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„Das Liebesmanöver”Lustspiel in 3 AktenvonCurt Kraatz und Freiherr von Schlicht
Erstaufführung am 1.Mai 1905 im Belle-Alliance-Theater in Berlin,
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Besetzungsliste: | |
von Velsen, Oberst eines Infanterie-Regimentes
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Herr Artur Winckler, Adolf Herting 25.-28.5.05 |
Am Dienstag, 2. Mai 1905, liest man in der „Vossischen Zeitung”:
„Liebesmanöver”, die Novität des Belle-Alliance-Theaters, wird heute Dienstag zum ersten Male wiederholt.
Am Donnerstag, 4. Mai 1905, erscheint in der Nr. 207 der „Vossischen Zeitung” die Besprechung:
Bellealliance-Theater. Die Militärkomödien, in denen das Soldatenleben von der humoristischen Seite gezeigt wird, finden stets Anklang beim Publikum, umsomehr, wenn sie, wie das dreiaktige Lustspiel „Liebesmanöver” von Curt Kraatz und dem Freiherrn v.Schlicht trotz mancher Anlehnung an gute alte Bekannte, wie den „Veilchenfresser” und „Krieg im Frieden” doch auch manche neue nette Situation, manchen guten Witz enthalten. Die Gestalten des Lustspiels sind freilich nichts weniger als originell, am besten gelungen wohl der pensionierte Major v.Velsen, der stets zwischen der Freude an dem ihm jetzt beschiedenen ruhigen Lebensgenuß und der Wehmut über den zu früh eingebüßten Lebensberuf schwankt, schließlich aber der Beschützer und gute Engel der Liebespaare des Stückes wird. Die Rolle wurde von Herrn Sondermann sehr sympathisch dargestellt; er wurde sowohl den komischen wie den ernsteren Momenten völlig gerecht. Neben ihm ist Heinz Gordon als Reserveleutnant Dr. v.Osten zu nennen. Der Schauspieler verstand dieser Rolle, die auf der deutschen Bühne schon in mehreren Auflagen dagewesen ist, durch sein direktes und sehr drolliges Spiel zu voller Wirkung zu verhelfen. Seine Partnerin, Frl. Schiff, tat ihr Bestes, um den traditionellen Backfisch, der noch aus Gustav v.Mosers Zeiten stammt, so naiv als möglich zu gestalten. Das zweite Liebespaar des Lustspiels wurde von Frl. Stauffen und Herrn Herting gespielt. Beide besitzen für derartige Rollen Ton, Manier und die nötige etwas kühle Routine. Auch die übrigen Rollen: Oberst v.Velsen, seine Gattin, Tanta Cäcilie, die Excellenz v.Koßwitz befanden sich bei den Herren Winkler und Toussaint, bei Fräulein Brahms und Frau Jordan in ganz guten Händen. Fräulein Lenz als Kadett v.Winterstein ist nicht ohne Talent, wird sich aber von der übertreibenden Theaterschul- oder Provinzmanier, mit der sie die besten Effekte der sehr dankbaren Rolle zerstört, abgewöhnen müssen. Im ganzen stand jedoch die Vorstellung, dank den durchweg anständigen Leistungen der beschäftigten Künstler auf einem weit höheren Niveau als manche der vorhergehenden Aufführungen, so daß das harmlose, aber ganz unterhaltende Stück, namentlich der dritte Akt es zu hübschem Erfolg brachte. Herr Sondermann hatte das Lustspiel sorgfältig in Szene gesetzt.
Am 6. Mai 1905 meldet die „Vossische Zeitung”:
„Liebesmanöver”, die zugkräftige Novität des Belle-Alliance-Theaters, ist soeben auch für das neue Lustspieltheater in Wien angenommen. Direktor Jarno wird das Stück für Österreich bearbeiten.
Am 13. Mai 1905 bringt die „Vossische Zeitung” die Meldung:
Im Belle-Aliance-Theater debutiert heute, Sonnabend, im Zugstück „Liebesmanöver”, Frl. Ina Tepper vom Lustspielhaus als Kadett Kurt von Winterstein.
