die gerne ihrem Verehrer v. Osten im Hause ihes Vaters Zutritt verschaffen will, ersucht ihn, da ihre Mutter sie als Braut für einen Verwandten bestimmt hat, zum Scheine ihrer Kousine den Hof zu machen und so als Verehrer derselben eingeladen zu werden. Es lebt im Hause des Obersten auch ein Bruder desselben, der nach einem Manöver in Pension geschickt, zittert, daß seinen Bruder das gleiche Schicksal treffen möchte, die Gattin des Obersten, die mit allen Fasern an der Stellung ihres Mannes hängt, die eigentlich das Kommando im Hause führt, der Oberst, der für seinen Beruf lebt und stirbt. Es wird telegraphisch nun die Ankunft des Höchstkommandierenden gemeldet. Oberst v. Velsen läßt sein Regiment ausrücken und der unglückliche Osten ist schuld, daß der Parademarsch ins Wanken kommt. Er kommt todmüde vom Exerzierfelde in das Haus des Obersten und findet dort Leontine, welche ihn dem mittlerweile zurückgekehrten Oberleutnant v. Winterstein als Verlobten präsentiert. Liebes-Manöver: Oberleutnant v. Winterstein setzt sich mit Elli, der die Geschichte nicht behagt, zu einem Tisch und küßt ihr die Hand. Darüber ist v. Osten erbost und erklärt, er tue nicht mit, er sei nicht der Verlobte von Fräulein Leontine, seine Liebe gehöre Elli und er wolle sofort bei ihrem Vater um ihre Hand anhalten. Der gleichfalls vom Exerzierfeld zurückgekehrte Oberst ist sehr verstimmt, er denkt, seine Karriere sei wegen des verunglückten Parademarsches zu Ende. Jetzt tritt sein Bruder mit seiner ganzen Liebe für ihn ein, bestimmt die Schwägerin, daß sie ihren Gatten tröstet und wieder den Bruder, seine Gattin zu trösten, da sie schwer leidend sei; ein gleiches teilt er noch der Schwägerin inbezug auf den Obersten mit — und die beiden finden eins in des anderen Trost. Mittlerweile wird der Höchstkommandierende angemeldet; er will nicht eher wegreisen, ehe er nicht dem Obersten sein Avancement persönlich mitgeteilt. Natürlich klären sich jetzt alle Mißverständnisse und die Liebenden erhalten den Segen.
Gespielt wurde sehr gut und waren alle Darsteller ihrer Rolle sicher, bis auf Frl. Nelson als Elli v. Velsen, die in allem noch zu sehr die Anfängerin verriet. Es scheint ihr auch das Rollenfach der Naiven, die sie doch darstellte, nicht recht zu liegen. Besonders hervorzuheben war der Oberleutnant des Herrn Lenk sowie die Leontine des Fräulein Neumann und der Kadett des Fräulein Schweiger. Sie gefielen allgemein. Das Zusammenspiel war sehr gut und läßt auf eine vorzügliche Spielleitung schließen. Das Publikum spendete bei jedem Aktschluß Beifall und verließ in sehr animierter Stimmung das Theater.
„Deutsches Südmährerblatt” vom 8. Okt. 1909:
Znaimer Stadttheater. Und so haben sich denn die Pforten unseres kleinen Musentempels wieder geöffnet. Am Samstag fand der Beginn der heurigen Saison statt und wurde aus diesem Anlasse vor ausverkauftem Hause das Lustspiel „Liebes-Manöver” von Kurt Kraatz und Freiherr von Schlicht zur Aufführung gebracht. Es wäre verfrüht, gleich nach der ersten Aufführung abschließende Kritik zu üben, denn die meist jungen Kräfte des Ensembles brauchen ja Zeit, um sich einigermaßen zusammenzuspielen. Im großen und ganzen wurde ganz nett gespielt und es ist nur zu wünschen, daß der Eifer der Darsteller anhält. Sehr gut hat uns Herr Lejeune gefallen, der seine Rolle vollkommen beherrschte und auch recht flott spielte. Dasselbe Lob können wir leider nicht der „Naiven”, Frl. Nelson, spenden, denn die junge Dame muß Mitleid erregen, wenn man sie in ihrem dermaligen, wohl durch übergroße Naivität hervorgerufenen Zustande über die Bretter tänzeln sieht. Eine recht eigentümliche „Naive”! Da wird sich die Direktion gar bald um einen Ersatz umschauen müssen, was ihr umso leichter fallen wird, als ja Frl. Nelson sehr leicht wird ersetzt werden können. Frl. Marie Swoboda war unbedingt viel zu alt, um die Gattin des erst 50jährigen Obersten v. Velsen zu geben. Herr Lenk spielte den Oberleutnant v. Winterstein ebenso, als wenn er einen Salzarieskommis darzustellen hätte. Auch die Aussprache und die Handbewegungen beim Sprechen, erinnerten sehr an „ä Jüngl”. Frl. Schweiger als Kadett v. Winterstein, war recht nett. Die übrigen Darsteller taten ihr Bestes. Ausstattungen und Toiletten reichten nicht an die der vorigen Direktion heran, dafür sind die Kräfte, so weit man sie bisher kennen lernen konnte, besser.
Am Dienstag erfolgte dann die Wiederholung des Lustspiels „Liebes-Manöver”, das vor nahezu ausverkauftem Hause über die Bretter ging, obwohl es erst die erste Abonnementsvorstellung war.
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© Karlheinz Everts