Aufführung am Thalia-Theater zu Hamburg |
15., 17., 20., 23., 36.Sept., 2., 5.Okt. 1908 |
Besetzungsliste: | |
General a.D. Lange.
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Julius Kobler |
„Hamburger Echo” vom 17. Sept. 1908:
Das Thalia-Theater ließ sein Ensemble 14 Tage spazieren gehen, um ja die Zugkraft des „Walzertraums” noch gehörig auszunutzen. Man hätte nun glauben sollen, daß es diese Zeit benutzt hätte, um nach dieser Pause mit einer ordentlichen Leistung der Öffentlichkeit unter die Augen zu treten. Aber die Hochmögenden, die das Schicksal der alten Thalia-Bühne in der Tasche haben, konnten sich dazu nicht aufschwingen. Die Eröffnungsvorstellung am Dienstag brachte ein Lustspielchen für Backfische und ehrsame Zunftmeistersgattinnen. Der Freiherr von Schlicht geht in dem Stücklein, das man „Der Kaisertoast” genannt hat, dem Militarismus zu Leibe. In seiner sattsam bekannten ironischen Art, die nicht tief geht und nicht wehe tut, und am letzten Ende nichts ist, als eine begeisterte und alle unter Seide- und Mullblusen schlagenden Höheretöchter-Herzen begeisternde Glorifizierung des „bunten Rocks”. Und der Berliner Feuilletonist Walter Turszinsky hilft ihm dabei. Auch der in seiner Art.
Charakterisieren ist ein Begriff, den beide nicht kennen. Sie gruppieren Personen und Persönchen, ulken ein wenig hin und ein wenig her, lassen schwätzen und schmatzen. Freiherr von Schlicht geußt extra noch eine Schale seiner limonadensüßen Ironie darüber und das erwünschte Stücklein ist fertig, das beim großen Philisterium sich den für einen reichen Tantièmesegen nötigen Bombenerfolg sicher zu holen vermag.
Es wird in dem Stück um den Kaisertoast gekämpft. Man sieht: welche Tiefe der Gedanken. Diesmal geht der Kampf nicht zwischen Bürgermeister und Landrat oder zwischen Zivil und Militär, sondern zwischen den unterschiedlichen Militärs a.D. Seit vielen Jahren hat in dem Nest, wo der Stammtisch des Honoratiorenhotels in der Hauptsache von Militärs a.D. bevölkert wird, bei der Kaisergeburtstagsfeier der Oberst a.D. Freiherr Otto von Löwen den Kaisertoast gehalten. Das hat ihm am Stammtisch eine Autorität gegeben, die von den Stammtischkollegen um so schmerzlicher empfunden wird, als sie zu argem Terrorismus von ihm mißbraucht wird. Man beneidet ihn, ja man haßt ihn, und man gönnt ihm aus tiefster Seele eine schwere Demütigung. Und die naht dann auch gar bald in der Gestalt des Generals a.D. Lange, der im selben Städtchen seine Pension verzehren will. Nun ist der der Rangälteste am Stammtisch. Und ihm kommt der Kaisertoast zu. Wie der General ihn aber doch nicht hält und trotz allerhand raffinierter Tricks auch der Oberst nicht, sondern ein junger Leutnant, das ist die Pointe des Stücks, auf die Freiherr von Schlicht ja alle seine Scherze hinauszudeichseln weiß.
Unter Flashars Regie wurde das harmlose Späßchen mit der Bré und Bozenhard, die zwei glänzende Leistungen boten, und Franck (Oberst), der Franck-Witt, einem neuen Herrn Schiefer, Kobler, Frl. Lobe und vielen anderen Herrschaften so ausgezeichnet dargestellt, daß das Publikum vor Vergnügen raste und die Autoren sich, nachdem sie sich vor der Rampe verschiedentlich verneigt hatten, hinter den Kulissen vergnügt die Hände reiben konnten.
„Hamburger Fremdenblatt” vom 12. Sept. 1908:
„Offizielle Hamburg-Altonaer Fremden-Liste”:
Hotel „Hamburger Hof”
Graf und Gräfin Baudissin, Berlin
Frhr. v. Schlicht, Berlin
Kleine Chronik. Freiherr von Schlicht (Wolf Graf von Baudissin), der sich erst vor einigen Tagen mit Frau Elisabeth, verwitwete Hammer, aus Berlin verheiratete, ist in Hamburg eingetroffen, um den letzten Proben und der Premiere seines neuen Lustspiels „Der Kaisertoast” beizuwohnen. Auch Walter Turszinsky, der zweite Autor des Stückes, wird der Premiere beiwohnen.