„Berliner Lokal-Anzeiger” vom 2. Mai 1905:
Im Belle-Alliance-Theater gab es gestern abend das dreiaktige Lustspiel von Curt Kraatz und Freiherrn von Schlicht „Liebesmanöver”. Das Lustspiel ist ein echtes und rechtes Soldatenstück, welches alle die Drangsale und Fährnisse des pensionierten und des seine Pensionierung befürchtenden Offiziers zur Darstellung bringt. Ein gesunder und frischer Humor durchweht das Ganze, eine harmonische, lebendig belebte Handlung hielt das Publikum bis zum Schluß in angenehmer Spannung, und man belachte die oft sehr treffenden, witzigen Bemerkungen in freundlichster Weise. Es ist wirklich erfreulich, daß man nach den Soldatenstücken und -geschichten der letzten Zeit wieder einmal in die kleinen Harmlosigkeiten einer kleinen Garnison eingeführt wird und daß man sich wieder einmal über die liebgewordenen, aber immer erfreulichen Figuren und Situationen ergötzen kann. Da fehlt niemand: der schneidige, diensttüchtige Oberst und Regimentskommandeur, die ehrgeizige, alles beherrschende Kommandeuse, der aigrierte, pensionierte Major, der den blauen Brief nicht vergessen kann und unter der rauhen Außenseite ein goldenes Herz verbirgt, der angenehme Leutnantsschwerenöter, der ungeschickte, unbeholfene Reserveleutnant, der seinen Regimentskommandeur fast an den Rand des Abgrundes bringt, die alte, spinöse, sitzengebliebene Tante, die jungen, heiratsfähigen Töchter des Regiments, die Faktota von Burschen – und endlich der zukünftige Marschall aus Groß-Lichterfelde, der Kadett, dessen letzte Ambition zwischen Windbeutelei und Liebesabenteuern schwanken. Aus diesem Personal ist die Handlung leicht zu konstruieren, und die Geschicklichkeit der Verfasser sorgt denn schließlich auch dafür, daß zu guter Letzt die Richtigen verlobt werden und der Oberst, der sich schon verloren glaubte, ruhigen Mutes den ersehnten Generalsstreifen entgegenschreitet. Von den mitwirkenden Herren wurde durchweg gut gespielt. Emil Sondermann, der sich übrigens auch als sehr geschickter Regisseur erwies, gab eine Glanzleistung als pensionierter Major mit wirklich echten, soldatischen Tönen; Otto Herting als Oberleutnant von Winterstein war schneidig und von guter militärischer Erscheinung; Heinz Gordon als Reserveleutnant und weltvergessener Gelehrter war sehr annehmbar; Artur Winckler war als Oberst, der General werden soll, ein wenig zu hastig. Helene Brahms aber war ganz Kommandeuse, streng, unnahbar und selbstherrlich. Anna Jordan, als vergilbte Tante, hütete sich vor naheliegenden Übertreibungen – den Vogel aber schoß Alice Lenz als Kadett Kurt von Winterstein ab, sie bot in der Mischung von Jungenhaftigkeit und mißverstandener Kavalierseleganz eine Leistung, die ihr so leicht nicht nachgespielt wird. Die übrigen Mitwirkenden taten ihr Bestes.
„Neue Preußische (Kreuz-) Zeitung” vom 3. Mai 1905:
Belle-Alliance-Theater. Am Montag wurde das Lustspiel „Liebesmanöver” von Kurt Kraatz und dem Freiherrn v.Schlicht zum ersten Male aufgeführt und fand lebhaften Beifall. Freilich ist die Bezeichnung „Lustspiel” irreführend; es handelt sich im besten Falle um einen sog. Schwank, der im ganzen ziemlich mühsam zusammengestoppelt ist, und einige der üblichen Verwechselungen, die hier daraus entstehen, daß man sich, wie Wilh. Busch sagt, „durcheinanderliebt”, müssen den eigentlichen Stoff hergeben. Die Tochter eines Obersten liebt einen jungen, sehr zerstreuten Gelehrten, soll aber einen anderen heiraten. Ihre Freundin Leontine liebt wiederum einen Leutnant, der im Verdachte steht, es mit einer anderen zu halten, und es dauert lange, bis alle sich schließlich „kriegen”. Einige komische Figuren, der Gelehrte, ein Kadett u.a. sorgten dafür, daß die Besucher, die nun einmal lachen wollten, auf ihre Kosten kamen. Die Darstellung war flott. Die beiden Heldinnen des Stücks wurden von den Damen Stephanie Stauffen (a.G.) und Franziska Schiff mit Erfolg gegeben. Frl. Alice Lenz als Kadett war sehr belustigend, und die Herren Sondermann, Gordon, Winkler und Herting im Vereine mit den Vertreterinnen der älteren Damen, Helene Brahms und Anna Jordan, sorgten dafür, daß die vergnügte Stimmung der Zuschauer nicht abflaute.
„Kleines Journal” vom 2. Mai 1905:
Belle-Alliance-Theater.
Die neue Doppelfirma Curt Kraatz und Friherr v. Schlicht hat am gestrigen Abend das Berliner Publikum mit einem Lustspiel „Liebesmanöver” überrascht, welches sich zu einem Zugstück für das Bellealliance-Theater gestalten dürfte. Ein Oberst in einer kleinen Garnison, dessen Gattin sich in ewiger Sorge vor dem „blauen Brief” befindet und der dann bei der Besichtigung durch „Exzellenz”, trotzdem sein zukünftiger Schwiegersohn ihm zwei Kompagnien über den Haufen geworfen hat, gut abschneidet, und die Beförderung zum General in der Tasche hat. Ein braver Major, der seinerzeit gegangen „worden” ist. Zwei anfangs unglücklich liebende Brautpaare, eine alte Tante mit einem Vogel und last not least ein schneidiger Kadett sind zu einem militärischen Bild zusammengestellt, welches nichts Unnatürliches bietet, sondern uns das Offizierleben so schildert, wie es sich zuträgt. Der Erfolg war glänzend, Beifall wurde wiederholt bei offener Szene gespendet und wollte am Schluß nicht enden. Direktor Kreu und Curt Kraatz mußten wiederholt erscheinen. Die Mitwirkenden spielten wacker. Helene Brahms gab die gestrenge Kommandeuse mit viel Takt ohne Uebertreibung. Stephanie Stauffen in entzückenden Toiletten und Franziska Schiff verstanden es, die mehrfachen schwierigen Verlobungsverwechslungen in eleganter Weise durchzuführen. Alice Lenz, der französisch sprechende forsche Kadett, war keine Karikatur und bot eine hübsche Leistung. Emil Sondermann als pensionierter Major war ein Kabinettstück. Arthur Winkler, Otto Herting und Heinz Gordon hatten sich völlig in ihre Rollen hineingelebt und trugen dazu bei, mit den anderen Mitwirkenden dem Stück zu dem Erfolg zu verhelfen.
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© Karlheinz Everts