Besetzungsliste: | |
von Velsen, Oberst eines Infanterie-Regimentes
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Georg Brunow |
„Leipziger Tageblatt” vom 29.10.1903:
„Stadttheater.” Den gegenwärtig stattfindenden Proben zu der Lustspielnovität „Liebesmanöver” (Première am Sonnabend im Alten Theater) wohnt der eine der Autoren, Freiherr von Schlicht, bei; derselbe wird auch bei der Erstaufführung anwesend sein.
Im „Kleinen Journal”, Berlin, liest man am 4.Nov.1903:
„Liebes-Manöver”, das neue dreiaktige Lustspiel von Curt Kraatz und Freiherrn v. Schlicht, ist nach seiner erfolgreichen Première in Köln, wo es schon das Jubiläum der 25. Aufführung feiern konnte, durch Vermittlung des Verlages Felix Bloch Erben in Berlin von mehr als 100 Bühnen angenommen worden. Intendant v.Possart wohnte einer Aufführung des Lustspiels am Stadttheater in Leipzig bei und erwarb das Werk sofort für das Hoftheater in München.
„Leipziger Volkszeitung” vom 2.Nov. 1903:
Theatralisches Allerlei. Zwei Feiertage nacheinander – das bedeutet natürlich für Leipzig, wie die Dinge jetzt liegen, eine unerquickliche Anhäufung von Schauspielgenüssen. Am Sonnabend [31.10.1905] Premiere im Alten Theater (Liebesmanöver) und Premiere im Schauspielhaus (Martin Luther), am Sonntag vormittag Gastspiel des Salons für alle Kunst (Salome) im Schauspielhaus, nachmittags Gastspiel der Frau Maeterlinck im Neuen Theater und Arbeitervorstellung im Alten Theater, abends Operettenpremiere im Zentraltheater und Krystallpalast. Das ist etwas viel auf einmal, und die Herren, die für diesen Aufführungswirrwarr sorgen, müssen es sich nun wohl oder übel gefallen lassen, daß summarisch berichtet und auf näheres Eingehen verzichtet wird.
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Hatte die Sensationsnummer Salome ihren lauten Sensationserfolg, so fehlte es auch dem am Sonnabend zum erstenmal gegebenen Schwanke Liebesmanöver von Kurt Kraatz und Freih. v. Schlicht nicht an lautem Beifall. Das Stück zeigt stark vergröberte Mosersche Art. Es ist ein Militärschwank mit Verwechslungen, Verkleidungen und Überraschungen, sehr sorglos aufgebaut und plump gezimmert, mit einigen kecken Wendungen. Ich will offen gestehen, daß ich unfähig bin, die Lustigkeit eines solchen Stücks zu genießen, das noch geringere Ansprüche stellt, als der gewiß schon anspruchslose Bunte Rock; wenn diese „Lustspiel”art Mode werden sollte, lerne ich noch Herrn von Moser als einen Dichter ersten Ranges schätzen. Auf den Kritiker kommt es ja aber bei Schwankerfolgen nicht an. Das Publikum hatte seine Freude an dem Ding, Herr von Schlicht konnte wer weiß wie oft sich dankend verneigen, und so mag wohl das Stück dringende Bedürfnisse befriedigen. Von den Darstellern ist Herr Colmar hervorzuheben, der der halbwegs dankbaren Rolle eines schnoddrigen Kadetten zu starker Wirkung verhalf, und Fräulein Oferta, die wieder einmal ein süßer verliebter Backfisch war.
„Leipziger Tageblatt” vom 2. Nov. 1903:
Altes Theater. Das „Schwarze Schäflein” in der Südvorstadt, im Alten Theater die „Liebes-Manöver” — das neue Lustspiel von Curt Kraatz und Freiherrn von Schlicht — lauter Offizierstücke; das Militär hat sich die Bühne erobert. Eben ist, leider!, der vortreffliche Lustspieldichter gestorben, der bei dieser Eroberung an der Tête stand, Gustav v. Moser — aber er lebt fort in allen diesen Stücken, die zum Teil von dem Proviant zehren, womit er die Repertoire gefüttert hat. Unwillkürlich fallen uns seine Lustspiele ein, wenn seine Epigonen ihre Offiziere auf die Bühne bringen; wir glauben nur neue Varianten seiner Charaktere und Situationen zu sehen. So erging es uns auch bei den „Liebes-Manövern”, die ja an den ersten Abenden eine freundliche Aufnahme fanden — am Sonnabend wurde der anwesende Mitverfasser Freiherr von Schlicht hervorgerufen.