„Hamburger Fremdenblatt” vom 15. Sept. 1908:
Im Thalia-Theater setzen die Schau- und Lustspielvorstellungen des heimischen Personals Dienstag mit der Uraufführung einer interessanten Novität, „Der Kaisertoast” ein, der die Autoren Freiherr von Schlicht und Walter Turszinsky beiwohnen werden. Desgleichen werden mehrer namhafte auswärtige Bühnenleiter erwartet.
„Hamburger Fremdenblatt” vom 17. Sept. 1908:
„Offizielle Hamburg-Altonaer Fremden-Liste”:
Hotel „Hamburger Hof”
Graf v. Baudissin, Berlin
Gräfin v. Baudissin, do.
Frhr. v. Schlicht, Schriftst., Berlin
„Hamburger Fremdenblatt” vom 17. Sept. 1908:
Thalia-Theater. Der Kaisertoast.
. . . . . „und dann die Herren Leutnants, die Leutnants, die Leutnants!” Es gab eine Zeit — der selige Moser hat sie auf der Bühne heraufbeschworen — in der auf der schönen, weiten Welt nichts Herrlicheres, Süßeres und Himmlischeres existierte als ein Leutnant. Dieser Glaube hat sich ja immerhin auch heute noch manchem hupfenden Mädchenherzen bewahrt, aber im ganzen ist er doch etwas wacklig geworden, seitdem Franz Adam Beyerlein und seine weniger rühmlichen Nachbeter und -Treter einige gar zu gleißnerische Steine aus dieser Leutnantskrone von „Veichenfressers” Gnaden herausgebrochen haben. Mit dem „Husarenfieber” lebten die Tage Mosers wieder auf. Die Beleuchtung ist zwar etwas anders als früher, aber im Grunde haben wir wieder das wasserfarbene Bild von damals. Will sagen: die Herren Freiherr von Schlicht und Walter Turszinsky, die ich den Theatergängern und besonders den Lesern und Leserinnen dieses Blattes erst recht nicht vorzustellen brauche, haben zusammen einen Schwank „Der Kaisertoast” geschrieben, in dem der depossedierte Leutnant, oder richtiger das depossedierte Militär wieder auf seinen blumengeschmückten Thron gesetzt wird. Diese Rehabilitierung, ob der bestimmt eitel Freude im deutschen Mädchenwald herrschen wird, bedang schon das Genre des heiteren Spiels, das für diese neue Militärstück gewählt war, wobei der Rahmen etwas erweitert und das Militär a.D., die Herren im Zylinderhut und weißer Weste einbezogen wurden. Zweifellos eine gute und brauchbare Idee, denn in diesen Kreisen, wo sich Militär und Zivil begreiflicherweise anfangs noch wie Wasser und Feuer mengen, liegen für den Bühnendichter noch ungehobene Schätze, die sich aus der eigenartigen Mischung dieser Gesellschaftsklasse von selbst ergeben. Dieses Neuland haben die Herren von Schlicht und Turszinsky mit viel Laune und Liebenswürdigkeit beackert. Sie führen uns in irgendein Pensionopolis für ausgediente Kriegshelden, in ein kleines Krähwinkel, an den Stammtisch des „Hotels zum Landesherrn”, allwo der Herr Oberst als Rangältester seit Jahren ein strenges Regiment über seiner Tafelrunde von Hauptleuten, Majors und kiebitzenden Bierphilistern führt. Selbstverständlich gehört es auch zu seinen heiligsten Rechten, am Kaisersgeburtstag den Kaisertoast vor versammeltem Kriegsvolk und den Bürgern dieser guten Stadt auszubringen. Der hohe Festtag naht wieder einmal und mit ihm der Kaisertoast des Oberst. Schon acht Tage vorher ist die Rede fix und fertig. Geprobt und auf ihre akustische Wirkung geprüft wird sie im Wald und auf der Heide, mit dem Wind und gegen den Wind, um die Kraft der Lungen zu stärken. Selbst der Wirt im Stammlokal von Pensionopolis, dem der Oberst sie „zur Probe” vordeklamiert, findet die Rede glänzend. Da schneit mit Hilfe des bekannten blauen Briefes kurz vor Kaisers Geburtstag ein General a.D. ins Städtchen. Er wahrt natürlich zuvörderst seine heiligsten Güter und besteht als Rangältester darauf, den Kaisertoast zu halten. Der Oberst setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um die gefährdete Rede für sich zu retten, er verspricht