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„Das Liebesmanöver”Lustspiel in 3 AktenvonCurt Kraatz und Freiherr von Schlicht
Aufführungen im Stadttheater zu Aachen am 27., 31.Okt., 6., 8.(nachm.), 26.Nov., 14.Dez.1903, 11.Jan.1904 |
Besetzungsliste: | |
von Velsen, Oberst eines Infanterie-Regimentes
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Ernst Ludwig Schön |
Am 29. Oktober 1903 findet man in der „Aachener Allgemeinen Zeitung”, Nr. 253, Vorabend-Ausgabe, die Meldung:
Stadttheater. Liebesmanöver lautet der Titel eines neuen Lustspiels, das aus der Doppelfirma Kraatz und von Schlicht hervorgegangen und das bei seiner gestrigen Aufführung im hiesigen Stadttheater mit lebhaftem Beifall aufgenommen wurde. Freiherr von Schlicht ist als humorvoller Schilderer des deutschen Soldatenlebens bestens bekannt aus zahlreichen Novellen, Skizzen und Lustspielen. Was seine Schilderungen, die den eingeweihten Kenner verraten, besonders ziert, ist die warme Liebe zum Soldatenleben, die Freude am Heer und seiner Tüchtigkeit leuchtet aus Allem, was er schreibt, auch wenn er in gutmütigem Spott Schwächen und Untugenden aufdeckt. Nicht sonderlich reich in der Erfindung sind seine Erzählungen und Lustspiele. Manöver, Besichtigungen, polternde Generale und Obersten, lustige und verliebte Leutnants, die ehrgeizige Kommandeuse, für die Leutnants schwärmende junge Damen, hie und da ein unglücklicher Zivilist, der als Reserveleutnant oder sonstwie sich unters Militär verirrt – das sind die Ingredienzien, aus denen er bald in dieser, bald in jener Mischung seine Geschichten braut. Aber sie wirken immer amüsant, erheiternd und anregend, weil sie viel klare Menschenbeobachtung, viel Humor und viele Herzenswärme enthalten. So auch „Liebesmanöver”, dem man wohl ein günstiges Prognostikon stellen darf. Das Lustspiel ist entschieden geschickt gearbeitet, Kraatz hat als gewandter Lustspieltechniker das Spiel mit einer reichen Fülle von Situationskomik und sonstigen schönen Sachen ausgestattet und Schlicht dafür gesorgt, daß es ein lustiges Spiel wurde, Herr Thomas hat es dann weiter übernommen, daß das Lustspiel auch lustig gespielt wurde. Herr Stoltzing war als Reserveleutnant – sonst ist er noch Privatdozent für Assyriologie – „unendlich komisch”, aber weniger wäre doch mehr gewesen, seine Manier ist zu derb und seine Menschen wirken daher unwahrscheinlich. Mit etwas Mäßigung würde er bessere Wirkungen erzielen. Mit frischester Lauen spielte Fräulein Paul den Kadetten, dem die Autoren besondere Sorgfalt gewidmet haben, das war wirklich eine gar lustige und flott entworfene Parodie auf diese jüngsten Marssöhne in ihrer drollige Zwitterstellung zwischen dem nichtsnutzigen Schulbengel und dem erwachenden Herrenbewußtsein, das Se. Majestät Leutnant einst zieren soll. Den wackeren Major a.D. von Velsen stellte Herr Reitz in seiner Biederkeit und seiner köstlichen Gabe eines von den Widrigkeiten des Lebens nicht zerstörten Humors mit liebevoller Treue dar. Fräulein Waßmann war als „Tante Käkilie” köstlich, Herr Großmann gab den Oberleutnant von Winterstein mit ritterlichem Ernst, doch hätte die kraftvolle Männlichkeit der sympathischen Gestalt wohl etwas schärfer charakterisiert werden können. Fräulein Stahl und Fräulein König wußten die ernste und die heitere Liebe recht ansprechend zu verkörpern. Fräulein Pawlow spielte die ehrgeizige Kommandeuse sehr gut, Herr Schön wirkte in der gut charakterisierten Rolle des Obersten vortrefflich.
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© Karlheinz Everts