Das Lustspiel hat den munteren Ton, welcher den Moserschen Lustspielen eigen ist und das soldatische Milieu ist gut getroffen. Die Intrige aber ist schwächlich und wird durch das Eingreifen der alten Tante Cäcilie mit einem sehr fadenscheinigen Motiv bereichert. Die Hauptsache ist, daß der Oberst, der schon Angst vor dem blauen Briefe hat, am Schlusse Oberwasser behält und wenn seine gebieterische Gattin nach den Generals-Epauletten schielt, so werden sich ihre Hoffnungen bald erfüllen. Zwei Liebespaare, deren Intrigen sich bis zu einem verwegenen Kuß versteigen, der absichtlich einer falschen Adresse zugewendet wird, werden am Schluß von den Dichtern eingesegnet. Dies Glück läßt das Publikum ziemlich gleichgültig, aber es amüsiert sich an den Keckheiten eines jungen Kadetten, an den Ungeschicklichkeiten eines Gelehrten, den Gott in seinem Zorn zum Reserveleutnant gemacht hat, und an dem behaglichen Kneipenhumor eines pensionierten Majors, der seinem ehrgeizigen Bruder, dem Obersten, der vor lauter Dienst nicht zur Besinnung kommt, die Vorzüge des Ruhestandes ans Herz legt. Wenn man die Kritik zu Hause läßt und nicht in Erwägung zieht, wie viele von diesen Situationen und Charakteren schon dagewesen sind, da mag man sich ja bei dieser anspruchslosen Offizierskomödie einigermaßen ergötzen. Das empfängliche Feiertags- und Sonntagspublikum nahm manches Belustigende der Charaktere und manche komische Wendung mit Behagen auf. Es ist wohlfeile Kost, doch unsere Repertoire können ohne dieselbe nicht bestehen.
Gespielt wurde ganz munter. Der Oberst des Herrn Brunow machte den Eindruck eines pflichteifrigen Offiziers mit einigen cholerischen Anwandlungen; der Major des Herrn Demme war ein behaglicher Pensionär von bester Laune, der mit dem Bruder in gutem Kontrast stand. Der Kadett Kurt des Herrn Colmar gehörte zu dem jungen Nachwuchs, der sich nach Mosers Reif-Reiflingen herangebildet hat; seine Heiterkeit war ganz ergötzlich. Der Oberleutnant Ernst von Winterstein ist uns bei Moser, Schönthan, Kadelburg schon oft begegnet. Dort heißt er zwar anders; doch es ist immer derselbe ritterliche Offizier und Herr Schuy muß in Verlegenheit geraten, wenn er ihm neue Gesichter anschminken soll. Erich von Osten ist ein junger Assyriologe, der sich besser auf Kapitel über „Babel und Bibel”, als auf die Paragraphen des Exerzierreglements versteht. Herr Hänseler stellte seine Unbeholfenheit, sich in der Uniform zu bewegen, recht lustig dar, uns schien zwar ein solcher Reserveoffizier eine Unmöglichkeit, wobei nicht den Darsteller, sondern die Verfasser des Lustspiels die Schuld trifft. Daß der Herr als „ehelich Gemahl” nicht unmöglich ist, davon war Elli von Velsen überzeugt, die ihn mit allerlei Hinterlisten wegkapert. Diese schablonenhafte Salonnaive wurde von Frl. Oferta anmutig dargestellt, die nicht minder schablonenhafte Salondame Leontine von Breitenbach von Frl. de Lalsky mit eleganter Tournure und lebendigem Spiel. Frl. Schippang als Frau Oberst von Velsen war eine ehrgeizige und herrschsüchtige Dame, die Cäcilie des Frl. Dalldorf ein unsympathischer alter Drache, Exzellenz von Koßwitz des Herrn Röbbeling ein wohlmeinender Deus ex machina.
Rudolf von Gottschall.
„Hamburger Fremdenblatt” vom 3. Nov. 1903:
Die Première von ”Liebesmanöver” im alten Stadt-Theater in Leipzig hatte durchschlagenden Heiterkeitserfolg. Der anwesende Verfasser Freiherr v. Schlicht wurde lebhaft hervorgerufen. —
„„Der Humorist” vom 10.Nov. 1903:
Im Lustspiel ging als Novität „Liebesmanöver” von Kurt Kraatz und Freiherrn v. Schlicht (dem fruchtbaren Militärhumoristen) in Szene. Er ist nach dem Moserschen Rezept bearbeitet. Das Milieu ist gut gewahrt, aber die Schürzung des Knotens ist sehr schwach, während sich ein behaglicher Humor, der ein empfängliches Publikum stets erfreuen wird, nicht verleugnen läßt. Gespielt wurde flott, die Pointen gut hervorgehoben, die hauptsächlich auf den Kadett Kurt des Herrn Colmar entfielen. Die Herren Brunow (Oberst), Demme (Major), Schuy (v. Winterstein) waren die bekannten Offizierstypen, die einzige Naturerscheinung unter ihnen der komische und ungeschickte Assyriologe und Reserveleutnant des Herrn Hänseler. Die Damenrollen, denen Eigenart nicht zuzusprechen ist, hatten die Damen Oferta, de Lalsky, Schippang und Dalldorf inne.
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© Karlheinz Everts