sogar seinem Neffen, dem Leutnant und Bezirksadjutanten Hans Stern 3000 bare Reichsmark, wenn er den General, mit dem Stern von früher her befreundet ist, dazu bewegt, von dem Kaisertoast zurückzutreten. Doch der General hat auch einen dicken Kopf. Erst als Stern ihm beichtet, daß drei braune Lappen auf dem Spiele stehen, gibt der General nach und überläßt dem Oberst die Rede. Kaisers Geburtstag! Alles ist zum Fest versammelt, nur der Festredner fehlt. Endlich erscheint er. Aber kein Laut dringt über seine Lippen. Er ist — stockheiser, eine Folge seiner lungenkräftigenden Redeübungen im Freien. Der General soll als Ersatzmann eintreten, aber er kann auch nicht sprechen, weil Leutnant Stern ihm das Manuskript der Rede, die der General halten wollte, zerrissen hat. Und so muß zuguterletzt Stern selbst in die Bresche springen und den hartumkämpften Kaisertoast halten, wobei ihn die heißen Wünsche seiner Braut, zu der er gekommen, wie mancher zum großen Los, helfend begleiten. Auch ein anderes Pärchen, eine Duodezausgabe der bezähmten Widerspenstigen und ein Schutztruppenoffizier, wie endlich der freundliche Gastgeber vom „Hotel zum Landesherrn” und seine Marianka sind bei diesem Kampf der Wagen und Gesänge unter die Haube geraten, so daß sich der Vorhang verschämt vor drei glücklichen Pärchen senken kann.
Dies der Inhalt der lustigen, an drastischen Situationen reichen Novität, die uns das Thalia-Theater gestern als eigentlicher Saisonbeginn, nach dem musikalischen Auftakt des „Walzertraum”, bescherte. Unterstützt von einer besonders in den Hauptrollen ausgezeichneten Darstellung gab es für die Verfasser einen starken Erfolg, für den sie sich persönlich bedanken konnten. Im Mittelpunkt der Handlung und des Interesses stand weder der General, noch der Oberst, sondern Hans Stern, Leutnant und Bazirksadjutant, mit dem Herr Bozenhard seiner ohnehin schon reich besetzten Leutnantsgalerie wieder eine sprechende und originelle Type: den — entschuldigen Sie den harten Ausdruck — „verfressenen” Leutnant einverleibte. Mit ihrer köstlichen Natürlichkeit spielte sich Frl. Bré nicht nur in das Herz dieses bequemen Epikuräers, sondern in die Herzen aller Zuschauer hinein, für die aus den hübsch erdachten Szenen der beiden Künstler die ungetrübteste Freude des Abends erwuchs. Das andere Pärchen wurde von Frau Franck-Witt glänzend, von ihrem Partner, Herr Schiefer vom Straßburger Stadttheater, etwas steif und frostig, trotz der „gehobenen” Stimme, dargestellt. Herr Hallenstein machte durch seine, der Natur abgelauschten Komik aus der Episodenrolle des Wirts Brösecke eine Vollfigur, während Frl. Lobe ihrer Marianka recht viel schuldig blieb. Besonders dem Dialekt, den ein Witzbold in meiner Nähe ganz kühn für Esperanto erklärte. Das Militär a.D. war durch die Herren, Kobler, Franck, Flashar (dem tüchtigen Regieleiter) und Homann würdig, durch die Herren Grill und Fehring unwürdig vertreten, woran auch die Tatsache nichts ändert, daß es sich hier um Nebenrollen handelt. In solchen, aber mit Auszeichnung, beteiligten sich noch die Herren Werner, Fischbach und die Damen Horvath und Schneider. J. N.
„Bühne und Welt” 11. Jahrgg. 1908/09 Seite 86:
Im Thaliatheater fand das dreiaktige Lustspiel „Der Kaisertoast” von Baron Schlicht und Walter Turszinsky vielen Anklang. Die Uraufführung dieses harmlos-heiteren Scherzspiels hat kurz vorher in Norderney stattgefunden.
„Neue Hamburger Zeitung” vom 11.8.1908:
Freiherr v. Schlicht (Graf Baudissin), der humorvolle Militärgeschichtenerzähler, weilt gegenwärtig in Hamburg, Er ist im Hotel „Hamburger Hof” abgestiegen. Im Thalia-Theater gelangt in der neuen Saison ein von Freiherrn v. Schlicht geschriebenes Stück „Kaisertoast” zur Aufführung.
„Neue Hamburger Zeitung” vom 11.9.1908:
Freiherr v. Schlicht (Wolf Graf von Baudissin), der sich erst vor einigen Tagen mit Frau Elisabeth, verwitwete Hammer aus Berlin, verheiratete, ist in Hamburg eingetroffen, um den letzten Proben und der Première seines neuen Lustspiels „Der Kaisertoast” im Thalia-Theater beizuwohnen. Auch Walter Turszinsky, der zweite Autor des Stückes, wird der Premiè beiwohnen.
„Neue Hamburger Zeitung” vom 16.9.1908:
Thalia-Theater.
Der Kaisertoast, Lustspiel in drei Akten von Freiherrn
von Schlicht und Walter Turszinsky.
In Dingsda, der angenehmen Kreisstadt, so groß, daß die Gänse Not zu leiden anfangen, wenn sie allein von dem grünen Gras auf dem ansehnlichen Marktplatz leben wollen, und so klein, daß die männliche, loyale, gesellschaftliche Elite gerade ausreicht, den großen Mahagonitisch im Hotel zum Landesherrn allabendlich würdevoll zu umkränzen — in diesem Dingsda kann man natürlich nicht Kaiser werden. Aber man kann einen Kaisertoast zu Kaisers Geburtstag halten. Und dieser Kaisertoast ist so gut wie das Szepter in der Hand des Imperators. Er bedeutet, daß man der primus omnium, der Geehrteste unter den Geehrten, der Mächtigste unter den Machthabern der Stadt ist. Deswegen richtet sich der Wille zur Macht in diesem Dingsda auf den Kaisertoast.
Augenblicklich ist ein Herr Oberst a. D. Inhaber des Kaisertoasts und damit der höchsten gesellschaftlichen Macht im Städtchenstaate. Und sein summum imperium benutzt er zur Ausübung einer unumschränkten Herrschaft über den Stammtisch, dem er präsidiert. Der Oberstleutnant a D., der Major a. D., der Rittmeister a. D. und der Hauptmann a. D. müssen Order parieren, oder sie verfallen dem gesellschaftlichen Boykott. Schwer lastet die Faust des Kaisertoastinhabers auf den Herren minderen Ranges. Daß die Zivilgewlt, vertreten durch den Bürgermeister, neben den militärischen Machthabern, selbst wenn diese a. D. sind, kaum mitzählt, versteht sich in preußischen Landen von selbst.
Also das Stadtoberhaupt im ordinären Frack kommt bei der Ausübung des Kaiserhochs, oder zeitgemäßer Hurras gar nicht in Betracht. Aber hinter der Macht reitet der gelbe Neid und die schwarzgallige Mißgunst. Die Unterjochten locken wider den Stachel ihres Obersten und wünschen ihm, da sie das Joch nicht aus eigener Kraft abschütteln können, einen noch Mächtigeren auf den Hals. Und siehe da: der Mächtigere naht in Gestalt eines verabschiedeten Generals. Dem General a. D. muß der Oberst a. D. weichen. Des Lebens reinste Freude, die Schadenfreude, verschönt den Stammtischleuten das Dasein. Zwischen dem Obersten a. D. und dem General a. D. aber beginnt der Kampf.
Nicht freiwillig will der langjährige Kaisertoastinhaber dem mächtigeren Ankömmling das Symbolum seiner Stellung abtreten. Da er weiß, er wird es nicht mit Gewalt behaupten können, so gerät er in Verzweiflung und andere Schande und Laster. Er verspricht seinem Neffen einen Schulderlaß von 5 Mille und ein Geschenk von 3 Mille, wenn es ihm gelinge, den General vom Halten des Kaisertoasts abzubringen. Worauf dieser Neffe, ein Leutnant und Bezirksadjutant, zunächst versucht, die beiden Kaisertoastaspiranten zu einem opulenten Souper mit Sekt und Gänseleberpastete zusammenzubringen, damit dabei eine Verzichtleistung des Generals zu erzielen wäre. Damit fällt der Neffe aber schmählich herein: die Herren geraten sich schon vorher in seiner Wohnung in die Haare. Dagegen wird der Leutnant, der einzige des Städtchens, bei dieser Gelegenheit von einer jungen Dame aus Berlin W. erobert.
Den beiden Jungen kommt das Menu zugute, das die Alten nicht mochten, und die jungen Lippen finden sich im Kuß, der sich später natürlich als ein veritabler Verlobungskuß darstellt. Außerdem gelingt es dem Leutnant später auch noch, den General zur Verzichtleistung auf den Kaisertoast zu bringen. Er erzählt ihm offen, daß er damit 3 Mille bar verdient. Und 3 Mille kann ein junger Leutnant brauchen, das sieht auch der alte General ein. Der Neffe triumphiert, aber zu früh. Denn der Onkel Oberst hat der kalten Wintergegend draußen vor dem Städtchen seinen grandiosen Kaisertoast so oft vordeklamiert, um seiner Sache sicher zu sein, daß er stockheiser geworden ist und an Kaisers Geburtstag kein Wort über die Lippen bringen kann.
Nun sitzt die Keinstadt in der Patsche. Das Kaisertoastkonzept des Generals ist zerrissen, und ohne einen Blick ab und zu auf das Konzept kann der General nicht reden. Der Oberst ist stockheiser, der Bürgermeister ist unberedt wie ein Stockfisch, nun muß der Leutnant daran. Zum letzten Male wird er reden dürfen, denn darauf beginnt bei ihm die Herrschaft der Frau. Dann redet nur noch diese.
Also etwa ein Feuilleton des Freiherrn von Schlicht in einer dreiaktigen Konversation auf die Bühne gebracht. Das Ganze ist nicht ohne Schliff und allerlei wirksame Pointen, auch nicht ohne einzelne hübsche Szenen, darin niedliche Knalleffekte den minder anspruchsvollen Zuschauer überraschen. Ein bißchen Satire, ein bißchen Verliebtheit, ein bißchen Charakterkomik geben dem sonst ziemlich fadenscheinigen Gewebe ein leidliches Aussehen.
Glanz und Frische trug eigentlich erst die Aufführung in diese Novität, die, außer im Kurtheater zu Norderney, bisher noch nirgends das Rampenlicht erblickt hatte. Herr Bozenhard gibt dem dicken pomadigen Leutnant außerordentlich lebensvolle Formen. Der schneidige, humorvolle Offizier kämpfte sich mühsam, aber doch siegreich durch die Fettansätze des heiratsunlustigen Gourmets, der von einer typischen höheren Tochter aus Berlin W. zur Ehe bekehrt wird. Diese junge Dame findet sich aus den Anfängen einer großstädtischen demi-vierge-Verbildung rasch wieder zu natürlicher Originalität zurück, und in dieser Figur sieht man sogar etwas wie die Spuren der Absicht, feiner zu charakterisieren. Diesen Spuren folgte Frl. Centa Bré mit dem Instinkte der feinfühligen Künstlerin und sie setzte auf eigene Hand die eingeschlagene Richtung noch um ein erkleckliches Stück fort. Da sie das mit der zierlichsten Grazie tat, so ist ihr das Publikum zu besonderem Dank verpflichtet. Dasselbe gilt von Frau Franck-Witt, die mit ihrer pikanten Eleganz die ziemlich dürre Figur einer reichen jungen Landratswitwe umkleidete, so daß die innere Dürftigkeit dieser Gestalt einigermaßen versteckt wurde. Daß auch diese Witwe von einem Offizier erobert wird, und zwar im Sturm, versteht sich in diesem halben Militärstück. Dieser Offizier der Schutztruppe lag bei Herrn Max Schiefer, einem neuen Import aus Straßburg, in ganz geschickten Händen. Den autokratischen Oberst, den langjährigen Inhaber des Kaisertoastes, spielte Herr Franck mit kräftigem Autoritätsdünkel und lebhafter, martialischer Kratzbürstigkeit, so daß der Despot am Honoratiorentisch auf das Wirksamste zur Geltung kam. Mit feiner abgeschliffenen Eigenschaften trat die trefflich gelungene Generalsfigur des Herrn Kobler auf die Bühne. In gut umrissenen kleine Rollen traten die Damen Lobe, Horvath und Schneider (der vorlaute Piccolo) und die Herren Flashar, Homann, Fischbach und Werner mit auf den Plan, um dem Stück zu einem freundlichen Heiterkeitserfolge zu verhelfen, der auch die Autoren nach dem zweiten Akte und am Schluß auf die Bühne führte. Die Regie (Herr Flashar) hatte mit Geist und Fleiß die einzelnen Elemente zum angenehmen Ganzen organisiert und abgerundet.
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© Karlheinz Everts